Der mysterioese Zylinder
sein Kopf schlug gegen meine Beine. Ich wußte nicht, was ich tun sollte. Ich konnte nicht um Hilfe rufen – ich weiß nicht, warum, aber ich konnte einfach nicht; ich beugte mich zu ihm hinunter, dachte, er wäre betrunken, krank oder sonst etwas, und wollte ihn hochheben. Darüber, was ich danach zu tun hätte, hatte ich keine Vorstellung …«
»Ich weiß, was Sie empfunden haben, Pusak. Machen Sie weiter.«
»Dann passierte das, wovon ich dem Polizisten erzählt habe. Ich hatte gerade seinen Kopf zu packen bekommen, als ich merkte, wie seine Hand nach oben kam und nach meiner griff, genau so, als würde er verzweifelt versuchen, Halt zu finden. Dann stöhnte er. Es war so leise, daß ich es kaum hören konnte, aber es war so was von furchtbar. Ich kann es nicht genau beschreiben …«
»Jetzt kommen wir voran«, sagte der Inspektor. »Was dann?«
»Dann sprach er. Es war kein richtiges Sprechen, es war mehr wie ein Gurgeln, so als würde er ersticken. Er sagte ein paar Worte, die ich nicht verstand, aber ich begriff, daß da jemand nicht einfach nur krank oder betrunken war. Ich beugte mich also noch tiefer hinunter und hörte genau hin. Ich hörte ihn keuchen, ›Es war Mord … Bin ermordet worden …‹ oder so etwas.«
»Er sagte also ›Es war Mord‹?« Der Inspektor schaute Pusak scharf an. »Nun gut. Das muß Ihnen einen ziemlichen Schock versetzt haben, Pusak.« Dann fuhr er ihn auf einmal an: »Sind Sie sicher, daß der Mann ›Mord‹ sagte?«
»Genau das hab’ ich gehört, Sir. Ich hab’ gute Ohren«, sagte Pusak verbissen.
»Gut.« Queen lächelte wieder entspannt. »Ich wollte nur ganz sichergehen. Was haben Sie dann gemacht?«
»Dann spürte ich, wie er sich noch einmal aufbäumte und plötzlich in meinen Armen schlaff wurde. Ich hatte Angst, er wäre tot; ich weiß nicht wie – aber das nächste, woran ich mich erinnere, ist, daß ich das alles ein Stück weiter hinten dem Polizisten erzählte, diesem da.« Er zeigte auf Doyle, der unbeteiligt auf seinen Fersen hin und her wippte.
»Und das ist alles?«
»Ja, Sir. Jawohl. Das ist alles, was ich darüber weiß«, sagte Pusak mit einem Seufzer der Erleichterung.
Queen packte ihn vorne an seinem Kragen und schnauzte ihn an: »Das ist nicht alles, Pusak. Sie haben vor allen Dingen vergessen, uns zu erzählen, warum Sie Ihren Platz verlassen haben.« Er blickte dem kleinen Mann genau in die Augen.
Pusak hustete, schwankte einen Augenblick unentschlossen hin und her, so als wäre er sich über seine nächsten Worte nicht ganz im klaren, beugte sich dann aber etwas nach vorne und flüsterte dem erstaunten Inspektor etwas ins Ohr.
»Oh!« Queens Lippen zeigten den Anflug eines Lächelns, aber er sagte ernst: »Ich verstehe, Pusak. Vielen Dank für Ihre Hilfe. Es ist nun alles in Ordnung. Sie dürfen jetzt auf Ihren Platz zurückkehren und dann später mit den anderen das Gebäude verlassen.« Eine Handbewegung zeigte an, daß er entlassen war. Pusak schlich, nachdem er noch einen jammervollen Blick auf die Leiche geworfen hatte, die Rückseite der letzten Reihe entlang und tauchte wieder an der Seite des Mädchens auf. Sie zog ihn sofort in eine zwar im Flüsterton gehaltene, aber dennoch angeregte Unterhaltung.
Als der Inspektor sich leise lächelnd zu Velie umwandte, wirkte Ellery ein wenig ungeduldig, setzte zu reden an, überlegte es sich dann aber anders, zog sich schließlich nach hinten zurück und verschwand aus dem Blickfeld.
»Nun gut, Thomas«, seufzte der Inspektor. »Dann wollen wir mal einen Blick auf den Burschen werfen.«
Er kniete zwischen den beiden Reihen nieder und beugte sich gewandt über den toten Mann. Trotz der guten Beleuchtung durch die Deckenlampen war es am Fußboden in dem beengten Raum zwischen den Sitzreihen dunkel. Velie knipste eine Taschenlampe an und neigte sich etwas nach vorne über den Inspektor, um den hellen Lichtstrahl immer dorthin bewegen zu können, wo die Hände des Inspektors gerade umherwanderten. Schweigend zeigte Queen auf einen häßlichen braunen Fleck auf der sonst so makellosen Hemdbrust.
»Blut?« fragte Velie brummend.
Der Inspektor beschnupperte sehr sorgsam das Hemd. »Nichts Schlimmeres als Whisky«, gab er zurück.
Geschwind fuhr er mit den Händen über den Körper, befühlte die Herzgegend und den Hals – dort, wo der Kragen gelockert war – und schaute dann zu Velie auf.
»Es sieht wirklich nach Gift aus, Thomas. Könntest du mir diesen Dr. Stuttgard mal herholen? Ich würde gerne seine
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