Der müde Bulle
schon fünfzehn Jahre bei der Polizei und Sergeant, aber er war erst vierzig und sah trotz seiner grauen Schläfen viel jünger aus. Dennoch kam ich mir wie ein dummer, kleiner Junge vor, als ich nun neben ihm saß. Er erschien mir wesentlich älter und erfahrener, so daß ich seinen Rüffel mit gesenktem Kopf über mich ergehen ließ.
»Wie kommst du eigentlich darauf, ich hätte denen einen Vortrag gehalten, Stan?«
»Weil einer von denen einer von uns ist. Der Mann hatte ein Mikrofon bei sich, und deshalb konnten wir alles mithören, Bumper. Und da wir wußten, was kommen würde, haben wir sofort die vier Streifenwagen angefordert. Fast hätten wir es nicht mehr geschafft, dich rauszuhauen.«
»Wer waren denn die Rädelsführer?« Ich versuchte, wenigstens noch ein paar Punkte für mich zu verbuchen. »Diese Alte in dem gelben Mini und der Guru mit dem Stirnband?«
»Ach, Quatsch«, grunzte Stan verächtlich. »Die beiden heißen John und Marie French. Das sind Pseudointellektuelle, die auf jung machen wollen. Die sind völlig harmlos. Sie ist eine selbsternannte Revoluzzerin aus San Pedro, und er ist ihr Mann. Er hat übrigens heute unseren Mann auf die Demonstration mitgenommen. French ist im Grunde nur so eine Art Laufbursche. Er fährt einen VW-Bus und bringt die Leute zu den Demos. Der ist völlig uninteressant. Hast du denn gedacht, die beiden hätten das Ganze organisiert?«
»Ja, eigentlich schon«, murmelte ich etwas betreten.
»Du hast die beiden doch ziemlich dumm angeredet, oder nicht?«
»Tja … Und was ist mit diesen beiden Kosakenmützen?«
»Ach, die!« Stan zuckte mit den Schultern. »Die kannst du vergessen. Die hängen nur mit ihren Panther-Ansteckern rum und machen die Weiber an, aber zu sagen haben die nichts. Das sind einfach nur ganz billige Mitläufer – professionelle Schwarze.«
»Dann hat diese nette, kleine Show wohl so ein großer, gutaussehender Bursche namens Scott inszeniert?« fragte ich, als mir langsam ein Licht aufzugehen begann.
»Ja, Scott Hairston. Er ist von der U.C.L.A. Seine Schwester Melba war die kleine Blondine mit dem knackigen Arsch, die er am Arm hängen hatte. Sie war schon in ganz jungen Jahren auf der Highschool die treibende Kraft hinter den dort entstehenden subversiven Vereinigungen. Ihr Alter, Simon Hairston, ist Anwalt – ein aalglatter Dreckskerl. Und sein Bruder Josh ist ein altbekannter Aktivist.«
»Dann war die süße Kleine mit den unschuldigen Augen also in Wirklichkeit eine Gifthexe, hm? Ich muß schon sagen, dieses junge Gemüse hat mich ganz schön ausgetrickst.«
Stan lächelte verständnisvoll und steckte mir meine Zigarre an. »Alles halb so schlimm, Bumper«, tröstete er mich. »Diese jungen Leute sind doch mit dem ganzen Blödsinn groß geworden, während du auf diesem Gebiet noch ein blutiger Anfänger bist. Also mach dir nichts draus. Aber um Gottes willen, laß in Zukunft die Finger davon! Und vor allem keine großen Reden mehr, ja?«
Ich fühlte, wie ich bis in die Zehenspitzen errötete. »O Gott, was ich alles gequatscht habe! Wie der letzte Vollidiot …«
»Ach, das würde nicht weiter etwas ausmachen, Bumper, wenn dich dieses kleine Luder Melba nicht auf Band aufgenommen hätte. Sie sammelt sozusagen spontane Meinungsäußerungen von Polizisten. Zu diesem Zweck hat sie meistens irgendwo ein Mikrofon versteckt, das mit einem kleinen Tonbandgerät verbunden ist. Hatte sie heute eigentlich eine große Handtasche dabei?«
Ich brauchte gar nicht erst zu antworten. Mein bekümmerter Gesichtsausdruck muß Bände gesprochen haben.
»Deine Bemerkungen sind für die natürlich das gefundene Fressen, Bumper. Einiges habe ich ja durch das Mikrofon mitbekommen, das unser Typ bei sich hatte. Was du da alles von dir gegeben hast – von wegen, diesen Kerlen mal den Knüppel kräftig zwischen die Zähne rammen und Personalien aufnehmen und so weiter …«
»So habe ich das doch gar nicht gemeint, Stan.«
»Aber so werden deine Äußerungen veröffentlicht werden – aus dem Zusammenhang gerissen. Die werden das alles in so einer Untergrundzeitschrift drucken, oder wenn du Pech hast und der alte Hairston mitmischt, sogar in einer Tageszeitung.«
»Uuuuuh«, wußte ich darauf nur noch zu erwidern, während ich mir die Mütze über die Augen schob und in meinem Sitz zusammensank.
»Du brauchst ja nicht gleich einen Herzinfarkt zu bekommen, Bumper«, ermunterte mich Stan. »Das wird schon alles in Ordnung gehen.«
»In
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