Der Nachtelf (German Edition)
Augen führen, dass es die toten Ruptu eigentlich gar nicht gab. Schließlich waren sie nur belebte Statuen. Später trieb er sich in der Nähe des Alten Badehauses herum. Er erzählte es mir. Er legte sich dort mit einer Bande von Straßenräubern an. Und tags darauf ging er wieder dorthin. Er wusste genau, wenn er dort verschwände, würde ich ihn früher oder später dort suchen lassen. Und ich würde den geheimen Kultraum finden.«
»Nichts wolltest du inniger, als diese Ermittlungen zum Erfolg führen. Es liegt in meiner Natur, dem zu entsprechen.«
Dadalore fragte mit schwerer Stimme: »So hast du alles, was du getan hast, nur getan, weil es dein Wesen ist?«
Valenuru sah mit dem Anflug eines Lächelns zurück. »Du möchtest wissen, ob ich dich liebe?«
Dadalore stand starr und schwieg.
»Menschen wie du ziehen mich magisch an. Du bist in vielerlei Hinsicht so voller unerfülltem Begehren. Ja, und du wolltest so sehnlich, dass dich jemand liebe, dass ich dich liebe.«
Dadalore versuchte, ganz ruhig zu bleiben. Ein Muskel in ihrem Mundwinkel zuckte.
»Das ist wirklich alles ganz zauberhaft.« Ghalikans Worte troffen vor Spott. »Nun, Mädchen, ich sehe: Du willst mir beweisen, was du für eine brillante Ermittlerin bist, und erzählst mir zum Beleg, dass dieser magische Wichtel dort dich zu allen entscheidenden Erkenntnissen getrieben hat. Das nenne ich wahrhaft eine überzeugende Vorstellung.«
Dadalore hätte zum Säbel greifen können. Und diesen niederträchtigen Reden ein für allemal ein Ende bereiten. Doch sie sah auf den jämmerlich zitternden König und kämpfte ihren Zorn nieder. »Ihr möchtet vielleicht wissen, wer Mhabubkar-Was-soll-es-kosten ermordete?«
Ghalikan stieß ein abfälliges Zischen aus. »Warum sollte es mich interessieren, wer irgendeinen jämmerlichen Strafgefangenen meuchelt?«
Dadalore grinste böse. »Oh, glaubt mir, es wird Euch interessieren!«
In Ghalikan erwachte offenbar das Misstrauen. Er musterte Valenuru.
»Seht mich bitte nicht so an, mein Beschwörer. Bei aller ungeheuren Macht, die mir zu eigen wird, sobald die Nacht hereingebrochen ist, liegt es doch nicht in meinen Möglichkeiten, Leben zu nehmen. Wenige menschliche Bedürfnisse sind so stark wie die Gier nach Leben. Der direkte Befehl zu töten, führt zu widerstreitenden Bedürfnissen. In einem solchen Fall kann ich gar nichts tun.«
»Er lügt«, blaffte Ghalikan. »Wer sollte es sonst gewesen sein?«
»Oh ja«, bestätigte Dadalore, »er ist ein Meister der Lüge und der Verwandlungskünste. Und dennoch hat er die Wahrheit gesprochen.«
»Ihr sprecht wirr. Es ist reine Zeitverschwendung, Euch zuzuhören.«
»Ihr hattet Euren Plan so schön gefasst. König Gowofred wurde mit einem Zauber der Verbotenen Künste versehen, der ihn und mich in den Tod reißen sollte, mitten bei der Achthundertjahrfeier. Ein Königsmord unter Unmengen von Zeugen. Und dennoch wäre die Tat niemals nachweisbar gewesen, denn niemand außer Euch hat noch Kenntnis der Verbotenen Künste. Aber der König lebt noch, wie Ihr wisst. Und auch mich hat Euer Zauber nicht niedergestreckt. Seltsam, nicht wahr?«
»Du niederträchtiges Spitzohr«, fauchte Ghalikan den Nachtelfen an. »Wenn ich herausbekomme, dass du mich einen falschen Zauber gelehrt hast, wird mein nächstes, wirklich tiefes Bedürfnis sein, dich zu foltern.«
Valenuru sah ein wenig unglücklich aus. »Mit einem so unschönen Begehren war ich vor kurzem erst konfrontiert. Bevor Ihr Euch zu so etwas hinreißen lasst, solltet Ihr wissen, dass mein Zauber tadellos funktionierte.«
»Lüge mich nicht an!«, fauchte der Hexenmeister. »Ich bin nicht blind.«
»Ja«, sagte Dadalore grimmig. »Die Frage ist nur, ob das, was Ihr gesehen habt, auch der Wahrheit entsprach. Ich war selbst verwirrt, als nichts geschah. Aber dann hatte ich die Gelegenheit, die Dinge einmal in Ruhe zu durchdenken. Ein solcher Zauber verfügt über einen einfachen Auslöser: Nähern sich Ihre Majestät und ich uns auf weniger als fünf Schritt, so ist es um uns geschehen. Wie also kann es sein, dass der Zauber nicht ausgelöst wird? Ganz einfach: Eine der drei Bedingungen war nicht erfüllt. Erstens: Die Entfernung betrug tatsächlich weniger als fünf Schritte.« Sie beobachtete Ghalikan aufmerksam.
»Zweitens: Ich war tatsächlich vor Ort.«
Sie konnte eine gewisse Befriedigung nicht verbergen, als das ungläubige Staunen in Ghalikans Augen trat.
»So bleibt drittens nur noch eine
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