Der müde Bulle
Leutchen – sollte es tatsächlich hart auf hart gehen – in drei Minuten zu einem Fußabstreifer zertrampeln konnten. Mein Atem ging schwer, und ich gab mir alle Mühe, mein Kinn am Zittern zu hindern und einen klaren Kopf zu bewahren. Aber die würden nicht so weit kommen, daß ich zu Boden ging. Nicht, so lange ich noch eine Knarre in der Hand hatte. So leicht würde ich es denen sicher nicht machen, mir den Schädel einzuschlagen. Eher würde ich schon losballern, um mich meiner Haut zu wehren. Und so beschloß ich, die zwei Bimbo-Kosaken, Winnetou und Schwester Krampfader abzuknallen, wenn auch nicht unbedingt genau in dieser Reihenfolge.
In diesem Augenblick packte mich eine Hand an der Krawatte, aber da sie nur am Kragen meines Hemds befestigt war, löste sie sich einfach, und ich folgte ihr nicht, als sie von der Hand in die Richtung der Menge gezogen wurde. Fast gleichzeitig zerrte der Maschinenbaustudent an meinem Abzeichen, worauf ich instinktiv meine rechte Hand hochriß und seine Finger gegen meine Brust drückte. Ich wich so weit zurück, bis sein Arm gerade ausgestreckt war, und schlug ihm mit der linken Faust unmittelbar über dem Ellbogen auf den Arm, so daß er japsend zurücksprang. Auf seinen offensichtlichen Schmerzensschrei hin folgten ein paar der Umstehenden seinem Beispiel und wichen von mir zurück.
»Nieder mit dem Schwein! Nieder mit dem Schwein!« brüllte jemand. »Macht ihn fertig!«
Ich zog meinen Knüppel und spürte den Streifenwagen in meinem Rücken, während die Menge, darunter auch dieser Scheißer von Pater, mich drohend anschrie.
Wenn ich es gekonnt hätte, wäre ich auf der Beifahrerseite in den Wagen gesprungen und hätte die Tür von innen verriegelt. Aber die Tür war verschlossen und das Fenster hochgekurbelt, und ich hatte Angst, jemand könnte mich anfallen, während ich das Schloß aufzusperren versuchte.
Offensichtlich bekamen die Leute im Einberufungsamt nicht mit, daß vor ihrer Tür das letzte Stündlein eines Polizisten eingeläutet wurde, da mir niemand zu Hilfe kam. Ich sah noch, wie der Kameramann sich einen Weg durch die Menge zu bahnen versuchte, die sich inzwischen auch auf die Straße ausgebreitet hatte, und ich verspürte den verrückten Wunsch, daß er es schaffen würde. Man könnte das natürlich übertriebene Eitelkeit nennen, aber ich hätte es doch gern gesehen, wenn er Bumpers letztes Gefecht auf Zelluloid gebannt hätte.
Für ein paar Sekunden stand alles auf der Kippe, und dann spürte ich in meinem Rücken plötzlich, wie die Wagentür aufging und gegen mich stieß. Ich hätte vor Schreck fast in die Hose gemacht.
»Sieh schon zu, daß du reinkommst, Bumper«, forderte mich eine vertraute Stimme auf. Kaum hatte ich die Tür hinter mir geschlossen, krachte etwas gegen die Fensterscheibe, so daß sie um ein Haar zerbrochen wäre, und mehrere Leute fingen an, gegen die Tür und die Kotflügel meines Schwarzweißen zu treten.
»Los, gib mir schon die Schlüssel!« riß mich Stan Ludlow, der für die Sicherheitsabteilung arbeitete, aus meiner Lethargie. Schick wie eh und je, saß er in einem dunkelgrünen Anzug und einer minzfarbenen Krawatte hinter dem Steuer.
Ich reichte ihm die Schlüssel, und während er vom Randstein losfuhr, hörte ich einen metallisch klirrenden Gegenstand vom Kotflügel des Wagens abprallen. Während wir uns aus dem Staub machten, fuhren vier Streifenwagen mit jeweils drei Mann vor dem Einberufungsamt vor und begannen die Menge zu zerstreuen.
»Du bist ja wirklich das häßlichste Vergewaltigungsopfer, das mir je unter die Augen gekommen ist«, witzelte Stan, als er in die Ninth Street einbog und hinter einem Zivilstreifenwagen parkte, in dem sein Partner wartete.
»Wovon redest du eigentlich, zum Teufel?«
»Mann, du bist doch gerade noch mal davongekommen.«
»Übertreib nicht so!« verteidigte ich mich. »Mir ist natürlich klar, daß das in die Hose hätte gehen können, aber …« Mir wurde fast übel bei dem Gedanken, er könnte laut aussprechen, was mir in diesem Augenblick durch den Kopf schoß. »Haben die mich eigentlich in eine Falle gelockt?«
»Dich in eine Falle gelockt? Wo denkst du hin, Bumper? Das war doch gar nicht nötig. Du hast dich selbst in das Ganze hineinmanövriert. Besser hätten sie es gar nicht planen können. Meine Güte, Bumper, du solltest doch inzwischen wirklich wissen, daß man solchen Leuten keine Vorträge halten kann. Was zum Teufel hast du dir dabei gedacht?«
Stan war
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