Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)
den
grundlegenden Werken der Liga, alleiniger Besitzer des Liga-Verlages, der nach wie vor ein rechtlich separater Teil der Organisation war. Gemäß des noch
immer gültigen Vertrages mit Jason war es mir nicht möglich, diese Rechte zu verkaufen oder zu vererben. Teds Anteile fielen mir zu, ihren von einem
unabhängigen Gutachtergremium ermittelten Gegenwert musste ich seinen Erben ablösen oder aber der Liga dieses Kaufrecht einräumen. Ich instruierte Daniel,
auf keinen Fall die Liga in den Besitz von Teds Anteilen kommen zu lassen. Wenn es Panetta aber gelang, mich aus dem Weg zu räumen, fielen die Rechte und
der Verlag in jedem Fall an die Liga zurück und mein Erbe, in diesem Fall mein Sohn Ben, würde die Ablöse bekommen. Vermutlich würde Ben als
hingebungsvoller Atma nicht einmal Geld annehmen, würde der Liga den Verlag zu einem symbolischen Preis überlassen und für seine Großherzigkeit mit ein
paar heuchlerischen Phrasen und einem Schritt auf der Leiter der Einweihungen belohnt werden. Mein Tod war das drängendste Ziel für die Liga. Panetta würde
alles daran setzen, nach Ted auch mich zu beseitigen, um endlich in den ungeteilten Genuss der Macht zu gelangen, um endlich sicher zu sein, dass jedes
Wissen um die dunkle Vergangenheit der Liga für immer getilgt war. John hatte recht. Panetta war Drahtzieher dieses Attentats. Er musste Wind von unseren
Plänen bekommen haben. Nur der Tod des Mahaguru konnte ihn retten. Vielleicht hatte er Andersen ausgehorcht, vielleicht hatte er eines meiner Gespräche mit
Ted belauschen lassen, vielleicht hatte er sich Zugriff auf Kens oder Teds Computer verschafft. Es war gleichgültig jetzt. Wir hatten ihn schmählich
unterschätzt. Ich dachte an Teds Worte über magische Beeinflussungen. Besaß Panetta wirklich die geistige Kraft, Gordons Unfall zu verursachen und nun
einem Fremden die fixe Idee einzupflanzen, den Mahaguru zu ermorden? Ich sah sein lächelndes Raubvogelgesicht vor mir, die schmalen dunklen Augen. Einen
Moment lang fürchtete ich mich vor ihrem Blick wie vor Kens hasserfüllten Feueraugen. Was aber würde er jetzt tun, da Ken überlebt hatte?
Ich vereinbarte geheime Codes mit Daniel, damit niemand ihn täuschen könne, indem er vorgab, in meinem Auftrag zu handeln. Vielleicht war es einmal nötig,
dass ich einen Boten schickte, einen Vertrauten. Ich bat ihn, im Falle meines Todes Ben persönlich zuzureden, den Verlag so teuer wie möglich der Liga zu
verkaufen, schrieb sogar einen Brief an meinen Sohn, den Daniel ihm im Falle meines Ablebens aushändigen sollte. Etwas trieb mich, all diese Dinge vor
meiner Abfahrt zu regeln, als sei meine Flucht vor der Liga eine Reise ohne Wiederkehr. Wir dachten uns Methoden aus, wie ich mir Geldmittel verschaffen
konnte, ohne dass man mich über Abrechnungen von Banken oder Kreditkartenbelege ausfindig machen konnte. Es war wie in einem Spionageroman, in dem die
Identität eines Agenten verändert wird.
Die Nachrichtensendungen aller Fernsehstationen berichteten ausführlich über das Attentat, zeigten immer wieder einen Ausschnitt aus dem Video, das von den
Kameras der Liga aufgenommen worden war. Ken auf seinem Sessel auf der Bühne, der gehemmte Beginn seiner Rede, die Schüsse, sein Herabfallen vom Stuhl, das
Erscheinen von Ted und John, Teds Tod. Es gab keine Nahaufnahmen von Kens Verletzungen. Vermutlich hatte Panetta die Bilder der zweiten Kamera, die auf das
Gesicht des Mahaguru eingestellt war, verschwinden lassen. Niemand durfte wissen, dass Ken tot gewesen war. Daniel verbot mir das Fernsehen, weil es mich
jedes Mal aufwühlte, wenn ich die letzten Bewegungen von Ted sah, das Sterben meines Freundes, immer aufs neue auf dem Bildschirm wiederholt, stets
dieselben Bewegungen, dasselbe Zucken, dasselbe Fallen, Augenblicke des Sterbens, denen die ständige Wiederholung nichts von ihrer Schrecklichkeit nahm.
Ich sah diese Bilder viermal, fünfmal, und jedes Mal hoffte ich, sie würden einen anderen Verlauf nehmen, ein anderes Ende haben.
Ich verbrachte die Tage in Daniels Haus in angestrengter Geschäftigkeit, bemüht, mich abzulenken und meinen Blick auf die Zukunft zu richten. Wir sprachen
nicht mehr über die Ereignisse, taten einfach so, als wären sie nie geschehen, als plane ich meine Reise nur zum Vergnügen. Es war die einzige Methode,
mich vor den Augen Kens in Sicherheit zu bringen. Jede noch so geringe auf ihn oder das Hju oder die Ereignisse des Seminars gerichtete
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