Der mysterioese Zylinder
rief er aus. »Dieses Bürschlein Stoates war vor nicht allzu langer Zeit hier; sah ziemlich leidend aus. Sagte, daß sich Cronin in Fields Büro die Haare raufen würde; sie haben immer noch nichts Belastendes in den Akten gefunden.«
»Bleib mir damit nur vom Leibe, Thomas«, sprudelte der Inspektor heraus. »Ich kann mich nicht auch noch mit einer so unwichtigen Sache wie ›wie kriege ich einen Toten hinter Gitter‹ herumschlagen. Ellery und ich …«
Das Telefon klingelte. Queen sprang nach vorne und schnappte sich den Apparat. Während er zuhörte, wich die Farbe aus seinen eingefallenen Wangen, und wieder einmal legte sich seine Stirn in Falten. Ellery beobachtete ihn voller Aufmerksamkeit.
»Inspektor«, erklang die gehetzte Stimme eines Mannes. »Hier spricht Hagstrom. Hab’ nur wenig Zeit – kann nicht viel erzählen. Bin den ganzen Morgen Angela Russo auf den Fersen; war ein hartes Stück Arbeit … Scheint gewußt zu haben, daß ich ihr folge … Vor einer halben Stunde dachte sie, sie hätte mich abgehängt – sie sprang in ein Taxi und raste stadteinwärts davon. … Und hören Sie mal, Inspektor – vor genau drei Minuten hab’ ich gesehen, wie sie Benjamin Morgans Büro betrat!«
»Schnappen Sie sie, sobald sie herauskommt«, schnauzte der Inspektor und knallte den Hörer auf die Gabel. Langsam wandte er sich dann zu Ellery und Velie herum und wiederholte Hagstroms Bericht. Ellerys Gesicht entwickelte sich zu einem Musterbeispiel finsteren Erstaunens. Velie schien unverkennbar erfreut zu sein.
Die Stimme des alten Mannes jedoch klang angestrengt, als er sich schwach auf seinen Drehstuhl setzte und schließlich ächzend sagte: »Was hat das nun wieder zu bedeuten?«
Fünfzehntes Kapitel
in welchem jemand beschuldigt wird
Detective Hagstrom war ein Mensch von phlegmatischer Natur. Er konnte seine Herkunft bis in die Berge Norwegens zurückverfolgen, wo Gleichmut eine Tugend war und Gelassenheit in höchstem Maße verehrt wurde. Als er aber an der glänzenden Marmorwand im zwanzigsten Stock des Maddern Building lehnte, dreißig Fuß von der in Bronze und Glas gearbeiteten Türe entfernt, die die Aufschrift
Benjamin Morgan Rechtsanwalt
trug, schlug sein Herz ein wenig schneller als gewöhnlich. Er trat nervös von einem Bein auf das andere, während er heftig ein Stück Kautabak kaute. Um die Wahrheit zu sagen, hatte Detective Hagstrom, der in Polizeidiensten bereits die unterschiedlichsten Erfahrungen gemacht hatte, noch niemals seine Hand auf die Schulter einer Frau gelegt mit der Absicht, diese zu verhaften. Er sah daher der auf ihn zukommenden Aufgabe mit einer gewissen Angst entgegen, da er sich nur zu gut an das hitzige Temperament der Dame erinnerte, auf die er nun wartete.
Seine Besorgnis war wohlbegründet. Nachdem er sich etwa zwanzig Minuten im Korridor aufgehalten hatte und sich bereits fragte, ob seine Beute nicht durch einen anderen Ausgang hinausgeschlüpft war, flog die Tür zu Benjamin Morgans Büro plötzlich auf, und es erschien die große, ansehnliche Gestalt von Mrs. Angela Russo. Sie trug ein modisches Tweedkostüm. Ihr sorgfältig zurechtgemachtes Gesicht war vor Zorn entstellt; sie schwang drohend ihre Handtasche, während sie mit energischen Schritten auf die Aufzüge zuging. Hagstrom sah kurz auf seine Uhr. Es war zehn Minuten vor zwölf. In kurzer Zeit würden die Büroangestellten zu ihrer Mittagspause hinausströmen, und er hatte die feste Absicht, seine Festnahme in der ruhigen, leeren Halle vorzunehmen.
Er richtete sich daher auf, zog seine orangeblaue Krawatte zurecht und trat mit gut gespielter Kaltblütigkeit auf die näherkommende Frau zu. Als sie ihn erblickte, verlangsamte sie ihren Gang merklich. In Erwartung eines Fluchtversuchs stürzte Detective Hagstrom auf sie zu. Aber Mrs. Angela Russo war von einem anderen Kaliber. Sie warf den Kopf zurück und trat ihm beherzt entgegen.
Hagstrom legte seine große rauhe Hand auf ihren Arm. »Ich nehme an, Sie wissen, was ich mit Ihnen vorhabe«, sagte er grimmig. »Kommen Sie mit, und machen Sie keinen Ärger, sonst leg’ ich Ihnen die Handschellen an.«
Mrs. Russo schüttelte seine Hand ab. »Meine Güte – Sie sind aber ein großer starker Bulle«, murmelte sie. »Was fällt Ihnen eigentlich ein?«
Hagstrom stierte sie an. »Keine Sprüche jetzt!« Sein Finger drückte energisch auf den ›Abwärts‹-Schalter des Aufzugs. »Sie halten einfach den Mund, und kommen mit mir!«
Sie schenkte ihm ein süßes
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