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Der Musentempel

Der Musentempel

Titel: Der Musentempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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in Milch und Honig.
    »Also eine lokale Angelegenheit«, sagte er, als ich fertig war.
    »Nichts, worüber wir uns Sorgen machen müßten.«
    »Ich würde trotzdem gern einen Blick auf die Sache werfen«, erwiderte ich. »Es zeugt von schlechten Manieren, in Anwesenheit von königlichen Hoheiten und Römern jemanden um zu bringen.«
    »Ich bin sicher, der Affront war unbeabsichtigt«, meinte Creticus, während er zum Entzücken der umher schwirrenden Fliegen ein Stück Brot mit Honig bestrich. »Aber wenn es dir Spaß macht, schaden kann es meiner Ansicht nach auch nicht.
    Obwohl ich sicher bin, daß nicht viel dabei heraus kommen wird. Er war schließlich nur ein Gelehrter.«
    »Vielen Dank, Herr. Aber diese Ägypter sind ziemlich empfindlich, wenn es um Fragen ihrer vermeintlichen Autorität geht. Darf ich auf deine Unterstützung hoffen, wenn sie mir Probleme machen?«
    Er zuckte die Achseln. »Solange du mir nicht zu viele Schwierigkeiten bereitest.«
    Nach dem Frühstück eilte ich in die königlichen Gemächer, wo mir meine Toga und meine Insignien als Senator rasch Zutritt zu Seiner Hoheit verschafften.
    Ich traf Ptolemaios bei einem Frühstück an, das weit reichhaltiger aussah als jenes, das ich eben zu mir genommen hatte. Es gab geröstete Pfauen und Nilfische von der Größe eines Schweins sowie eimerweise Austern und eine gegrillte Gazelle. Und das war lediglich der Hauptgang. Wie er in seinem Zustand überhaupt etwas essen konnte, war mir ein Rätsel.
    Als ich eintrat, blickte er von seinem Teller auf und sah mich aus Augen wie reife Kirschen an. Seine Nase sah aus, als sei sie aus edelstem purpurroten Porphyr gehauen und liebevoll poliert worden. Sein übriges Gesicht war von nicht ganz so grellen Äderchen überzogen. Er mußte einst ein gutaussehender Mann gewesen sein, obwohl es ausgeprägter Einbildungskraft bedurfte, dies zu erkennen.
    »Äh, Senator... Metellus, nicht wahr?«
    »Decius Caecilius Metellus der Jüngere, Eure Hoheit. Ich gehöre zum Stab der römischen Botschaft.«
    »Natürlich, natürlich. Komm, setz dich. Hast du schon gegessen?«
    »Erst vor wenigen Minuten«, versicherte ich ihm. »Nun ja, dann ißt du eben noch etwas. Es ist sowieso mehr da, als ich schaffen kann. Zumindest ein Schlückchen Wein solltest du nehmen.«
    Zum Trinken war es noch reichlich früh, aber man bekommt schließlich nicht alle Tage Gelegenheit, aus dem Privatkeller eines Königs zu kosten, also willigte ich ein.
    »Hast du schon von dem Mord im Museion gehört, Herr?«
    begann ich.
    »Berenike hat heute morgen etwas in der Richtung angedeutet, aber da war meine Wahrnehmung noch ein wenig verschwommen. Was ist geschehen?« Ich erstattete erneut Bericht. An diese Art von Wiederholungen war ich gewöhnt.
    Wenn man mit dem Senat und seinen Ausschüssen zu tun hatte, mußte man seine Berichte auch stets in allen Einzelheiten zunächst dem untersten Ausschußvorsitzenden vortragen, der mit ernster Miene lauschte, bis man fertig war, um einen dann an seinen Vorgesetzten zu verweisen, wo sich das ganze Schauspiel wiederholte, bis man schließlich vor dem ganzen Senat sprach, dessen überwiegende Mehrheit den Rapport schnarchend verschlief.
    »Iphikrates von Chios?« fragte der König. »Er hat Kräne und Wasserräder und Katapulte entworfen, oder nicht?«
    »Nun, er hat mir ausdrücklich erklärt, daß er kein Kriegsgerät entworfen hat, aber ansonsten war das die Art Arbeit, mit der er beschäftigt war. Seine Kollegen hielten es offenbar für unwürdig, sich mit wahrhaft nützlichen Projekten zu befassen.«
    »Philosophen!« schnaubte Ptolemaios verächtlich. »Ich will dir mal was erzählen, Senator: Das Museion gehört meiner Familie, und wir unterstützen jeden, der dort arbeitet. Wenn ich für meine anstehenden Theaterfestspiele Kostüme oder Masken brauche, schicke ich einen entsprechenden Befehl rüber, und sie setzen ihre Künstler daran. Wenn ich eine neue Wasseruhr haben will, entwerfen sie eine für mich. Wenn ich eine neue Nilbarkasse brauche, erstellen sie die Konstruktionspläne und lassen sie bauen, und wenn einer meiner Offiziere von einem Feldzug zurück kehrt mit einem Pfeil im Fleisch, werden diese Ärzte, verdammt noch mal, antanzen und den Pfeil entfernen, selbst wenn sie sich dabei ihre Philosophenfinger blutig machen müssen.«
    Das war in der Tat erhellend. »Ihre philosophische Abkehr von der wirklichen Welt ist also nichts als eine Pose?«
    »Soweit es mich und meinen Hof betrifft, ja.

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