Der müde Bulle
ein Mäuschen einlassen, weißt du? Die würde dir noch das letzte Hemd ausziehen, wenn du ihr eine Chance dazu geben würdest. Aber eine verdammt geile Figur hat das Mädel. Manchmal könnte ich so richtig über sie herfallen und sie ordentlich durchvögeln.«
»Ich dachte, du hättest mir mal erzählt, für so was wärst du schon zu alt.« Ich leckte mir den Schaum von der Oberlippe und trank mein Glas leer, das Harry eilfertig nachfüllte.
»Weiß Gott, das bin ich auch, aber manchmal überkommt es mich eben immer noch. Weißt du, was ich meine? Manchmal, wenn ich den Laden hier dichtmache und ganz allein mit ihr bin … Mit meiner Frau läuft ja in der Hinsicht schon seit einigen Jahren nichts mehr, aber wenn ich mit Irma allein bin, dann komme ich mir plötzlich wieder vor wie ein junger Hengst. So alt bin ich nun auch wieder nicht. Noch lange nicht. Aber du weißt ja, wie es mit meiner Gesundheit ist. In letzter Zeit hatte ich ja immer Probleme mit der Prostata. Aber wenn Irma in meiner Nähe ist, werde ich ganz schön geil. Dann könnte ich so ziemlich alles von einem Burro bis zu einem Cowboystiefel vögeln.«
»Na, diesen Schnuckel muß ich mir ja direkt mal ansehen.«
»Aber du wirst sie mir doch nicht ausspannen, Bumper, oder?«
Ich dachte zuerst, daß Harry einen Witz machte, aber dann fiel mir sein verzweifelter Gesichtsausdruck auf, und ich rief: »Aber, wo denkst du hin, Harry?«
»Ich glaube wirklich, daß ich es mit ihr noch könnte, Bumper. In letzter Zeit war ich immer so deprimiert – vor allem wegen dieser Prostatageschichte. Aber mit Irma würde ich es tatsächlich noch mal fertigbringen.«
»Klar, Harry.« Ich stellte wieder einmal fest, daß er sich im Lauf des letzten Jahres langsam verändert hatte. Er vergaß manchmal, das Geld von der Bar zu nehmen, was er sonst nie versäumt hatte. Er verwechselte die Namen seiner Gäste und erzählte einem öfter Geschichten, die er schon früher einmal zum besten gegeben hatte.
Vor allem das war es – er wiederholte sich ständig. Ich hörte das auch von verschiedenen anderen Stammgästen, wenn wir beim Billardspielen außer Harrys Hörweite waren. Harry wurde langsam senil, und das war nicht nur traurig, sondern auch beängstigend. Bei diesem Gedanken lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. Wie lange würde er sich mit seiner Bar wohl noch halten können? Ich legte einen Vierteldollar auf die Theke, den der zerstreute Harry auch prompt einsteckte. Das war das erstemal, daß ich in Harrys Bar für ein Getränk bezahlt hatte.
»Meine Frau wird es nicht mehr lange machen, Bumper. Habe ich dir eigentlich schon erzählt, daß ihr die Ärzte nur noch ein Jahr geben?«
»Ja, das hast du schon erzählt.«
»In meinem Alter ist es einfach nicht gut, ganz allein zu sein. Und dann diese Prostatageschichte … Weißt du, manchmal stehe ich erst mal zwanzig Minuten da und probier es, bis ich endlich pinkeln kann. Und du machst dir keine Vorstellung, was es für ein Genuß ist, sich einfach hinhocken zu können und ohne langes Herumgedrücke sein Geschäft zu machen. Das kannst du mir wirklich glauben, Bumper, das ist echt ein Genuß.«
»Kann ich mir gut vorstellen.«
»Mit einem Mädchen wie Irma könnte ich mir das schon ganz gut vorstellen. Das wäre eine regelrechte Verjüngungskur für mich. Das wäre schon eine Sache mit Irma.«
»Klar.«
»Versuch mal, dich allein durchzuschlagen, wenn du alt wirst, und schon bist du verschimmelt, bevor du überhaupt merkst, daß es abwärts mit dir geht. Da braucht man einfach jemanden, der einen am Leben erhält, der ein bißchen Schwung in die Bude bringt. Sonst stirbst du, ohne daß du's überhaupt merkst. Weißt du, was ich meine?«
»Ja.«
Diese Unterhaltung mit Harry war so deprimierend, daß ich beschloß, mich zu verdrücken. Aber da kam ein alter Bekannter herein.
»Hallo, Freddie«, begrüßte ich ihn, als er noch hilflos durch seine zehn Zentimeter dicken Brillengläser in das schummrige Dämmerlicht der Bar blinzelte.
»Hallo, Bumper.« Freddie hatte mich bereits an meiner Stimme erkannt, bevor er nahe genug herangekommen war, um mich durch das Monstrum von Hornbrille auf seiner Nase ausmachen zu können. Seine quäkende Stimme war unverkennbar und konnte einem ganz schön auf die Nerven gehen, wenn man sie zu lange zu hören bekam. Freddie humpelte zu mir und legte seine beiden arthritischen Hände auf die Theke. Er wußte, daß ich ihm ein paar Drinks spendieren würde.
»Ein
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