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Der müde Bulle

Der müde Bulle

Titel: Der müde Bulle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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gezeigt, wo sie sich von seinen Fingern gedehnt hatten, da er die Dinger nämlich über seine Hände streifte, um keine Fingerabdrücke zu hinterlassen. Aber du hast mich nie zur Schnecke gemacht, auch wenn ich dumme Fragen gestellt habe.«
    »Ich fand es immer gut, wenn ihr jungen Burschen Fragen gestellt habt.« Langsam begann ich mir zu wünschen, Charlie würde damit aufhören.
    »Sag mal, Charlie«, versuchte ich ihn vom Thema abzubringen, »wenn wir heute diese Telefonannahmestelle ausnehmen, wie stehen dann die Chancen, daß wir einen wirklich dicken Fang machen?«
    »Wie meinst du das? Daß wir auf ein Büro stoßen?«
    »Ja.«
    »Ziemlich gering. Wieso bist du eigentlich so scharf darauf, ein Büro hochgehen zu lassen?«
    »Ich weiß auch nicht. Ich höre ja jetzt bald auf und habe nie so einen richtig dicken Hecht wie Red Scalotta geschnappt. Ich würde eben mal gern so einen Burschen hopsgehen lassen.«
    »Meine Güte, ich habe auch noch nie so einen dicken Fisch wie Scalotta an die Angel gekriegt. Und was soll das überhaupt? Du willst aufhören? Willst du dich vielleicht pensionieren lassen?«
    »Ja, demnächst.«
    »Du und dich pensionieren lassen? Das kann ich mir einfach nicht vorstellen.«
    »Aber du hörst doch nach zwanzig Jahren auf, oder etwa nicht?«
    »Sicher, aber nicht du.«
    »Ach, vergiß es«, stieß ich hervor. Charlie sah mich eine Minute lang eindringlich an und öffnete dann das Handschuhfach, um sich mit Nick und Fuzzy über Funk in Verbindung zu setzen.
    »Eins-Victor-Eins an Eins-Victor-Zwei«, sprach er ins Mikrofon.
    »Eins-Victor-Zwei, bitte melden«, antwortete Nick.
    »Eins-Victor-Eins, ich glaube, wir parken am besten in der nächsten Straße. Das ist die Harvard. Falls gerade jemand aus dem Fenster schauen sollte, würde er euch von hinten nicht ins Haus gehen sehen.«
    »In Ordnung, Charlie«, antwortete Nick, und wenige Minuten später waren wir angekommen. Die Eighth Street besteht ausschließlich aus Geschäfts- und Bürohäusern mit ein paar Bars und Restaurants dazwischen. Wir warteten, bis die beiden den ersten Stock des Wohnhauses in einer der Querstraßen zur Eighth erreicht haben würden, worauf Charlie in die Harvard einbog. Wir stiegen aus und gingen zu einer Telefonzelle an der Ecke Hobart. Nach ein paar Minuten lehnte sich Fuzzy über ein schmiedeeisernes Gitter im ersten Stock und winkte uns zu.
    »Also los, fangen wir an, Bumper.« Charlie warf eine Münze ein, um jedoch gleich wieder einzuhängen. »Belegt.«
    »Hat dir Zoot den Code und alles gesagt?«
    »Achtundzwanzig für Löwenzahn ist das Codewort.« Charlie nickte. »Das ist eine richtige Annahmestelle. Wenn es nur eine Leitstelle wäre, dürfte die Sache etwas schwierig werden.«
    »Wieso? Was ist da der Unterschied?« Ich stellte mich hinter die Telefonzelle, so daß man meine Uniform vom Haus aus nicht sehen konnte.
    »Um eine Leitstelle handelt es sich, wenn ein Wettkunde oder ein Straßenbuchmacher wie Zoot dort anrufen kann. Das Hauptbüro ruft dann etwa alle zwanzig Minuten in der Leitstelle an und läßt sich die Nummer des Wettkunden geben, um ihn dann selbst anzurufen. Wenn es so wäre, stünden unsere Chancen ziemlich schlecht, weil nämlich die Jungs im Büro meistens etwas cleverer sind als so eine Emmi, die alle diese Anrufe entgegennimmt. Als wir Reba McClain das letztemal geschnappt haben, war es eine richtige Annahmestelle, wo die Leute anriefen und wo sie dann die Wetten auf eine Resopalplatte aufschrieb. Ab und zu riefen dann die vom Hauptbüro an, und sie gab ihnen die Wetten durch und wischte die Platte wieder sauber. Für uns ist das wesentlich besser, weil wir vielleicht ein paar handfeste Beweise kriegen, wenn wir schnell genug zuschlagen.«
    »Du meinst die Aufzeichnungen auf der Resopalplatte?«
    »Genau.« Charlie nickte. »Manche von uns treten die Tür ein und bewerfen den Typen am Telefon sofort mit etwas, damit er abgelenkt wird und nicht mehr dazu kommt, die Wetten wegzuwischen. Ich habe schon Kollegen gesehen, die so einem Typen einen Tennisball mitten in die Fresse geworfen haben.«
    »Warum eigentlich nicht gleich einen Baseball?«
    »Gar keine schlechte Idee. Du würdest bei der Sitte sicher eine gute Figur machen.«
    »Aber der Typ am Telefon weiß doch in beiden Fällen die Nummer des Hauptbüros nicht, oder?« fragte ich.
    »Natürlich nicht. Deshalb habe ich dir doch gesagt, daß wir dann keine Chance hätten.«
    Charlie warf neuerlich eine Münze in den Apparat

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