Der Nachtelf (German Edition)
war.«
»Verfluchter Ankubu«, knurrte Ghalikan. »Viel zu spät erst fanden wir heraus, dass er für Osogo arbeitete. Annanaka beobachtete, wie er nachts den Palast verließ und wurde misstrauisch. Sie folgte ihm und stellte fest, dass er eine Nachricht in einem baufälligen Haus deponierte. Wenig später holte der Capitalmeisterobservator sie dort ab. Was sollten wir mit diesem verräterischen Subjekt nun anfangen? Häuten und vierteilen zu Ehren Sagards wäre die traditionelle Antwort gewesen. Aber in diesem Fall hätte Osogo nur einen neuen Ermittler auf uns angesetzt. Also stellten wir Ankubu unauffällig kalt. Fortan luden wir ihn nur noch zu belanglosen Besprechungen und fütterten ihn mit unwichtigen oder falschen Informationen.«
»Aber irgendwann wurde er misstrauisch, nicht wahr?« Dadalore stellte einen Fuß auf den Metallkasten. »Eine Verschwörung, die allzu lange gar nichts unternimmt, das hat er Euch eines Tages nicht mehr abgekauft. Er hat durchschaut, was Ihr mit ihm spieltet. Zu diesem Zeitpunkt gab es bereits keine offiziellen Ermittlungen mehr, die Akte war verschwunden. Unser guter Ankubu ging wohl davon aus, dass die Verschwörer ihre Leute auch in der Capitalobservationskammer haben. Also musste er die Sache alleine zu Ende bringen. Und dazu bediente er sich eines Tricks, den er bei Euch gelernt hatte. Mit Hilfe der Verbotenen Künste verwandelte er sich in ein Monstrum und griff Waltumpe an.«
König Gowofred schwitzte unsäglich. Ghalikan hingegen schien sich prächtig zu amüsieren. »Und damit hätte unser Freund sicher auch Erfolg gehabt. Aber, Sagard sei Dank, gibt es da ja eine unsäglich einfältige Capitalobservatorin, die Waltumpe zur Hilfe eilte und unserem Freund die Kehle durchschnitt.«
»Ich habe ihn nicht getötet«, rief Dadalore ärgerlich.
Ghalikan seufzte. »Für wie dumm haltet Ihr mich? Am Ende soll ich es wohl gewesen sein. Wer außer Euch kann es denn sonst gewesen sein?«
Die Frage hallte noch von der Kuppeldecke zurück, da ruckten die Köpfe Dadalores und Ghalikans gleichzeitig herum und starrten Valenuru an.
»Ich? Ich bitte doch, realistisch zu bleiben. Ich könnte keiner Fliege etwas zu Leide tun.«
Dadalore sah wieder zu dem Hexenmeister. »Das sollte Euch nicht wundern. Ihr habt ihm doch selbst befohlen zu schweigen, nicht wahr?« Sie wartete die Antwort nicht ab. »Nachdem Ihr Ankubu entlarvt hattet, standet Ihr wieder vor dem gleichen Problem wie zuvor: Wer sollte nun die Rolle des Tyrtalla-Vertreters einnehmen? Doch da geschah etwas Unerwartetes. Das Schicksal kam Euch zur Hilfe. Osogo selbst bat Euch um eine Unterredung. Er bot an, Euch zu unterstützen, wenn Ihr ihn im Gegenzug an der Macht der Verbotenen Künste teilhaben ließet, richtig?«
»Ich sehe, ich habe Euren Scharfsinn unterschätzt, Mädchen. Osogo war alt, er stand kurz vor dem Ende seiner Dienstzeit. Jahrzehnte im Dienste Tyrtallas und jetzt drohte er alles zu verlieren: das Amt und seinen unbegrenzten Zugang zu Lakaien. Er war der perfekte Kandidat für uns. Als oberster Gesetzeshüter konnte er der vierte Mann sein, den wir brauchten. Er repräsentierte Tyrtalla. Und tatsächlich: Es gelang uns, das heilige Siegel unter dem Alten Badehaus zu lösen!«
»Aber der Eingang war mit magischen Wächtern gesichert«, setzte Dadalore fort. »Vermutlich wurden sie durch die Magie feindlicher Gottheiten ausgelöst. Deswegen erwachten drei von vier Ruptu-Statuen zum Leben und griffen euch an. Nur die gegen Tyrtalla gerichtete Statue blieb stumm, da Osogo nichts Magisches oder Heiliges mit sich führte. Mit Hilfe Eurer Zauberei gelang es Euch, die drei Wächter zu besiegen. Ihr drangt in das alte Heiligtum ein, zerstörtet das Ei und befreitet damit den Nachtelfen.«
Ghalikan musterte sie mitleidig. »Ihr stellt Euch das ein wenig zu einfach vor. Es war eine sehr aufwendige Beschwörung von Nöten. In dem Gefäß war nur ein Hauch seiner metaphysischen Essenz. Ich aber formte ihn aus Mondlicht und gab ihm Gestalt.«
»Und kaum war das Werk getan, befahlt Ihr ihm, die Leichen der drei Wächter zu entsorgen«, schloss die Capitalobservatorin.
»Was er zweifellos tat«, sagte Ghalikan düster.
»Aber zu diesem Zeitpunkt war Euch Osogo schon längst davongelaufen, nicht wahr?« Dadalore sah den Hexenmeister herausfordernd an.
Der antworte mit einem dünnen Lächeln. »Für eine wirklich ernst zu nehmende Ermittlerin seid Ihr etwas zu vorschnell in Euren Schlussfolgerungen, meine Liebe. Wer
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