Der Nacht ergeben
Miene nahm einen immer besorgteren Ausdruck an, während er stumm zuhörte. Als Dante seinen Bericht beendet hatte, stieß er einen wilden Fluch aus.
»Wer würde es wagen, eine solche Kreatur loszulassen?«
»Ein rücksichtsloser Dummkopf.«
»Ein Mensch, kein Zweifel«, stieß Viper zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Er hatte nie zu den Leuten gehört, die mit ihrer Verachtung für Sterbliche hinterm Berg hielten.
Dante zuckte mit den Achseln. Im Augenblick hatte er nicht die Zeit, darüber nachzudenken, wer hinter dem Angriff stecken mochte.
»Vielleicht. Im Moment geht es mir nur darum, Abby in Sicherheit zu bringen.«
Vipers Augen verengten sich. »Eine lobenswerte Absicht. Wie auch immer, ich hoffe, dass du ein oder zwei Wunder auf Lager hast, Dante. Zur Zeit ist deine Gefährtin für jedes Wesen in der Unterwelt der Heilige Gral.«
Ein Wunder? Dante lächelte gequält.Was einem Wunder am nächsten kam, war die Tatsache, dass Abby noch lebte und dass er noch nicht mit einem Holzpflock aufgespießt war.
»Keine Wunder, aber ich habe einen Plan«, gestand er widerstrebend.
»Ich hoffe, er beinhaltet ein Verschwinden für die nächsten Wochen.«
»Ich bringe sie zu den Hexen.«
Abrupt senkte sich ungläubiges Schweigen herab, bevor Viper hastig Dantes Arm ergriff und ihn in die dunkelsten Schatten des Ganges zerrte.
»Hast du vollkommen den Verstand verloren?«, knurrte Dantes Freund wütend. »Beim letzten Mal, als du diesen Hündinnen begegnet bist, haben sie dich wie einen Hund an die Leine gelegt. Dieses Mal kann es sehr gut sein, dass sie dich töten.«
Dante schob die Hände in seine Hosentaschen. Zum Teufel, er war ja kein Dummkopf. Oder zumindest kein vollkommener Dummkopf. Er war sich absolut im Klaren darüber, dass er, wenn es den Hexen so gefiel, wieder in Ketten gelegt werden konnte, wenn ihm nicht sogar etwas Schlimmeres zustieß.
»Ich habe keine andere Wahl«, sagte er steif.
»Warum?«
»Sie sind die Einzigen, die den Phönix aus Abby entfernen können.«
Viper wirkte, als sei er weit davon entfernt, von Dantes vollkommen vernünftiger Erklärung beeindruckt zu sein. Stattdessen starrte er Dante an, als dächte er über eine Zwangsjacke nach.
»Jetzt weiß ich, dass du wahnsinnig bist«, fuhr er ihn an. »Warum sonst solltest du dich an eine andere Person binden lassen wollen? Wenigstens bedeutest du dieser Frau etwas.«
Verbissen verschluss Dante seinen Geist vor der Versuchung. Er war nicht von Natur aus edelmütig. Oder aufopferungsvoll. Er nahm sich, was er wollte. Zur Hölle mit den Sterblichen.
Aber aus irgendeinem Grund hatten sich die Regeln verändert. Abby hatte dafür gesorgt.
»Es ist nicht ihre Bürde.«
»Aber auch nicht deine«, entgegnete Viper mit tödlicher Sanftheit. »Du hast sie nicht freiwillig übernommen.«
Langsam wandte Dante den Kopf, um die schlanke Gestalt anzusehen, die sich besorgt an der Tür herumdrückte. Er lächelte schief.
»Jetzt schon.«
»Du setzt alles für diese Frau aufs Spiel?«
»Alles«, gab Dante leise zu.
Es folgte eine kurze Stille, bevor Viper resigniert aufseufzte. »Du bist einfach wahnsinnig. Was kann ich tun, um zu helfen?«
Dante drehte sich wieder um. Sein Gesicht trug einen entschlossenen Ausdruck. »Vorerst sind deine Schlüssel alles, was ich brauche.«
Kapitel 8
Stunden später setzte Dante seine Jagd am stillen Stadtrand fort. Abby saß ausnahmsweise schweigend neben ihm und schluckte widerwillig ihren Kräutertrank. Dante hatte darauf bestanden, dass sie ihn trank.
Ihm wurde bewusst, dass sie zu still war, als er einen Blick in Richtung ihres feinen Profils warf, das vom Mondlicht in einen Silberton getaucht wurde.
Obwohl Abby immer sorgsam darauf achtete, andere Leute auf Abstand zu halten, war es nicht ihre Art, sich so vollkommen zu entziehen. Wenigstens hätte sie sich über die zwecklose Suche nach irgendeiner Spur von den Hexen beklagen können. Oder ihm eine Predigt über seine tödlichen Exgeliebten halten können. Oder ihm zumindest vorschreiben können, wie er zu fahren hatte.
Stattdessen hing sie in ihrem Sitz, trank ihr Kräutergebräu und... Dante war noch irritierter als vorher. Summte sie etwa?
Verdammt. Mit dieser Frau stimmte definitiv etwas nicht.
Er fuhr nun langsamer und räusperte sich vorsichtig. »Abby?«
»Mmmm?«
»Alles in Ordnung?«
»Ich habe bloß nachgedacht.«
Nun, das schien nicht so furchtbar schlimm zu sein. Zumindest war sie nicht in einen
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