Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)
ähnlich.“
Ich brummte missbilligend. Mir war nicht nach zynischen Scherzen zumute.
„Es ist bitter für Jane,“ fuhr er fort. „Sie fühlt sich benutzt. Zurecht. Schließlich hat sie Gordon zu dem gemacht, was er heute ist. Jetzt lässt er sie
fallen und genießt die süßen Privilegien seiner Position in vollen Zügen.“
„Die Männer sind alle Verbrecher…“
„Und betrogene Frauen sind Furien. Jane könnte den Liga-Schwindel jederzeit auffliegen lassen.“
„Soll sie doch. Ich habe ohnehin genug davon. Ich gäbe viel darum, wenn diese Organisation für immer vom Erdboden verschwinden würde.“
„Das wird sie nicht. Keine Sorge. Dazu ist sie zu groß. Sie hat ihre eigene Dynamik entwickelt. Hunderttausende Atmas können nicht irren, auch wenn die
betrogene Frau des Mahaguru beweisen kann, dass alles nur Bluff ist. Aber Jane besitzt die Rechte am Lehrmaterial. Wie du weißt, gehören die Bücher uns,
die Wahrheitsbriefe und Schulungsanweisungen aber hat Jason in einer schwachen Stunde ihr vermacht, als Altersversorgung sozusagen.“
„Sie will der Liga die Schulungstexte entziehen?“
„Jane ist verletzt, aber nicht dumm. Sie hat eine Summe genannt…“
Wir beriefen eine außerordentliche Sitzung des inneren Rates ein. Gordon entschuldigte sich mit wichtigen spirituellen Geschäften. Er wollte Jane, die
bereits die Scheidung eingereicht hatte, nicht mehr begegnen. Wahrscheinlich spülte er seinen Kummer mit Cognac hinunter. Neben zierlichen Blondinen hatte
auch der Alkohol Einzug ins Leben des Mahaguru Gordon Blake gehalten. Wie ich hörte, hatte er heimlich auch wieder zu Rauchen begonnen.
Es stellte sich heraus, dass Rob Garcia Janes Interessen als Anwalt vertrat. Er legte kalt lächelnd ihre Forderung vor, einen zweistelligen
Millionenbetrag, was Ted mit einem fröhlichen Lachen beantwortete: „Guter Witz, Robby.“
Es war eine eigenartige Situation. Die vier Menschen, die um den runden Mahagonitisch im Konferenzzimmer des Hauptquartiers saßen, hatten gemeinsam das
Geschick der Liga in den letzten Jahren bestimmt. Alle wussten, was die Liga in Wirklichkeit war. Der eine oder andere mochte noch seine privaten
Rechtfertigungen pflegen, doch im Grunde wusste jeder Bescheid. Wir mussten einander nicht die übliche spirituelle Show vorspielen und doch wagte es
keiner, die ganze Wahrheit auszusprechen.
„Jane bekommt laufend Angebote für Talkshows in allen nationalen TV-Kanälen,“ fuhr Rob mit sanfter Stimme fort. „Jane ist sehr enttäuscht vom Mahaguru. Sie
könnte dem Fernsehpublikum so manche interessante Geschichte erzählen. Ein Verlag will ihre Memoiren herausbringen, drei große Magazine bieten um die
Vorabdruckrechte. Es wäre traurig, müsste Jane auf diese Angebote zurückgreifen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Sie würde sich viel lieber still
ins Privatleben zurückziehen und den ganzen Rummel um die Liga vergessen. In den Medien wird ohnehin schon viel zu viel schmutzige Wäsche gewaschen.
Außerdem wäre es doch schade um Jasons Vision von einem Weg zur Erleuchtung für jedermann.“
Jane saß mit unbewegtem Gesicht dabei und starrte durch uns hindurch. Wahrscheinlich hatte Rob sie überredet, Rache in klingende Münze umzuwandeln. Wir
feilschten eine Weile um die Ablöse für Jasons Manuskripte, bevor wir uns einigten. Jane und Rob verpflichteten sich schriftlich zu Stillschweigen über
sämtliche Interna der Liga. Ein verlogener Pressetext wurde gemeinsam verabschiedet. Jane verließ wortlos den Raum. Rob verabschiedete sich grinsend:
„Macht’s gut, Jungs. Keine Sorge. Die Kohle kommt mühelos wieder rein. Religion ist eine Wachstumsbranche. Ich hinterlasse euch die Firma in bestem
Zustand.“
Am nächsten Tag rief mich Jane unter meiner Privatnummer an. „Ich möchte dir Lebewohl sagen, Walt. Bitte nimm die Sache mit der Ablöse nicht persönlich.
Ted und du – ihr habt mit diesem Schwindel eine Menge Geld verdient. Warum soll ich mir von diesem Kuchen nicht auch ein Stück abschneiden.“
„Schwindel? Jane! Du hast Jason auf die professionelle Schiene gesetzt. Du hast Gordon zum Mahaguru gemacht. Du warst mit beiden verheiratet. Den Atmas
giltst du als Heilige.“ Ich bemühte mich, wenigstens den Anschein von Empörtheit zu wahren.
Jane lachte bitter. „Mach mir nichts vor. Du weißt so gut wie ich, dass Jason nichts weiter war als ein Fantast mit okkultem Charisma. Ich habe ihn
motiviert, aus diesen Talenten, wenn du sie so
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