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Der müde Bulle

Der müde Bulle

Titel: Der müde Bulle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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während er uniformierte Polizisten praktisch ignorierte.
    Als ich eines Tages an ihm vorbeigefahren war, hatte ich gebremst, war aus meinem Schwarzweißen gesprungen und hatte Zoot an seinem dürren Hühnerhals gepackt, bevor er es bis zum nächsten Briefkasten schaffte. Ich erwischte ihn mit seinen Wettaufzeichnungen, worauf er wegen unerlaubter, betrügerischer Wettgeschäfte vor Gericht gestellt wurde. Die Anklage kam dann vor Gericht auch durch, da ich dem Richter klarmachen konnte, daß ich von einem geheimen, zuverlässigen Informanten alles über Zoots Geschäfte wußte, was auch der Wahrheit entsprach. Ich erklärte, ich hätte mich hinter einem Busch in der Nähe der Telefonzelle versteckt und so mit anhören können, wie er über das Telefon die Wetten entgegennahm, was natürlich eine Lüge war. Aber ich schaffte es, den Richter zu überzeugen, und das ist ja schließlich das einzige, was zählt. Zoot mußte über zweihundertfünfzig Dollar Strafe zahlen und erhielt ein Jahr Bewährung, worauf er noch am selben Tag zur Figueroa hinüberwechselte, die nicht mehr in meinem Revier lag und wo es auch keine Telefonzellen mit Büschen dahinter gab.
    Als ich nun an Zoot vorbeifuhr, stand er gerade neben einem Briefkasten und winkte mir grinsend zu. Ich überlegte, ob uns nicht vielleicht ein paar Spezialagenten der Post unter die Arme greifen könnten, diesem Burschen das Handwerk zu legen. Aber das hätte sicherlich eines Aufwands bedurft, den dieser Kerl einfach nicht wert war. Die Nase in anderer Leute Post zu stecken, ist mit nicht unerheblichen Schwierigkeiten verbunden. Als nun mein Blick zum letztenmal auf dieses Ohrfeigengesicht fiel, wurde meine Stimmung nur noch düsterer. Und ich mußte unwillkürlich daran denken, daß sich mit Sicherheit kein uniformierter Polizist mehr die Mühe machen würde, ihm ein bißchen auf die Finger zu schauen, wenn ich nicht mehr hier war.
    Dann fing ich an, über die Buchmacherei im allgemeinen nachzudenken, was mich nur noch mehr in Wut brachte, weil das genau die Art von Verbrechen war, gegen die ich absolut nichts unternehmen konnte. Ich bekam zwar mit, wie auf diese Weise Riesengewinne gemacht wurden, und ich kannte sogar einige Leute, die in solche Geschäfte verwickelt waren. Trotzdem waren mir die Hände gebunden, weil diese Leute bestens organisiert waren und sämtliche Trümpfe in der Hand hielten. Sie machten so viel Geld, daß sie richtige halb legitime Wettunternehmen gründen konnten und damit den legalen Büros das Leben schwer machten, da sie aufgrund ihrer enormen finanziellen Rücklagen wesentlich konkurrenzfähiger waren. Außerdem waren sie rücksichtsloser und skrupelloser und verfügten auch über andere Mittel und Wege, etwaige Konkurrenten auszuschalten. Ich hätte gern einmal einen von diesen Kerlen geschnappt – jemanden wie Red Scalotta zum Beispiel, einen dicken Hecht von Buchmacher, dessen Vermögen sich, wie es hieß, nicht einmal schätzen ließ.
    An all das mußte ich im Augenblick denken, und mir wurde auch bewußt, wie wütend ich immer werde, wenn ich in einem Film so einen sympathischen Damon-Runyon-Typ von Buchmacher sehe. In diesem Zusammenhang fiel mir Angie Caputo ein, und es bereitete mir ein diebisches Vergnügen, mich zu erinnern, wie er von einem anderen geschlagenen alten Mann, Sam Giraldi, fertiggemacht worden war. Nachdem Sam ihm so übel mitgespielt hatte, war Angie nie mehr dazu gekommen, sein wahres Potential als Ganove zu verwirklichen.
    Sam Giraldi war letztes Jahr gestorben, vierzehn Monate, nachdem er nach zwanzig Jahren bei der Polizei aus dem Dienst geschieden war. Er war mit vierundvierzig einem Herzinfarkt erlegen, was ja eine typische Polizistenkrankheit ist. In einem Job wie diesem, wo man oft endlos lange untätig auf seinem fetten Hintern herumsitzt und dann mit einem Schlag wie ein Verrückter loslegen muß, kann man täglich mit einem Herzinfarkt rechnen. Vor allem deshalb, weil die meisten von uns mit zunehmendem Alter auch entsprechend zunehmen.
    Als Sam den guten Angie Caputo aufs Kreuz gelegt hatte, war er siebenunddreißig Jahre alt gewesen, hatte aber wie siebenundvierzig ausgesehen. Er war zwar nicht sonderlich groß, doch er hatte enorme Schultern, ein fleischiges Gesicht und Pranken, die noch riesiger als meine und über und über mit stark hervortretenden Adern überzogen waren. Er spielte hervorragend Handball, und sein Körper war so hart und elastisch wie ein gefederter Knüppel. Er hatte lange

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