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Der Nachtzirkus

Der Nachtzirkus

Titel: Der Nachtzirkus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Morgenstern
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Schwarze.
    Anschließend leert er jede Schublade im Büro, nimmt sämtliche Akten und Dokumente heraus. Als alles beisammen ist, holt er aus den benachbarten Zimmern mehrere Koffer und packt sie so voll, dass sie fast platzen; das ledergebundene Buch liegt eingebettet zwischen Papierstapeln. Er streift durch seine Zimmer und entfernt jeden persönlichen Gegenstand.
    Dann löscht er die Lichter und verschließt die Tür hinter sich.
    Bevor er geht, die Arme beladen mit Koffern und Planrollen, stellt Marco eine volle Brandyflasche und ein Glas auf den Tisch neben Chandreshs Sessel. Chandresh nimmt ihn überhaupt nicht wahr. Er starrt zum Fenster hinaus in die Dunkelheit und den Regen. Er hört auch die Tür nicht ins Schloss fallen, als Marco geht.
    »Er hat keinen Schatten«, sagt Chandresh zu sich selbst, dann schenkt er sich einen Brandy ein.
    *
    Sehr spät am Abend unterhält Chandresh sich ziemlich lange mit dem Geist eines alten Bekannten, den er nur als Zauberer Prospero kannte. Gedanken, die normalerweise auf Wogen von Brandy davongetrieben wären, bleiben heil und ganz in seinem Kopf, bestärkt und bewacht von einem durchscheinenden Zauberer.

Drei Tassen Tee mit Lainie Burgess
    LONDON, BASEL UND KONSTANTINOPEL, 1900
    D as Atelier von Mme. Ana Padva unweit des Highgate Cemetary ist von außergewöhnlichem Reiz und bietet mit seinen raumhohen Fenstern einen herrlichen Ausblick auf London. Schneiderpuppen mit raffinierten Kleidern stehen gruppen- oder paarweise zusammen und vermitteln den Eindruck einer Party mit vielen kopflosen Gästen.
    Lainie Burgess schlendert an einer Kollektion schwarzweißer Kleider vorbei, während sie auf Mme. Padva wartet, bleibt stehen und bewundert ein Kleid aus elfenbeinfarbenem Satin mit einem Überwurf aus zart durchbrochenem schwarzem Samt, dessen Muster an verschnörkelte schmiedeeiserne Ranken erinnert.
    »Für dich könnte ich das in Farbe machen, wenn du möchtest«, sagt Mme. Padva, als sie begleitet vom steten Klopfen ihres Gehstocks auf den Fliesen ins Zimmer tritt.
    »Das ist zu prächtig für mich, Tante Padva«, sagt Lainie.
    »Ohne Farbe lassen sich Kleider nur schwer ausgewogen gestalten«, sagt Mme. Padva, dreht die Puppe um und betrachtet mit zusammengekniffenen Augen die Schleppe. »Bei zu viel Weiß denken die Leute sofort an Hochzeitskleider, bei zu viel Schwarz werden sie deprimiert und mürrisch. Dies hier könnte etwas mehr Schwarz vertragen. Ich würde die Ärmel länger machen, aber Celia mag das nicht.«
    Mme. Padva zeigt den Rest ihrer neuesten Kreationen, darunter auch eine Wand mit Skizzen aus der letzten Zeit, bevor sie sich zum Tee an einen Tisch bei einem der Fenster setzen.
    »Immer wenn ich dich besuche, hast du eine neue Assistentin«, bemerkt Lainie, nachdem die jüngste Version den Tee auf einem Tablett serviert hat und schnell wieder verschwunden ist.
    »Es langweilt sie, so lange zu warten, bis ich sterbe, deshalb reißen sie aus und arbeiten für jemand anderen, sobald sie entschieden haben, dass es zu mühsam ist, mich aus dem Fenster zu werfen und darauf zu hoffen, dass ich den Berg hinunter ins Mausoleum rolle. Ich bin eine alte Frau mit viel Geld und ohne Erben; sie sind gut frisierte Geier. Die Kleine da bleibt nicht länger als einen Monat.«
    »Ich dachte immer, du würdest Chandresh alles vermachen«, sagt Lainie.
    »Chandresh ist finanziell abgesichert, und ich glaube nicht, dass er das Geschäft in meinem Sinne führen würde. Er hat keinen Blick dafür. Wobei er derzeit ohnehin für so gut wie nichts einen Blick hat.«
    »Geht es ihm so schlecht?«, fragt Lainie und rührt in ihrem Tee.
    »Er ist nicht mehr derselbe wie früher«, erwidert Mme. Padva. »Ich habe schon oft erlebt, wie er sich in etwas hineinsteigert, aber nicht in diesem Maße. Er ist nur noch ein Schatten seiner selbst, wobei Chandresh selbst als Abklatsch seines früheren Ichs immer noch mehr Leben in sich hat als die meisten anderen. Ich tue, was ich kann. Ich treibe für ihn Avantgarde-Balletttruppen auf, die ihm die Theater füllen. Ich stütze ihn, wenn wir in die Oper gehen, dabei sollte er das eigentlich umgekehrt für mich tun.« Sie trinkt einen Schluck Tee, bevor sie hinzufügt: »Und ich will wirklich kein heikles Thema ansprechen, meine Liebe, aber ich halte ihn von Zügen fern.«
    »Das ist wahrscheinlich klug«, sagt Lainie.
    »Ich kenne ihn seit seiner Kindheit, es ist das mindeste, was ich für ihn tun kann.«
    Lainie nickt. Sie hat noch mehr

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