Der mysterioese Zylinder
Tür, nachdem er ihr zuvor noch einen väterlichen Blick zugeworfen hatte.
Im Wohnzimmer begannen die vier Männer sofort mit einer eiligen, aber gründlichen Durchsuchung. Auf eine Anordnung des Inspektors hin durchstöberten Hagstrom und Piggott die Schubladen eines mit Schnitzereien verzierten Schreibtisches in einer Ecke des Raumes. Ellery durchblätterte interessiert die Seiten des Buches über die Deutung der Persönlichkeit aus der Handschrift. Queen strich unentwegt umher; er verschwand mit seinem Kopf in einer Kleiderkammer direkt am Eingang des Zimmers, von der Diele aus gesehen. Es war ein geräumiger Aufbewahrungsort für Kleider – die verschiedensten Mäntel, Überzieher, Capes und ähnliches waren dort aufgehängt. Der Inspektor durchwühlte die Taschen. Diverse Gegenstände kamen zum Vorschein – Taschentücher, alte Briefe, Schlüssel, Brieftaschen. Er legte sie beiseite. Auf dem oberen Regalbrett lagen mehrere Hüte.
»Ellery – Hüte«, brummte er.
Ellery kam durchs Zimmer geeilt und stopfte sich das Buch, das er gerade las, in die Tasche. Sein Vater wies bedeutungsvoll auf die Hüte; beide langten sie hinauf, um sie zu untersuchen. Es waren vier Hüte – ein ausgeblichener Panamahut, zwei Hüte aus weichem Filz, einer grau, der andere braun, und ein steifer runder Filzhut. Alle trugen sie innen das Zeichen des Herstellers – Browne Bros.
Die beiden Männer beschauten sich die Hute von allen Seiten. Sie bemerkten sofort, daß drei davon kein Futter hatten
– der Panamahut und die zwei aus weichem Filz. Den vierten Hut, eine wirklich vorzügliche Melone, unterzog Queen einer gründlichen Untersuchung. Er tastete das Futter ab, schob das Schweißband zur Seite und schüttelte dann den Kopf.
»Um ganz ehrlich zu sein, Ellery«, sagte er langsam, »weiß ich selbst nicht so genau, warum ich gerade von diesen Hüten einen Anhaltspunkt erwarten sollte. Wir wissen, daß Field gestern abend einen Zylinder trug, und offensichtlich ist es völlig ausgeschlossen, daß sich dieser Hut hier in der Wohnung befindet. Wie wir herausgefunden haben, befand sich der Mörder noch im Theater, als wir dort ankamen. Ritter war um elf Uhr hier. Der Zylinder konnte daher überhaupt nicht hierher zurückgebracht werden. Schließlich, welchen erdenklichen Grund hätte denn der Mörder für eine solche Tat haben sollen, selbst wenn er tatsächlich dazu in der Lage war? Er muß gewußt haben, daß wir Fields Wohnung sofort durchsuchen würden. Ich glaube, ich fühle mich ein wenig angeschlagen, Ellery. Aus diesen Hüten läßt sich nichts rausholen.« Verärgert warf er die Melone wieder zurück auf das Ablagebrett.
Ellery stand nachdenklich und ernst da. »Du hast ganz recht, Vater, diese Hüte haben keine Bedeutung. Aber ich habe das unbestimmte Gefühl … Übrigens!« Er richtete sich auf und nahm seinen Kneifer ab. »Ist dir letzte Nacht eigentlich aufgefallen, daß außer dem Hut vielleicht noch ein anderer Gegenstand aus dem Besitz von Mr. Field gefehlt hat?«
»Ich wünschte, alle Fragen ließen sich so leicht beantworten«, sagte Queen verbissen. »Natürlich – ein Spazierstock. Aber was hätte ich deshalb schon unternehmen können? Einmal angenommen, Field hätte einen mit ins Theater gebracht – für jemanden, der ohne Spazierstock ins Theater gekommen war, wäre es ziemlich leicht gewesen, das Theater mit dem von Field wieder zu verlassen. Wie hätten wir ihn aufhalten oder den Stock erkennen können? Deshalb habe ich daran zunächst keinen Gedanken verschwendet. Und sollte er sich immer noch auf dem Theatergelände befinden, wird er dort auch bleiben, keine Sorge.«
Ellery schmunzelte. »Als Ausdruck meiner Bewunderung für deine überragenden geistigen Fähigkeiten sollte ich an dieser Stelle in der Lage sein, Shelley oder Wordsworth zu zitieren«, sagte er. »Aber ich kann im Moment an keinen poetischeren Satz denken als ›Du hast mich wieder einmal an der Nase herumgeführt‹. Bis gerade eben habe ich überhaupt nicht daran gedacht. Aber das Entscheidende ist: Es ist kein einziger Stock in diesem Schrank. Wenn jemand wie Field so ein Renommierstöckchen für die Abendgarderobe besessen hätte, hätte er sicher auch noch andere Stöcke passend zu den jeweiligen Anzügen sein eigen genannt. Wenn wir nicht noch Stöcke im Schlafzimmerschrank finden – was ich bezweifele, da die gesamte Oberbekleidung hier zu sein scheint –, schließt das also die Möglichkeit aus, daß Field gestern abend einen Stock
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