Der mysterioese Zylinder
Kapitel
in welchem die Queens die feine Gesellschaft unsicher machen
Am Mittwochmorgen servierte Djuna einem gedankenverlorenen Inspektor und einem schwatzenden Ellery den Kaffee. Das Telefon läutete. Beide, Ellery und sein Vater, sprangen auf.
»Halt! Was machst du?« rief der Inspektor. »Es ist für mich; ich erwarte einen Anruf.«
»Aber, aber, mein Herr! Du wirst doch wohl einem Bücherliebhaber nicht verwehren, sein eigenes Telefon zu benutzen«, erwiderte Ellery. »Ich hab’ so das Gefühl, daß das mein werter Buchhändler ist, der mich wegen der seltenen Falconer-Ausgabe anruft.«
»Schau, Ellery, fang jetzt nicht an …« Während sie sich noch gutmütig über den Tisch hinweg gegenseitig aufzogen, nahm Djuna den Hörer ab.
»Den Inspektor – den Inspektor, sagten Sie? Inspektor …« sagte Djuna und hielt grinsend den Telefonhörer gegen seine schmale Brust, »es ist für Sie.«
Ellery ließ sich auf seinen Stuhl sinken, während Queen mit triumphierender Miene nach dem Apparat griff. »Ja?«
»Hier ist Stoates aus Fields Büro«, erklang munter eine jungenhafte Stimme. »Ich möchte Sie mit Mr. Cronin verbinden.«
Erwartungsvoll legte sich des Inspektors Stirn in Falten. Ellery lauschte aufmerksam, und sogar Djuna, in dessen kantigem Gesicht sich die Aufmerksamkeit eines Schimpansen zeigte, blieb wie angewurzelt in seiner Ecke stehen, so als würde auch er eine wichtige Nachricht erwarten. In dieser Hinsicht ähnelte er sehr seinen Verwandten im Tierreich – in seinem Gesichtsausdruck und in seiner Haltung war etwas Flinkes, eine aufgeweckte Neugierde, die die Queens immer wieder entzückte.
Schließlich drang eine hohe Stimme durch den Hörer. »Hier spricht Tim Cronin, Inspektor«, sagte sie. »Wie geht es Ihnen? Ich hab’ Sie ja schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen.«
»Man wird älter, Tim, aber sonst hat sich nicht viel geändert«, antwortete Queen. »Was gibt’s? Haben Sie was entdeckt?«
»Nun, das ist wirklich das Eigenartigste an der ganzen Sache, Inspektor«, erklang Cronins aufgeregte Stimme. »Wie Sie wissen, bin ich schon seit Jahren hinter diesem Vogel Field her. Er ist mein ganz persönliches Schreckgespenst, solange ich zurückdenken kann. Der Staatsanwalt sagte mir, daß er Ihnen die ganze Geschichte vorletzte Nacht erzählt hat; ich muß also nicht mehr in die Einzelheiten gehen. Aber in all diesen Jahren des Beobachtens, des Wartens und des Herumstöberns ist es mir nie gelungen, gegen diesen Gauner ein einziges Beweisstück zu finden, das ihn hätte vor Gericht bringen können. Und er war ein Gauner, Inspektor. Darauf würde ich mein Leben verwetten … Nun, das ist die alte Geschichte. So wie ich Field kannte, hätte ich wirklich auch nichts anderes erwarten sollen. Und doch – nun, insgeheim habe ich darum gefleht, daß er irgendwann, irgendwie einen Fehler macht und daß ich ihn dann festnageln würde, wenn ich seine persönlichen Aufzeichnungen in die Hände bekommen könnte. Inspektor – es ist nichts damit anzufangen.«
In Queens Gesicht erschien ein Anflug von Enttäuschung; Ellery registrierte das mit einem Seufzen, stand auf und ging ruhelos im Raum auf und ab.
»Wir können wohl nichts dran ändern, Tim«, erwiderte Queen und bemühte sich, herzlich zu klingen. »Nur keine Sorge – wir haben noch andere Eisen im Feuer.«
»Inspektor«, sagte Cronin hastig, »Sie werden alle Hände voll zu tun haben. Field war ein wirklich durchtriebener Bursche. Und für mich sieht es so aus, daß derjenige, dem es gelang, ihn zu überlisten, genauso durchtrieben sein muß. Anders ist es gar nicht möglich, übrigens sind wir noch nicht zur Hälfte mit den Akten durch, und vielleicht gibt das, was wir durchgeschaut haben, doch noch etwas mehr her, als es sich eben angehört hat. Eine ganze Menge hier weist doch auf eine etwas zwielichtige Tätigkeit Fields hin – das Problem ist, es gibt nichts wirklich Belastendes. Wir hoffen, wir werden noch etwas finden, wenn wir weitersuchen.«
»In Ordnung, Tim – machen Sie nur weiter so«, murmelte der Inspektor. »Und lassen Sie mich wissen, was Sie herausgefunden haben … Ist Lewin da?«
»Sie meinen den Bürovorsteher?« Cronin sprach auf einmal leiser. »Er ist hier irgendwo. Warum?«
»Sie sollten ihn genau im Auge behalten«, sagte Queen. »Ich habe den heimlichen Verdacht, daß er nicht so dumm ist, wie er sich gibt. Lassen Sie ihn nicht allzu ungestört mit den Geschäftsunterlagen, die da herumliegen. Er könnte durchaus
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