ihr spricht, so als könnten weder Gottesfurcht noch Frömmigkeit ihm den Frieden geben. So gibt er in qualvoller Flucht dem Irrationalen das Antlitz und seinem Gott die Eigenschaften des Absurden: ungerecht, inkonsequent und unbegreiflich. Nur sein Verstand versucht, das tiefe Verlangen des menschlichen Herzens zu unterdrücken. Da nichts bewiesen ist, kann alles bewiesen werden.
KIERKEGAARD selbst klärt uns über den eingeschlagenen Weg auf. Ich will hier nichts hineingeheimnissen, aber wie sollte man aus seinen Büchern nicht die Anzeichen einer nahezu freiwilligen seelischen Verstümmelung herauslesen, da ja die Verstümmelung zum Absurden gutgeheißen wird? Sie ist das Leitmotiv des
. Und später: Im übrigen macht derselbe Mann sich trotzdem den großen Hoffnungsschrei zu eigen, der so viele Jahrhunderte lang erscholl und so viele Herzen - außer dem Herzen des absurden Menschen - bewegt hat: Die Versöhnung durch das Ärgernis ist immer noch Versöhnung. Sie erlaubt, wie man sieht, Hoffnung zu schöpfen aus dem Gegenteil der Hoffnung, dem Tode. Aber selbst, wenn man aus Mitgefühl zu dieser Haltung neigen wollte, so muß man doch sagen, daß die Maßlosigkeit nichts rechtfertigt. Das übersteigt, wie es heißt, jedes menschliche Maß, es muß also übermenschlich sein. Aber dieses ist zu viel. Es gibt hier keinerlei logische Gewißheit. Auch keine durch Erfahrung gewonnene Wahrscheinlichkeit. Ich kann nur sagen, daß es tatsächlich mein Maß übersteigt. Wenn ich daraus keinen negativen Schluß ziehe, so will ich wenigstens auf dem Unbegreiflichen nichts aufbauen. Ich will wissen, ob ich mit dem, was ich weiß, und nur damit leben kann. Weiter sagt man mir, der Verstand müsse hier seinen Stolz ablegen, und die Vernunft müsse sich beugen. Aber wenn ich die Grenzen der Vernunft anerkenne, so leugne ich deshalb nicht die Vernunft selber, sondern erkenne ihre relative Macht an. Ich will mich nur auf dem Mittelweg halten, auf dem der Verstand klar bleiben kann. Wenn das sein Stolz ist, dann sehe ich keinen hinreichenden Grund dafür, auf ihn zu verzichten. Beispielsweise gibt es nichts Tieferes als KIERKEGAARDs Ansicht, daß die Verzweiflung keine Tatsache, sondern ein Zustand sei: der Zustand der Sünde. Denn die Sünde entfernt von Gott.Das Absurde, der metaphysische Zustand des bewußten Menschen, führt nicht zu Gott 10 . Vielleicht wird dieser Begriff klarer, wenn ich das Ungeheuerliche auszusprechen wage: das Absurde ist die Sünde ohne Gott.
Es geht darum, in diesem Zustande des Absurden zu leben. Ich weiß, worauf sie gegründet sind - dieser Geist und diese Welt, die sich gegenseitig stützen und sich nicht umarmen können. Ich brauche für diesen Zustand eine Lebensregel; was man mir aber vorschlägt, läßt das Grundlegende außer acht, leugnet den einen Begriff des schmerzlichen Gegensatzes und befiehlt mir, etwas aufzugeben. Ich brauche etwas, das der Lage, die ich als die meine erkenne, gerecht wird; ich weiß, daß sie Dunkel und Unwissenheit einschließt, und man versichert mir, diese Unwissenheit erkläre alles, und diese Nacht sei mein Licht. Man gibt mir aber keine Antwort, mit der ich etwas anfangen kann, und diese begeisternde Schwärmerei kann mir das Paradox nicht verbergen. Man muß also einen anderen Weg einschlagen. KIERKEGAARD ruft und verkündet: Dieser Schrei ist nicht dazu angetan, den absurden Menschen zurückzuhalten. Das Wahre suchen heißt nicht: das Wünschenswerte suchen. Wenn man sich, um der angstvollen Frage: zu entgehen, wie der Esel von den Rosen der Illusionen nähren