Der Musentempel
melden, aber ich bin sicher, seine Majestät wird mit dem größten Vergnügen einen Boten in deinem Namen schicken. Rom gefällig zu sein ist stets unser glühendstes Verlangen.«
Ich hätte ihn küssen können. »Diesen Rat werde ich auf der Stelle befolgen, mein Freund Sethotep. Und jetzt muß ich los.«
»Aber es gibt noch so viel Wissenswertes über den See zu erfahren«, sagte er.
»Ein anderes Mal. Ich habe im Palast eine Verabredung, die nicht warten kann.«
Er schien unglücklich, mich gehen lassen zu müssen, was ich gut verstehen konnte. Ein Beamter trifft selten Menschen, mit denen er sich unterhalten kann, mit Ausnahme der Mitarbeiter in seinem Büro. Für mich war der Besuch nicht vergeblich gewesen. Jetzt hatte ich das Gefühl, etwas berichten zu können.
Creticus blickte mürrisch von seinem Schreibtisch auf.
Offensichtlich hatte ich am Abend zuvor eine Party verpaßt. »Das war aber ein kurzer Jagdausflug. Hast du etwas erlegt?«
»Nein, aber ich habe eine vielversprechende Fundgrube auf getan. Können wir sensible Angelegenheiten hier offen besprechen?«
»Hast du eine Verschwörung nach deinem Gefallen gefunden? Also gut, laß uns eine Runde durch den Garten machen. Ich habe den Verdacht, daß einige der Botschaftssklaven weit mehr Latein verstehen, als sie zugeben.«
In dem kleinen Gärtchen mit den Olivenbäumen berichtete ich ihm von meinen Entdeckungen und meinem Verdacht. Er nickte ernst, aber das war reine Gewohnheit. Es ist eine Fertigkeit, die jeder römische Politiker lernt. Er hätte genausogut die Chancen beim nächsten Rennen kalkulieren können.
»Das klingt ominös«, gab er zu, als ich fertig war. »Aber warum macht es dich so glücklich, herausgefunden zu haben, daß es Achillas' Land ist? Mal abgesehen davon, daß du mit einem beherzten Schlag seinen Leutnant außer Gefecht gesetzt hast - eine Tatsache, die insgeheim fast den ganzen Hof entzückt.«
»Warum? Weil das heißt, daß nicht Ptolemaios dahinter steckt«, sagte ich.
»Und warum macht dich das glücklich?«
»Zunächst einmal, weil es bedeutet, daß Ptolemaios seinen eigenen aufsässigen Fürsten disziplinieren kann, so daß Rom nicht offen eingreifen muß, was die ägyptischen Gefühle schont.
Und zweitens - na ja, ich mag den alten Hanswurst halt. Er ist harmlos und ein angenehmer Gesellschafter, wenn er bei Bewußtsein ist, und ich glaube nicht, daß er Rom feindlich gesonnen ist.«
Creticus schüttelte den Kopf. »Decius, du hast ein feines Gespür für das Abwegige und Verborgene, aber dein Blick für das Offensichtliche läßt einiges zu wünschen übrig.« »Was willst du damit sagen?« fragte ich.
»Etliche Schiffsladungen Holz, hast du gesagt?«
»Mindestens.«
»Und dieser riesige Turm ist komplett mit Eisen beschlagen?«
»Glaubst du vielleicht, ich würde übertreiben? Er ist von oben bis unten mit dem Zeug überzogen - oh, ich verstehe.«
»Genau! Für wie reich hältst du diesen Achillas? In Ägypten gibt es keine Adeligen, die so reich sind wie Crassus, und so viel Eisen auf einmal herschaffen zu lassen, würde ein kleines Königreich ruinieren.«
Darauf hätte ich selbst kommen können. Als Sethotep mir erzählte, daß Achillas der jüngere von zwei Söhnen war, hätte mir klar werden müssen, daß Achillas wahrscheinlich wenig mehr besaß als seine Waffen und seine Arroganz. Hinter diesen militärischen Apparaturen hingegen steckte viel Geld.
»Aber Ptolemaios ist ein Bettler!« wandte ich ein.
»Man fragt sich doch, wo das ganze Geld geblieben ist, daß wir ihm gegeben haben, oder nicht?«
Tausend Gedanken auf einmal schossen mir durch den Kopf.
Selbst wenn ich meine reuevolle Zuneigung zu dem alten Weinschlauch außer acht ließ, konnte ich mir Ptolemaios nicht als führenden Kopf einer Verschwörung vorstellen, die mittels überlegener Kriegstechnik nach der Macht zu greifen suchte.
Mir kam eine andere Idee.
»Vielleicht ist Achillas der Agent einer Horde dieser mißmutigen Satrapen und Nomarchen, von denen wir gehört haben«, vermutete ich wahllos.
»Das kommt der Sache schon näher. Obwohl ich mir nicht vorstellen kann, wie es ihnen gelingen sollte, ihren Reichtum in ein gemeinsames Projekt einzubringen und das Ganze geheim zu halten. Verbale Unterstützung, ja; auch die Zusage von Hilfe und ein Bündnis, wenn der Krieg erst einmal begonnen hat, halte ich für denkbar. Aber freiwillig größere Summen Geld hergeben? Dafür sind diese kleinen makedonischen und ägyptischen
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