Der müde Bulle
immer noch mit dieser seltsamen Stimme. »Und du weißt, daß ich den alten Rovitch wirklich gut gekannt habe.«
»Ist er vielleicht einer von deinen Informanten, Sam?« erkundigte sich Caputo. »Das wäre natürlich schade. Heutzutage ist das mit den Informanten nicht mehr so einfach.«
»So ein armer alter Kerl! Es ist möglich, daß seine Brüche gar nicht mehr heilen.«
»Nun, das mag ja wirklich bedauerlich sein. Aber jetzt sag mir schon, wohin wir fahren. Und was das Ganze überhaupt soll. Ich würde das nämlich ganz gern wissen.«
»Hierher fahren wir, wir sind schon da«, antwortete Sam und lenkte den Wagen auf eine einsame, dunkle Schotterstraße und unter eine Auffahrtsrampe des noch im Bau befindlichen Freeway.
»Was, zum Teufel, soll das?« Zum erstenmal verging Caputo das Lachen.
Sam wandte sich an mich. »Du bleibst jetzt bitte im Wagen, Bumper. Ich möchte mich mit Angie mal unter vier Augen unterhalten.«
»Ich warne dich, Fratello«, zischte Caputo. »Ich bin nicht irgendein mickriger Pimpf, dem du einfach mal so ein bißchen Angst machen kannst. Ich warne dich – sei lieber vorsichtig!«
»Nenn mich nicht Fratello«, flüsterte Sam. »Du bist nicht mal der Bruder eines Hunds. Du vergehst dich an alten Männern. Du schlägst Frauen und nutzt sie nach Strich und Faden aus. Du saugst den Schwachen das Blut aus den Adern.«
»Das wird dich deinen Job kosten, du blöder Polyp«, fauchte Caputo, und im nächsten Augenblick sprang ich auch schon aus dem Wagen, als ich den dumpfen Aufprall von Sams Faust und Caputos überraschten Aufschrei hörte. Sam hielt Caputo am Kopf umklammert, und ich konnte schon das Blut von seinem Gesicht tropfen sehen, während Sam darauf einhämmerte.
Und dann lag Caputo plötzlich auf seinem Rücken und versuchte verzweifelt, die Schläge der gewaltigen Faust abzuwehren, die sich langsam zurückzog, um dann mit um so größerer Schnelligkeit und Wucht wieder vorzustoßen. Caputo leistete inzwischen kaum mehr Widerstand und schrie auch nicht mehr, als Sam seine schwere Sechs-Inch-Smith-&-Wesson zog. Sam kniete sich auf Caputos Arme und rammte ihm den Lauf der Waffe durch die Zähne in den Mund. Caputos Kopf zuckte vom Boden hoch, als er an dem klobigen Lauf der Smith-&-Wesson würgte, mit der Sam in seiner Kehle herumbohrte. Sam flüsterte in leisem Italienisch auf Caputo ein, während er seinen Kopf gegen den harten Boden quetschte. Und dann stand Sam plötzlich wieder auf, während Caputo sich auf den Bauch wälzte und blutig matschiges Gewebe hervorwürgte.
Ohne zu sprechen, fuhren Sam und ich wieder zurück. Sam atmete schwer und öffnete ab und zu das Fenster, um hinauszuspucken. Als er sich schließlich zum Reden entschlossen hatte, sagte er: »Mach dir wegen der ganzen Sache keine Sorgen, Bumper. Angie wird kein Sterbenswörtchen sagen. Er hat seinen Mund ja nicht mal aufgemacht, als ich ihn verprügelt habe, oder?«
»Ich mach mir ja gar keine Sorgen.«
»Der wird den Mund halten, das kann ich dir sagen«, fuhr Sam fort. »Und im Revier werden bessere Zeiten anbrechen. Die werden sich jetzt nicht mehr über uns lustig machen und in Zukunft ein bißchen vorsichtiger sein. Denen wird der Arsch ganz schön auf Grundeis gehen. Und Angie ist ein für allemal erledigt, das kannst du mir glauben.«
»Ich fürchte nur, daß er dich umlegen wird, Sam.«
»Das wird er nicht wagen. Dafür hat er viel zuviel Angst. Angie hat Angst, daß ich ihn umbringe. Und das werde ich auch tun, wenn er mir irgendwie dumm kommen sollte.«
»Mensch, Sam, es bringt doch absolut nichts, sich wegen eines solchen Arschlochs persönlich zu engagieren.«
»Jetzt hör mir mal gut zu, Bumper. Ich war bei der Sitte und dann in der Zentrale auf Buchmacher spezialisiert. Ich habe ganze acht Jahre lang nichts anderes getan, als Buchmacher und andere organisierte Ganoven einzulochen. Einmal habe ich ganze sechs Monate an einem Buchmacher gearbeitet. Sechs Monate! Ich habe Ermittlungen eingeleitet und Beweismaterial zusammengetragen, gegen das kein Anwalt etwas hätte machen können, und ich habe mir aus ihren Büros Aufzeichnungen besorgt, aus denen hervorging – und zwar eindeutig – daß dieser Typ mit seinen linken Geschäften Millionen gemacht hat. Und dann wurden diese Kerle auch verurteilt, aber du hättest mal die Strafen sehen sollen, die sie gekriegt haben. Ich habe noch keinen einzigen Buchmacher gesehen, der wegen seiner krummen Touren in ein Bundesgefängnis gesteckt worden
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