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Der Musentempel

Der Musentempel

Titel: Der Musentempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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sollen, daß man sich darum schon kümmern würde.
    Als Berenikes Gesellschaft eintraf, stürmte ihr eine Vorhut von hundert makedonischen Soldaten voraus, die der königlichen Sänfte wie ein fliegender Knüppel den Weg bahnte.
    Die Männer waren in der strahlenden Bronzerüstung und mit dem hochaufragenden purpurnen Federbusch der Palastwache gekleidet. Dahinter folgte Berenikes riesiger Palankin mit ihren privaten Lieblingsgästen einschließlich Julia und Fausta, einer Horde Sklaven, Zwergen und Tänzer sowie zahllose zischende Geparde und umher tollende Paviane.
    »Es freut mich, daß du entschieden hast, dich uns anzuschließen!« brüllte Berenike über dem allgemeinen Getöse.
    »Schließt euch hinten an. Die anderen werden euch den Weg bahnen.«
    Wir taten, wie uns geheißen, was uns ärgerliche Blicke der Passagiere der beiden anderen Sänften eintrug, die so von ihrer Gottheit getrennt wurden. Achillas, welcher in der zweiten der beiden Sänften saß, starrte mich besonders haßerfüllt an. Es überraschte mich nicht, ihn hier zu sehen. Dann ging es mit Flötenklängen und Trommelschlägen, Harfenzupfen und Sistrageschepper los.
    Trotz der Soldateska, die uns den Weg räumte, kamen wir nur gemächlich voran. Vom Palast nahmen wir die Straße des Argeus in südlicher Richtung bis zur Kanopis-Straße, wo wir uns wie eine Prozession von Kriegsschiffen, die an einem ruhigen Tag in den Hafen einläuft, westwärts wandten. Die Menschenmassen jubelten uns zu und stimmten Berenikes Lobpreis an, auch wenn sie von den Speeren ihrer Soldaten aus dem Weg gestoßen wurden. Wir wurden mit Blumen überschüttet, weil offensichtlich jeder Girlanden trug: Etliche Passanten waren auch mit Schlangen drapiert, mit denen sie uns jedoch dankenswerterweise nicht bewarfen.
    »Es läßt sich an, wie ein launiger Tag«, meinte Rufus, dessen Haupt inzwischen von einem Rosenkranz geziert wurde.
    »In der Nähe des Tempels muß es ziemlich rauh zugehen«, bemerkte ich, meinen Weinbecher hochhaltend, den Hermes sofort wieder füllte.
    »Wenn es in dem Tempo weitergeht, verpassen wir noch die Rede der Statue«, meinte ein Angestellter der Botschaft.
    »Keine Angst«, erklärte ich ihm. »Der Gott wird bestimmt nicht sprechen, bevor die Prinzessin und die wichtigsten Würdenträger eingetroffen sind.«
    »Wenn dieser Gott königlichen Hoheiten so viel Respekt erweist«, sagte Rufus, »warum hat er sich dann einen schmierigen, kleinen Propheten aus dem Orient als sein Werkzeug ausgesucht?«
    »Ausländische Götter sind schon seltsam, nicht wahr?«
    pflichtete ich ihm bei. »Unsere Götter tun ihren Willen mit Hilfe von Omen kund, die sie den Auguren schicken; ein ordentliches und vernünftiges Verfahren. Orientalische Gottheiten sind im ganzen ein emotionaler und irrationaler Haufen. Sie sind zum großen Teil abhängig von Begeisterung, verschlüsselten Äußerungen und merkwürdigen Zufällen. Obwohl sich diese Zufälle gelegentlich als durchaus wohlgefällig für bestimmte Parteien erweisen können.«
    »Häh?« sagte Rufus. »Du schwafelst wieder, Decius.«
    »Ich schlage dir eine kleine Wette vor«, sagte ich. »Ich setze fünfhundert Denarii darauf, daß dieser Gott eine plötzliche Veränderung der ägyptischrömischen Beziehungen vorhersagt.«
    »Weißt du was, Decius«, erwiderte er. »Mich kannst du nicht reinlegen. Du wettest auf Wagen und Gladiatoren, weil du dich für einen Experten hältst. Du würdest mir eine derartige Wette nicht anbieten, wenn du nicht irgendwelche geheimen Informationen hättest. Also was ist es? Hast du eine der Priesterinnen für eine heimliche Flagellation getroffen?«
    »Keineswegs«, sagte ich, in meiner Würde gekränkt. »Ich bin durch reine Deduktion zu diesem Schluß gekommen.« Das brachte mir allgemeines Gelächter und Gejohle ein.
    »Du hast dich zu lange mit diesen verstaubten Philosophen rumgetrieben, Metellus«, meinte einer. »Du fängst schon an, dich selbst für einen zu halten. Deduktion, hört, hört!«
    »Und«, fuhr ich fort, ohne sie zu beachten, »ich möchte, daß ihr alle gegen über Creticus bezeugt, daß ich es vorhergesagt habe. Sonst denkt er, ich hätte es mir hinterher ausgedacht.«
    »Du hast zu tief in den Becher geschaut«, beharrte Rufus. Die anderen stimmten ihm lautstark zu. »Dann«, sagte ich mit zusammengebissenen Zähnen und Blut witternd, »habt ihr alle bestimmt nichts dagegen, fünfhundert Denarii darauf zu wetten, daß ich falsch liege.«
    Das brachte sie

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