Der Nachtelf (German Edition)
nahe an ihn herangetreten und nahm einen schweren, rauchigen Dunst wahr. Sie durfte jetzt nicht nachgeben. Herausfordernd sah sie ihm aus nächster Nähe in die Augen.
Der Dämonenanbeter grinste annähernd höflich. »Natürlich.« Er machte ihr Platz.
Dadalore unterdrückte einen erleichterten Seufzer und hastete hinaus. Sie schloss die Tür hinter sich. Jetzt endlich atmete sie auf. Alles in ihr schrie danach, einfach fortzulaufen. Aber das wäre das Schlimmste, was sie tun könnte. Sie durfte Bamulaus jetzt nicht aus ihrem Griff entlassen und Ghalikan ... Ghalikan könnte dort drinnen das Protokoll finden, das ihn belastete. Es lag offen auf dem Schreibtisch herum.
Sie musste sich beeilen. Dadalore nahm einen Lakaien vor der rückwärtigen Tür und beförderte die Scherben kurzerhand auf den Innenhof hinaus.
Neue Kraft erfüllte sie.
Sie wurde ruhiger.
So.
Sie kehrte in ihr Dienstzimmer zurück. Unwillkürlich wanderten ihre Augen zum Schreibtisch. Das Protokoll lag noch da. Ghalikan folgte ihrem Blick. Eine steile Falte trat auf seine Stirn.
»Geht es Euch gut, Eure Capitalobservatorin?«
»Es könnte mir kaum besser gehen.«
»Tatsächlich? Mir war nämlich, als hörte ich, wie auf dem Flur etwas zerstört wurde.«
Dadalore zögerte einen Augenblick zu lange. »Interessant. Vermutlich eine der Nebenwirkungen, wenn man so lange den Herrn der Zerstörung anbetet wie Ihr.«
In den Augen des Zauberpriesters blitzte es. Er wandte sich an Bamulaus. »Seid so freundlich und lasst uns allein. Ich habe Dinge zu sagen, die nur für die Ohren einer Dame bestimmt sind.« Während er dies sagte, strich er sich affektiert durch das Haar, ganz den Galan auf Freiersfüßen gebend.
Bamulaus setzte sich sofort in Bewegung.
»Nicht so schnell, Herr Capitalprotektor«, sagte Dadalore eisig.
Ghalikan sah von Bamulaus zu ihr. Ein feines Lächeln umspielte seine Lippen. »Ihr möchtet also, dass dieser Herr Zeuge der Dinge wird, die ich zu sagen habe?«
Dadalore überlegte fieberhaft. Sie musste Ghalikan stoppen, bevor er ihre Pflichtverletzung kund tun konnte. Aber ihr Kopf war wie leergefegt. Sie musste Zeit gewinnen! »Ich habe keine Geheimnisse vor meinen Untergebenen«, log sie.
»Ich möchte mich aber auch nicht aufdrängen«, warf Bamulaus ein.
Dadalore bleckte die Zähne. »Ich bitte dich, du störst doch nicht.«
Ghalikan streckte die Glieder wie nach einem ausgedehnten Mittagsschlaf. »Oh, ich könnte nie einer hübschen Frau einen Wunsch abschlagen. Sprechen wir also zu dritt über Euer unglückliches Gespräch mit dem Prinzipalprotektor.« Aus den letzten Worten troff die Häme.
Dadalore musste sofort handeln. »Gerne«, warf sie etwas zu schrill ein. »Ihr meint den gleichen Prinzipalprotektor, mit dem Ihr Euch an Marmara vergangen habt?«
Ghalikans Grinsen gefror.
Er machte eine Bewegung, als wolle er eine lästige Fliege verscheuchen. Für die Dauer eines Atemzuges rutschte dabei sein Burnus hoch und entblößte die grausige Knochenhand. Nun fiel der Stoff zurück und Ghalikan hatte zu seinem larmoyanten Ton zurückgefunden: »Ihr seid da möglicherweise ein paar unsinnigen Gerüchten aufgesessen. Das kann einer so jungen Ermittlerin gewiss einmal passieren.«
Dadalore sah auf das Protokoll, im gleichen Augenblick sah Ghalikan, wohin sie blickte. Und Dadalore gewahrte, dass Ghalikan ihren Blick bemerkt hatte. Sie stürzte vor und grapschte sich das Schriftstück. »Ich habe hier zufällig vier Zeugenaussagen, die alle übereinstimmend bestätigen, dass Ihr Euch mit Patmelu gemeinsam an einer Hure vergangen habt. Das könnte die Öffentlichkeit interessieren, meint Ihr nicht? Vielleicht möchtet Ihr meine Gegenwart zukünftig doch lieber meiden, andernfalls könnte es nämlich sein, dass ich die Unterlagen an eine Kollegin weitergebe, die nicht so nachsichtig ist wie ich.«
Der Hexer musterte sie verächtlich von Kopf bis Fuß. »Ach, so ist das.« Er umrundete sie, drehte einen Bogen um Bamulaus herum und ließ sie nicht aus den Augen. »Ihr erfindet Beweise, um Euren Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Für so skrupellos hatte ich Euch nicht gehalten. Und das nur, weil Ihr Angst vor ein wenig ehrlicher Zuneigung habt.«
Dadalore hielt die Pergamente eng an sich gepresst. Der Übermut trieb sie, noch höher zu spielen: »Ich erwarte von Euch ab sofort einen untadeligen Lebenswandel, Oberster Hexenmeister. Ansonsten sehe ich mich gezwungen, Euer Vergehen zur Anklage zu bringen.«
Ghalikan lachte
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