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Der Musentempel

Der Musentempel

Titel: Der Musentempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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es sein könnte. Selbst das simpelste Wasserrad kam mir unerträglich kompliziert vor. Trotzdem war mir der Gedanke lieber, daß es eine mechanische Erklärung gab. Mein Glaube an Zauberei und übernatürliche Kräfte war minimal. Außerdem, wenn die Ägypter über so machtvolle magische Kräfte verfügten, warum ließen sie sich dann so leicht von uns manipulieren?
    Eine Fanfare erklang, und sämtliche Militärkonstrukteure ließen ihre Werkzeuge fallen und verließen die Maschinen. Der Arbeitstag war vorüber. Etwa zwanzig Männer kamen nacheinander aus dem Innern des Turms, gefolgt von ungefähr dreißig Ochsen. Nachdem der letzte von ihnen die Maschine verlassen hatte, kamen Sklaven mit Eimern und Schaufeln, um hinter den Ochsen sauber zu machen. So viel zum Thema Zauberei. »Hast du genug gesehen?« fragte Hermes. »Unser Bootsmann kommt erst morgen wieder. Ich möchte mir das Ding einmal von nahem ansehen. Wir gehen zurück zur Plantage und verstecken uns dort, bis es dunkel ist.« In Umkehrung unserer vorherigen Fortbewegung rutschten wir jetzt rückwärts durch das Gras, bis wir sicher im Schutz der Bäume lagen. Zwei Stunden später überquerten wir die Wiese erneut, diesmal gehend, aber geduckt. Langsam und überaus vorsichtig schlichen wir uns bis zum Rand des großen Exerzierplatzes. Wäre dies ein römisches Lager gewesen, hätten sich uns Wachen in den Weg gestellt, aber es handelte sich ja um faule und inkompetente Barbaren, die Kriegsführung und militärische Organisation kaum professioneller betrieben als die Stammesfehden in ihren Heimatländern. Daß sie sich Tausende von Meilen entfernt von jedem Feind auf eigenem Grund und Boden befanden, war keine Entschuldigung. Die Legionen sichern jedes Lager, selbst wenn sie es in Sichtweite der römischen Stadtmauern aufschlagen. Aber für uns war diese Nachlässigkeit natürlich recht bequem.
    Die Maschinen standen wie tote Monster im Mondlicht, als wir uns ihnen näherten. Sie waren aus Holz, das man unter größten Mühen zurechtgeschnitten und gebogen, glatt geschliffen und in manchen Fällen sogar gestrichen hatte.
    Kriegsmaschinen werden normalerweise am Ort der Belagerung selbst aus unbehandeltem, frisch geschlagenem Holz gebaut und nach dem Kampf stehengelassen, nachdem man Eisenteile und Taue sichergestellt hatte.
    Selbst mit meinen unerfahrenen Augen konnte ich erkennen, daß diese Maschinen von Bolzen und Stiften zusammengehalten wurden, so daß man sie zum Transport auseinander nehmen konnte. Das war, wie ich vermutete, eine Innovation von Iphikrates. Ägypten verfügte kaum über im Lande gewachsenes Holz, mit Ausnahme von Palmen, deren weiches und faseriges Holz für derartige Bauten ungeeignet war. Alles Holz mußte importiert worden sein, ganz Schiffsladungen davon.
    Wir gingen zum Sockel des Turms, der einen strengen und unangenehmen Geruch verströmte.
    »Wonach stinkt es denn hier?« fragte Hermes.
    »Man braucht jede Menge Öl, um so viel Eisen vor dem Verrosten zu schützen«, erklärte ich ihm. »Aus dem hier verwendeten Material könnte man Rüstungen für drei Legionen machen.« Ich betastete eine Platte, die sich ein wenig gelöst hatte. Es war gutes Metall, etwa von der Stärke eines Brustpanzers. Ich stieg die rückwärtige Rampe hinauf, aber es war viel zu dunkel, um irgend etwas zu erkennen, nur durch ein paar offen stehende Luken fiel ein wenig Mondlicht. Trotz der Bemühungen der Sklaven roch es im Innern stark nach Ochsen, was mich in Verbindung mit dem Gestank ranzigen Olivenöls schließlich vertrieb.
    Auch die anderen Apparate verschafften mir kaum mehr Aufschluß. Sie waren alle genauso genial konstruiert und liebevoll gebaut. Ich vermutete, daß die konventionelleren Maschinen alle irgendeine von Iphikrates entworfene Verbesserung enthielten, und sei es nur die Leichtigkeit, mit der man sie transportieren und wieder zusammenbauen konnte.
    »Was machen wir jetzt?« fragte Hermes, als ich von der Rampe herabstieg.
    »Wir könnten uns die Gebäude einmal näher ansehen«, sagte ich, »aber wahrscheinlich sind es bloß Baracken und Lagerräume. Was immer auch vor sich geht, es geschieht in Alexandria. Dies ist nur ein Ausbildungsgelände und Waffenlager.« Ich dachte eine Weile nach. »Vielleicht wäre es lustig, alles anzuzünden.«
    »Au ja!« Ich konnte das Grinsen in seiner Stimme förmlich hören. »Ich könnte eine Fackel aus einem der Gebäude stiebitzen. Und in den Lagerhäusern muß es jede Menge Ölfässer geben,

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