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Der müde Bulle

Der müde Bulle

Titel: Der müde Bulle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Brustkasten. Vermutlich gingen sie miteinander ins Bett und teilten sich, was sie mit ihren Vermittlungsgeschäftchen verdienten. Roxie nimmt sich der Kerle an, die eine Tunte haben wollen, und ihr Kerl kümmerte sich um die Leute, die nach einem Jocker suchten. Dieser Jocker würde wahrscheinlich mal selbst eine Tunte werden. Mir taten die Tunten immer leid, weil sie ständig so verzweifelt auf der Suche waren. Manchmal gehe ich sie wegen irgendwelcher Informationen an, aber meistens lasse ich sie in Ruhe.
    Mir wurde richtig übel bei dem Gedanken, daß niemand den Leuten hier ein bißchen auf die Finger klopfen würde, wenn ich nicht mehr da war. Im Augenblick starrten sie mich böse an, allen voran Marvin mit seinen fiesen grauen Augen und rasiermesserdünnen Lippen.
    Ein anderer junger Bursche, zu jung, um es besser zu wissen, lehnte sich in seinem Sessel zurück, um ein paarmal zu grunzen und zu sagen: »Hier riecht es nach Schweinen.«
    Ich war dem Kerl noch nie zuvor begegnet. Eigentlich sah er aus wie irgendein College-Boy, der sich mal den Duft der großen weiten Welt um die Nase wehen lassen will. In einer gewöhnlichen Studentenkneipe hätte ich seine Bemerkung wahrscheinlich mit einem Achselzucken überhört, aber hier im Pink Dragon regierten die Revierbeamten nur mit nackter Gewalt. Wenn sie plötzlich keine Angst mehr vor mir hatten, konnte ich einpacken, und dann würde die Straße wirklich zum Dschungel – was sie ja an sich sowieso schon ist, nur kann man sich im Augenblick noch darin bewegen, wenn man sich vor Kobras oder tollwütigen Hunden hütet. Ich konnte mir vorstellen, daß es ohne Leute wie mich keine begehbaren Pfade durch dieses gefährliche Gestrüpp geben würde.
    »Oink, oink«, grunzte der junge Bursche von neuem – diesmal mit etwas mehr Selbstvertrauen, da ich beim erstenmal keine Reaktion gezeigt hatte. »Also, hier riecht es tatsächlich nach Schweinen.«
    »Und was mögen Schweine am liebsten?« Ich lächelte ihn an und ließ meinen Knüppel in die Halterung gleiten. »Schweine putzen doch gern Abfälle weg, und hier sehe ich gerade einen richtig großen Haufen.« Immer noch lächelnd, trat ich gegen sein Stuhlbein, so daß er schnurstracks zu Boden ging und sein Glas Bier über Roxie kippte, die plötzlich ganz ihre Falsettstimme vergaß und in einem recht markigen Bariton losbrüllte: »Blödes Arschloch!« Das Bier rann ihr nämlich inzwischen munter über den Ausschnitt und in ihren Büstenhalter.
    Bevor der junge Bursche wußte, wie ihm geschah, hatte ich ihn im Polizeigriff und stieß ihn zum Ausgang. Vorsichtig sah ich mich nach allen Seiten um, falls einer von den anderen auf dumme Gedanken kommen sollte.
    »Du Dreckskerl!« schrie Marvin. »Du hast einen meiner Kunden angegriffen. Du Dreckskerl! Ich werde meinen Anwalt verständigen.«
    »Nur zu, Marvin«, ermunterte ich ihn, während der junge Bursche vor mir winselnd auf Zehenspitzen zum Ausgang trippelte. Da ich ihm den Arm hinter dem Rücken nach oben gebogen hatte, versuchte er, sich so groß wie möglich zu machen. Seine Kleider rochen nach Gras, aber offensichtlich dämpfte die Wirkung der Droge nicht den Schmerz in seinem Arm, der von meinem Griff herrührte. Wenn man es mit einem Kerl zu tun hat, der wirklich voll ist, darf man nicht zu fest zupacken, da diese Burschen dann nicht mehr auf den Schmerz reagieren. Und dabei kann es leicht passieren, daß man so einem Kerl das Handgelenk bricht, wenn man sie einschüchtern will. Dieser Lümmel spürte allerdings noch eine ganze Menge und ließ sich unter ständigem Wehgeheul artig zum Ausgang führen. Marvin war inzwischen hinter der Theke hervorgekommen und folgte uns zur Tür.
    »Da sind Zeugen!« dröhnte er. »Diesmal gibt es Zeugen dafür, daß du einen meiner Kunden völlig zu Unrecht verhaftet hast! Was willst du denn gegen ihn vorbringen? Wie soll die Anklage lauten?«
    »Er ist betrunken, Marvin«, antwortete ich grinsend. Ich hielt den jungen Burschen inzwischen nur mit einer Hand fest – für den Fall, daß bei Marvin die Sicherung durchbrannte. Ich war voll da, jede Faser meines Körpers angespannt.
    »Das ist eine Lüge. Der Junge ist stocknüchtern. Er ist genauso nüchtern wie du.«
    »Jetzt mach mal einen Punkt, Marvin«, erwiderte ich. »Der Bursche da ist in aller Öffentlichkeit betrunken und weiß nicht mehr, was er tut. Ich bin verpflichtet, ihn zu seinem eigenen Schutz zu verhaften. Nach dem, was er eben zu mir gesagt hat, muß er doch

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