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Der Müllmann

Der Müllmann

Titel: Der Müllmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Wolkenwand
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Online-Archiven dazu. Er war fest davon überzeugt gewesen, dass es sich
nicht um einen Unfall, sondern um einen Mord gehandelt hätte. Mord deshalb,
weil seine Verlobte den Unfall nicht überlebt hatte.
    Gerade als ich weiterlesen wollte, öffnete sich ein neues Fenster
auf dem Bildschirm. »Hilf ihr. Bitte«, stand in großen Buchstaben darin.
    Dann ging mein Computer aus. Ich saß da und starrte nachdenklich auf
den schwarzen Bildschirm. Ich wusste, dass er Zugriff auf meinen Computer
hatte, er prüfte ihn regelmäßig auf Viren oder Schadprogramme. Ich konnte es
ihm nicht einmal übel nehmen, dass er mir eben über die Schulter gesehen hatte.
    Doch bis zu diesem Moment hatte ich Brockhaus für einen Spinner
gehalten. Einen genialen Spinner zwar, aber seine ganzen Verschwörungstheorien
waren mir einfach nur verrückt vorgekommen. Aber nach dem, was ich eben gelesen
hatte, hatte Annabelles Bruder einen IQ von über zweihundert besessen. Was,
wenn er gar kein Spinner war?

    Ich
wollte gar nicht darüber nachdenken. Ich hatte genug mit meinem eigenen Mist zu
tun. Zeit, ins Bett zu gehen. Aber ja, ich würde mich um Richter kümmern.
Sobald ich dazu kam. Hätte er mir früher gesagt, dass sie seine Schwester war,
wäre es längst geschehen.
    Ich sah auf
die Uhr, gähnte und entschied mich, es für heute genug sein zu lassen.

    Noch
vor dem Wecker klingelte das Telefon. Es war Ana Lena, die mir mitteilte, dass
sich Nina außer Lebensgefahr befand, es aber noch irgendwelche Probleme mit der
Wirbelsäule geben würde. Sie hatte vor, nachher mit Jenny und ihrer Mutter ins
Krankenhaus zu fahren.
    »Und wann
kommst du nach Hause?«, fragte ich.
    »Heute noch. Ich hoffe, dass Nina aufwacht und wir sie besuchen
können.«
    »Richte ihr einen lieben Gruß von mir aus.«
    »Du hast nicht vor, zu kommen?«
    Ich zögerte. »Nein«, sagte ich dann. »Ich muss noch einiges
erledigen, das die letzten Tage liegen geblieben ist.«

    Unter
anderem auch mal in der Firma vorbeisehen und Bernd beruhigen.
    »Das
Finanzamt will achtunddreißigtausend Euro von uns?«, fragte ich fassungslos,
nachdem er mir das Problem geschildert hatte. »Ich dachte, es wären nur siebzehntausend?
Wie soll denn das alles zustande gekommen sein?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Bernd, der aussah, als würde er sich
im nächsten Moment vor Verzweiflung aus dem Fenster stürzen. Was ihm wenig
nützen würde, da sich das Büro im Erdgeschoss befand.
    »Zeig mir mal den Bescheid.«
    Bernds Schreibtisch war wie üblich von Papierkram überflutet.
»Moment, ich habe den Brief hier irgendwo«, meinte er und fing an zu wühlen.
Ich lehnte mich an den Türrahmen zum Verkaufsraum und sah mich um. Es waren
wohl wieder einige Möbel weggegangen. Scheinbar hatten wir mehr als genug zu
tun, an und für sich sollte der Laden laufen.
    »Hier!«, rief Bernd stolz. »Ich habe ihn gefunden!«
    Ein Blick reichte mir, um zu wissen, was geschehen war. »Das ist
eine Schätzung«, teilte ich Bernd mit. »Weil wir die Steuererklärung nicht
rechtzeitig eingereicht haben.«
    »Oh«, meinte Bernd.
    »Ja. Oh. Vor allem, weil ich weiß, dass ich sie rechtzeitig
fertiggestellt habe. Tatsächlich lange vor Ablauf der Frist. Ich habe sie dir
in die Hand gedrückt, du solltest sie für die Akten kopieren und abschicken.«
    »Habe ich auch.«
    »Ganz sicher?«
    »Ja … ganz sicher … ich …« Bernd stockte.
    »Ja?«
    »Ich weiß, dass ich sie kopiert habe. Aber …«
    Ich ging zum Regalschrank, zog es auf, suchte den Aktenordner und öffnete
ihn. Ja, Bernd hatte den Bescheid kopiert. Und die Kopie sorgsam zusammen mit
dem Original im Ordner abgeheftet. Ich nahm die Originalblätter heraus und
hielt sie ihm vor die Nase. Bernd sah mich flehend an.
    »Kannst du dich nicht darum kümmern?«, bat er. »Ich komme mit dem
Finanzamt irgendwie nicht zurecht!«
    Das merkt man, dachte ich. Am Ende schaffte Bernd es wieder, alles
zu vergessen. Bei allem anderen konnte man sich auf Bernd verlassen, nur in dieser
Beziehung war er vollständig unfähig. Aber das hatte ich ja schon vorher
gewusst. »In Ordnung. Ich kümmere mich drum. Hast du die Unterlagen für den
letzten Monat fertig?«
    »Ja«, meinte Bernd, dem die Erleichterung anzumerken war. »Hier.« Er
zog die Schublade seines Schreibtisches aus, entnahm dieser einen alten
Schuhkarton, den er stolz zu mir hinüberschob. »Da ist alles drin.«
    »Auch die Quittungen aus deiner Brieftasche?«
    Bernd stand auf, zog seine Brieftasche

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