Der müde Bulle
Lokal oder in der Küche aushalfen.
»Schön, daß du heute abend kommen konntest, Bumper«, begrüßte mich Ahmed mit seinem leichten New Yorker Akzent. Wenn er sich mit den Gästen unterhielt, sprach er mit orientalischem Akzent, dem Umsatz zuliebe.
»Ich glaube, ich werde mir ein paar Appetitanreger genehmigen, Ahmed. Ich habe heute abend einen Mordshunger.«
»So ist es recht, Bumper, so gehört es sich.« Um Ahmeds dunkle Augen bildeten sich Lachfältchen. »Es ist immer ein Genuß, dir beim Essen zuzuschauen.« Er klatschte in die Hände, worauf eine hübsche rothaarige Kellnerin im Haremsdamenkostüm an meinen Tisch kam.
Abds Harem unterschied sich kaum von den üblichen orientalischen Restaurants, aber es war größer. An den Wänden hingen Sarazenenschilde, Krummsäbel und imitierte persische Stickereien, und die Nischen und Tische waren aus schwerem, dunklem Holz mit gehämmerten Bronzeverzierungen. Aus verborgenen Lautsprechern schwebte sanft einschläfernde arabische Musik durch den Raum.
»Bringen Sie Bumper etwas Lammzunge, Barbara. Was hättest du denn sonst noch gern, Bumper?«
»Ein bißchen Humos tahini, Ahmed.«
»Richtig, und etwas Humos auch, Barbara.«
Mit einem Lächeln fragte mich Barbara: »Möchten Sie etwas trinken, Bumper?«
»Ja, einen Arak vielleicht.«
»Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, Bumper«, verabschiedete sich Ahmed, »ich muß mich für die nächste Stunde um die Gäste im Konferenzraum kümmern. Aber wenn ich dort fertig bin, komme ich auf jeden Fall noch auf einen Drink vorbei.«
»Klar, kümmere dich um deine Gäste. Anscheinend wird es heute abend hoch hergehen.«
»Das kann man wohl sagen, Bumper. Das Geschäft läuft wirklich großartig. Wart erst mal, bis du unsere neue Bauchtänzerin siehst.«
Ich zwinkerte Ahmed verschwörerisch zu, während er davoneilte, um sich den Gästen im Konferenzraum zu widmen. Ich konnte von meinem Tisch aus hören, wie sie lachten und sich zuprosteten. Obwohl es noch relativ früh am Abend war, schienen sie bereits ziemlich angeheitert zu sein.
Die Appetithäppchen waren schon vorbereitet, so daß die Kellnerin bald wieder an meinem Tisch erschien, mit kleinen Scheiben Lammzunge, gekocht und mit Salz und Knoblauch gewürzt, und mit einer ordentlichen Portion Humos. Für mich gibt es nichts Köstlicheres zum Stippen als Humos, und sie hatte mir eine wesentlich größere Portion gebracht, als es üblich war. Dazu gab es einen Riesenstapel flaches, rundes syrisches Brot, das noch warm und mit einer Serviette zugedeckt war. Ich tunkte das Brot in den Humos und hätte fast laut aufgestöhnt, so gut schmeckte es mir. Obwohl sie gemahlen und mit dem cremigen Garbanzo -Bohnenbrei vermischt waren, konnte ich die Sesamkörner herausschmecken. Ich goß Olivenöl darüber und stippte Unmengen davon mit dem Brot auf. Ich schmeckte auch die Nelken und den Knoblauch und hätte über dem fantastischen Humos fast die Lammzunge vergessen.
»Hier ist Ihr Arak, Bumper.« Die Kellnerin brachte mir noch einmal eine, diesmal etwas kleinere Portion Humos. »Yasser läßt Ihnen ausrichten, Sie sollen sich nicht schon mit der Zunge und dem Humos den ganzen Appetit verderben.«
»Keine Sorge«, beruhigte ich sie und schluckte einen ordentlichen Happen Brot und Zunge hinunter. Dann kippte ich etwas Arak nach, so daß ich besser sprechen konnte. »Sagen Sie Baba, ich wäre so hungrig wie ein ganzer Beduinenstamm und würde ihm seine ganze Küche leerfressen, wenn er nicht aufpaßt.«
»Und sind Sie heute auch wieder so geil wie eine ganze Herde Ziegen?«
»Ja, richten Sie ihm das auch aus«, erwiderte ich kichernd. Das war eine stehende Redensart zwischen Yasser, Ahmed und mir, was die Mädchen im Lauf der Zeit natürlich auch mitbekommen hatten.
Nun, da der schlimmste Hunger vorüber war, verspürte ich plötzlich wieder Schmerzen in meinem Bein und in der Schulter. Ich goß etwas Wasser auf den klaren Arak, so daß er milchig weiß wurde. Nachdem ich mich umgesehen und vergewissert hatte, daß niemand mich beobachtete, öffnete ich meinen Gürtel und lächelte zufrieden vor mich hin. Es roch einfach wunderbar nach Essen im ganzen Lokal. Dann riß ich mich zusammen, um mich nicht wie der letzte Barbar zu benehmen, und nippte nur ganz vorsichtig an meinem Arak. Barbara erwies sich als eine höchst aufmerksame Bedienung, indem sie mir dreimal prompt nachschenkte. Dann verflogen die Schmerzen allmählich.
Ich sah Ahmed zwischen Küche, Bar und
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