Der mysterioese Zylinder
bei sich trug. Ergo – können wir das Ganze auch wieder vergessen.«
»Nicht schlecht, El«, antwortete der Inspektor abwesend. »Daran hatte ich nicht gedacht. Nun – wir wollen sehen, wie die Männer vorankommen.«
Sie gingen quer durch das Zimmer hinüber zu Hagstrom und Piggott, die gerade den Schreibtisch durchwühlten. Auf der Schreibtischplatte hatte sich bereits ein kleiner Stapel aus Blättern und Briefen angesammelt.
»Irgend etwas Interessantes gefunden?« fragte Queen.
»Nichts von Bedeutung, soweit ich es beurteilen kann, Inspektor«, antwortete Piggott. »Nur der übliche Kram: ein paar Briefe, vor allem von dieser Russo – ganz schön heiße Sachen! –, Rechnungen, Quittungen und so weiter. Ich glaub’ nicht, daß Sie hier drunter was finden werden.«
Queen ging die Blätter durch. »Nein, wirklich nichts Besonderes«, mußte er zugeben. »Gut, dann wollen wir mal weitermachen.« Sie räumten die Papiere wieder in den Schreibtisch zurück. Piggott und Hagstrom durchsuchten zügig das Zimmer. Sie klopften die Möbel ab, faßten unter die Polsterkissen, schauten unter dem Teppich nach; sie gingen sorgfältig und nach allen Regeln der Kunst vor. Queen und Ellery schauten ihnen schweigend zu, als die Tür zum Schlafzimmer aufging. Mrs. Russo erschien dort in einem keß wirkenden braunen Straßenkostüm mit Hut. Sie blieb in der Tür stehen und besah sich die Szene mit weit aufgerissenen und unschuldig wirkenden Augen. Die beiden Detectives fuhren mit ihrer Arbeit fort, ohne aufzuschauen.
»Was machen die da, Inspektor?« erkundigte sie sich in gelangweiltem Ton. »Suchen sie nach Schmucksachen?« Aber ihr Blick war nun durchdringend und voller Interesse.
»Für eine Frau haben Sie sich aber bemerkenswert rasch angekleidet, Mrs. Russo«, sagte der Inspektor bewundernd. »Sie gehen nach Hause?«
Sie warf ihm einen Blick zu. »Ja, sicher«, antwortete sie und schaute weg.
»Und Sie wohnen wo…?« Sie nannte ihm eine Adresse in der MacDougal Street in Greenwich Village.
»Vielen Dank«, sagte Queen höflich und machte sich eine Notiz. Dann ging sie auf die Haustür zu. »Oh, Mrs. Russo!« Sie wandte sich um. »Bevor Sie gehen – könnten Sie uns vielleicht noch etwas über Mr. Fields Trinkgewohnheiten sagen. War er das, was Sie einen starken Trinker nennen würden?«
Die Frage schien sie zu belustigen. »Wenn das alles ist«, sagte sie lachend. »Ja und nein. Ich habe ihn schon eine halbe Nacht durchsaufen sehen, und er schien nüchtern wie ein Pfarrer. Ein anderes Mal war er schon nach ein paar Gläschen total betrunken. Das kam ganz darauf an, verstehen Sie?« Sie mußte erneut lachen.
»Ja, das geht manchem von uns so«, murmelte der Inspektor. »Ich möchte nicht, daß Sie in Schwierigkeiten kommen, Mrs. Russo – aber vielleicht wissen Sie, woher er seinen Whisky bezog?«
Sie hörte auf der Stelle auf zu lachen; in ihrem Gesicht stand ehrliche Entrüstung. »Was denken Sie eigentlich von mir?« wollte sie wissen. »Ich habe keine Ahnung. Aber selbst wenn ich etwas wüßte, würde ich nichts sagen. Glauben Sie mir, es gibt eine Reihe wirklich hart arbeitender Alkoholschmuggler, die den Kerlen, die versuchen, sie einzulochen, haushoch überlegen sind.«
»So ist nun mal das Leben«, erwiderte Queen beschwichtigend. »Trotzdem, meine Liebe«, fuhr er sanft fort, »bin ich sicher, daß Sie mir, wenn ich diese Information wirklich brauchen sollte, darüber Auskunft erteilen werden. Nicht wahr?« Einen Moment lang herrschte Schweigen. »Ich denke, das war zunächst alles, Mrs. Russo. Bitte bleiben Sie in der Stadt. Es könnte sein, daß wir Ihre Aussage bald brauchen.«
»Also – bis dann«, sagte sie und warf den Kopf zurück. Sie ging hinaus in die Diele.
»Mrs. Russo!« rief Queen auf einmal mit schneidender Stimme. Die Hand bereits auf dem Türgriff, wandte sie sich um. Das Lächeln erstarb auf ihren Lippen. »Wissen Sie eigentlich, was Ben Morgan gemacht hat, seitdem er und Field sich voneinander getrennt haben?«
Ihre Antwort kam nach einem winzigen Zögern. »Wer ist das?« fragte sie und legte dabei die Stirn in Falten.
Queen stand mitten auf dem Teppich. »Ist unwichtig. Guten Tag«, sagte er bekümmert und drehte ihr den Rücken zu. Die Tür schlug zu. Kurz darauf spazierte Hagstrom hinaus; Piggott, Queen und Ellery blieben in der Wohnung zurück.
Wie von einem einzigen Gedanken getrieben, stürzten sie ins Schlafzimmer. Es war offensichtlich so, wie sie es auch verlassen hatten. Das Bett war
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