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Der Nachbar

Titel: Der Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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Martin. Die beiden sind einander sehr ähnlich.« Wieder folgte ein langes Schweigen. »Ich habe sie angelogen. Ich behauptete, sie ginge Eddy auf die Nerven, und er hätte mich aufgefordert, sie fortzubringen, bevor er anfinge, sie zu schlagen.«
    »Und da sind Sie dann ins Hotel gezogen?«
    Sie war wieder auf sicherem Boden. »Ja.«
    »Wie verhielt Amy sich?«
    »Die ersten Tage war sie schwierig, aber nur weil sie böse war, dass sie ihre Schule verlassen musste, ohne sich von jemandem verabschiedet zu haben. Sie hatte Angst, dass sie niemals Freunde finden würde, wenn wir ständig umzögen. Sie fragte mich immer wieder, warum wir nicht wieder nach Bournemouth ziehen könnten.«
    »Nicht nach Southampton?«
    »Nein. Eddy erwähnte sie mit keinem Wort.«
    »Und was für eine Erklärung haben Sie ihr gegeben?«
    »Ich sagte, wenn sie nach Bournemouth zurück wolle, müsse sie ohne mich bei ihrem Vater leben – und das wollte sie nicht. Sie sagte, sie wolle lieber bei mir bleiben.« Sie sah Tyler an, als suchte sie bei ihm Vergewisserung. »Das war keine Lüge, wissen Sie. In den Monaten, als wir mit Eddy zusammenlebten, hat Martin nicht ein Mal versucht, sie zu sehen oder mit ihr Verbindung aufzunehmen. Sie hat ihn ein paarmal angerufen – aber er hatte immer zu tun. Sie weiß, dass sie ihm nichts bedeutet. Sie wollte nicht bei ihm leben, jedenfalls nicht ohne mich, auch wenn das hier –«, sie umfasste die Küche mit einer kurzen Geste, »sicher nicht ihr Wunschtraum war.«
    Wie auch immer Tyler zuvor über Amy gedacht hatte – eher distanziert, wie er sich eingestand, weil eine professionelle Arbeitsauffassung dies von ihm verlangte –, er war entsetzt über die schreckliche Verunsicherung, die das Kind erlitten haben musste. Was war Liebe? Die resignierte Abhängigkeit von Männern, die ihre Mutter ihr vorlebte? Die Gleichgültigkeit ihres Vaters? Townsends Begierde? Flüchtige Schulfreundschaften? Bedeutete ein Lächeln Zuneigung? Tanzte und erzählte sie, um sich geliebt zu fühlen?
    »Hat Townsend versucht, mit Ihnen Kontakt aufzunehmen, nachdem Sie ihn verlassen hatten?«, fragte er Laura.
    »Das konnte er gar nicht. Er wusste nicht, wo wir waren.«
    »Und Ihr Mann auch nicht?«
    Laura schüttelte den Kopf.
    »Könnte Amy einem von ihnen die Nummer hier gegeben haben? Hat sie Briefe geschrieben? Hatte sie das Geld, um einen Anruf bezahlen oder Briefmarken kaufen zu können?«
    Sie verschränkte die Arme über der Brust und wiegte sich niedergeschlagen hin und her. »Das habe ich ihr ausdrücklich verboten.«
    »Aber Sie haben sie nicht gefragt?«
    »Ich war zu – ich hoffte...« Wieder schossen ihr Tränen in die Augen. »Sie hält mich für dumm... und ich kann es einfach nicht ertragen, wenn sie mich belügt.«
    Nein, dachte Tyler. Anstatt der Wahrheit ins Auge zu sehen, machst du dir lieber etwas vor. So weit wenigstens kannte sie sich selbst. Ob sie es sich jemals verzeihen würde, war eine andere Frage.
    Barry sagte, er könne sich nicht erinnern, dass Amy je zu Hause angerufen worden sei, meinte aber zustimmend, sie könne solche Anrufe morgens erhalten haben, bevor sie aus dem Haus zu gehen pflegte, ohne dass er oder Kimberley, die beide bis mittags schliefen, das mitbekommen hatten. Er berichtete weiter, dass sie in der ersten Ferienwoche mindestens drei Anrufe von einer öffentlichen Zelle im Ort aus gemacht habe.
    »Das war noch, bevor sie dann jeden Morgen verduftete«, sagte er. »Wir sind ein paarmal zu dritt in die Stadt gefahren. Einen Anruf hat sie am ersten Tag gleich gemacht und zwei am nächsten.«
    »Wie hat sie die Telefonate bezahlt?«
    »Sie hat R-Gespräche geführt.«
    »Hast du mitgehört? Hast du vielleicht den Namen der Person mitbekommen, die sie angerufen hat?«
    »Nee.«
    »Wo warst du, während sie telefoniert hat?«
    »Beim erstenmal ganz in der Nähe. Beim zweitenmal meilenweit weg.«
    »Dann hast du aber doch das erste Gespräch mitbekommen. Versuch, dich zu erinnern, Barry.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Mich hat das nicht interessiert. Und wenn einen was nicht interessiert, hört man auch nicht hin. Außerdem hat sie geheult, und das war ziemlich peinlich.« Beim ärgerlichen Stirnrunzeln des Inspectors sagte er kleinlaut: »Na ja, kann sein, dass es jemand war, dem sein Name mit ‘M’ anfängt, weil nämlich Kim hinterher gesagt hat, es wär sau unhöflich, jemand nur mit dem Anfangsbuchstaben von seinem Namen anzureden.«
    Tyler ging nach oben, um nach

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