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Der müde Bulle

Der müde Bulle

Titel: Der müde Bulle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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und hängte sofort wieder ein.
    »Die Geschäfte gehen offensichtlich nicht schlecht«, brummte ich.
    »Klar. Red Scalotta kann über Kundschaft nicht klagen. Ich kenne zwei Richter am Obersten Gerichtshof persönlich, die bei ihm wetten.«
    »Und ein paar Kollegen sind sicher auch darunter.«
    »Aber natürlich«, bestätigte mir Charlie. »Jeder hat so seine kleinen Laster.«
    »Wie nennt ihr diesen Trick, wenn das Telefon in einem anderen Raum steht?«
    »Ach, du meinst eine Verlängerung. Manchmal stehst du nämlich in einem leeren Zimmer und siehst nichts als einen Telefonanschluß, von dem ein Kabel zum Fenster hinausläuft. Und wenn man dann das Kabel bis in die richtige Wohnung verfolgt hat, ist der Typ natürlich längst über alle Berge. In der Regel kombinieren sie so eine Verlängerung mit einer Alarmvorrichtung, so daß der Kerl am Telefon mitkriegt, wenn wir in die Tarnwohnung eindringen. Sie haben dann einen Kippschalter, mit dem ein Anruf auf eine andere Nummer umgeleitet werden kann. Ein Typ aus dem Hauptbüro ruft zum Beispiel die Annahmestelle an, wo sich dieser Kippschalter befindet, und hängt nicht ein. Dann ruft der Wettkunde in der Annahmestelle an, und das Hauptbüro kann die Wetten selbst entgegennehmen. Alle diese praktischen, kleinen Hilfsmittel sind allerdings auch mit einigen Nachteilen verbunden. Zum Beispiel wollen die meisten Wettkunden nicht zurückgerufen werden. Die meisten Typen, die gern wetten, gehen einer regulären Arbeit nach, und sie haben oft nur in der Kaffeepause ein paar Minuten Zeit, um sich mit ihrem Buchmacher in Verbindung zu setzen. Und diese Leute haben dann natürlich nicht die Zeit und die Geduld, zehn Minuten oder so zu warten, bis man sie zurückruft. Deshalb ist so eine ganz stinknormale telefonische Annahmestelle, wo irgendein Typ oder eine Hausfrau den ganzen Tag ans Telefon geht und die Wetten entgegennimmt, immer noch die beste und einfachste Methode.«
    »Schnappt ihr in diesen Annahmestellen eigentlich viele Frauen?«
    »Und ob! In den Annahmestellen und in den Hauptbüros. Soviel wir wissen, zahlt Red Scalottas Organisation für einen Posten in einer Annahmestelle hundertfünfzig die Woche und in einem Hauptbüro dreihundert. Für eine Frau ist das kein schlechtes Gehalt – vor allem, wenn man noch berücksichtigt, daß es steuerfrei ist. Wenn so eine Alte in einer Annahmestelle arbeitet, muß sie natürlich damit rechnen, daß sie früher oder später mal ins Kittchen wandert, aber letztlich ist das auch nur halb so wild. Die Organisation holt sie auf Kaution wieder raus und kommt auch sonst für sämtliche Kosten auf, und dann gehen sie gleich wieder an die Arbeit. Du wirst kaum einen Richter finden, der jemanden wegen Buchmacherei in ein Landesgefängnis stecken wird, und eine Frau schon gar nicht. Von einem Staatsgefängnis ganz zu schweigen. Ich kenne im Süden der Stadt einen Typen, der sicher schon achtzigmal verhaftet wurde und immer noch im Geschäft ist.«
    »Muß ja eine blühende Branche sein.«
    »Es ist ein Witz, Bumper. Ich weiß gar nicht, wieso ich das Ganze überhaupt noch mache. Soviel wir wissen, nimmt Red Scalotta mit seinen Büros jährlich zwischen einer und zwei Millionen ein. Und er hat mindestens drei Büros laufen. Er macht damit also eine Menge Kohle, auch wenn ihm von dieser Summe dann nur zwischen elf und sechzehn Prozent bleiben. Und wenn wir dann einen von seinen Leuten einkassieren, brummen sie denen eine Zweihundertfünfzig-Dollar-Strafe auf. Das ist doch wirklich ein Witz, und ein schlechter noch dazu.«
    »Habt ihr Scalotta selbst jemals etwas anhängen können?«
    »Nie. Red hält sich immer von den Büros fern. Er hat jemanden, der sich um alles kümmert. Ab und zu gelingt es uns mal, eine telefonische Annahmestelle auszuheben und alle heiligen Zeiten auch mal ein Hauptbüro. Das ist auch schon alles. Aber jetzt probier ich noch mal, unsere Wette durchzugeben. Vielleicht hebt diesmal jemand ab.«
    Charlie warf die Münze ein und wählte die Nummer. Dann wurde sein Gesichtsausdruck plötzlich sehr aufgeregt, woraus ich schloß, daß jemand drangegangen war.
    »Hallo«, meldete sich Charlie. »Hier ist achtundzwanzig für Löwenzahn. Geben Sie mir Nummer vier in der zweiten, fünf nach rechts. Dann eine Zwei-Dollar-Dreierwette in der zweiten. Das Pferd Nummer zwei zur Nummer vier in der dritten zu Nummer sechs in der vierten zu Nummer sieben in der fünften.«
    Dann gab Charlie noch ein paar Wetten für die Rennen

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