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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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daß man vor den Dienern Gottes beichten muß, um rechte Buße zu tun, daß die römische Kirche die Macht hat, auf Erden zu binden und zu lösen, was im Himmel gelöst und gebunden sein wird?«
    »Sollte ich das nicht glauben?«
    »Ich frage dich nicht, was du glauben solltest, sondern was du glaubst!«
    »Ich glaube alles, was Ihr und die anderen guten Doctores mich glauben heißen«, sagte der Angeklagte erschrocken.
    »Aha! Aber die guten Doctores, auf die du da anspielst, sind nicht zufällig die Anfuhrer deiner Sekte? Meinst du sie, wenn du von den guten Doctores sprichst? Sind es jene perversen Lügner, die sich für die einzigen Nachfolger der Apostel halten, auf welche du dich mit deinem Glaubensbekenntnis beziehst? Du deutest an, daß du mir glauben würdest, wenn ich glauben würde, was jene glauben, andernfalls aber glaubst du nur ihnen!«
    »Das habe ich nicht gesagt, Herr Inquisitor!« stammelte der Angeklagte entsetzt. »Ihr legt es mir in den Mund! Ich glaube Euch, wenn Ihr mich lehrt, was gut und richtig ist.«
    »Oh schamlose Frechheit!!« brüllte Bernard und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Du wiederholst mit niederträchtiger Sturheit die Formeln, die man dich gelehrt hat in deiner Sekte! Du sagst, daß du mir glauben wirst, wenn ich predige, was deine Sekte für gut und richtig hält! Genauso haben sie immer geantwortet, diese ruchlosen Pseudo-Apostel, und genauso antwortest nun auch du! Möglicherweise merkst du es gar nicht, weil dir ganz automatisch die Sätze auf die Lippen kommen, die man dich einst gelehrt hatte, um die Inquisitoren zu täuschen. Aber so klagst du dich selber an, mit deinen eigenen Worten, und ich würde nur dann deiner Täuschung erliegen, wenn ich nicht eine so lange Erfahrung als Inquisitor hätte … Aber jetzt zum entscheidenden Punkt, du perverser Mensch: Hast du jemals von Gherardo Segarelli aus Parma gehört?«
    »Ich habe von ihm gehört«, sagte der Cellerar erbleichend, wenn man angesichts seiner welken Züge noch von einem Erbleichen reden konnte.
    »Hast du jemals von Fra Dolcino aus Novara gehört?«
    »Ich habe von ihm gehört.«
    »Hast du ihn jemals persönlich gesehen, hast du mit ihm gesprochen?«
    Der Cellerar verharrte einen Moment lang schweigend, als überlegte er, ob und bis zu welchem Punkt er einen Teil der Wahrheit zugeben sollte. Dann gab er sich einen Ruck und sagte leise: »Ich habe ihn gesehen und habe mit ihm gesprochen.«
    »Lauter!« brüllte Bernard. »Damit man es hören kann, wenn endlich einmal ein wahres Wort über deine Lippen kommt! Wann hast du mit ihm gesprochen?«
    »Herr Inquisitor«, sagte der Cellerar, »ich lebte als Mönch in einem Kloster im Novaresischen, als Dolcinos Leute sich in der Nähe versammelten, und einmal kamen sie auch an meinem Kloster vorbei, und am Anfang wußte man noch nicht genau, was für Leute sie waren …«
    »Du lügst! Wie kommt ein Franziskaner aus Varagine in ein novaresisches Kloster? Du warst gar nicht in einem Kloster, du zogst bereits mit einer Horde von bettelnden Fratizellen in jener Gegend herum, und du hast dich mit den Dolcinianern zusammengetan!«
    »Wie könnt Ihr das sagen, Herr Inquisitor?« protestierte Remigius zitternd.
    »Du wirst gleich sehen, wie ich das sagen kann und warum ich das sagen muß«, erwiderte Bernard eisig und befahl, daß Salvatore hereingeführt werde.
    Der Anblick des Ärmsten, der gewiß die Nacht unter Bedingungen eines verschärften, nicht öffentlichen Kreuzverhörs zugebracht hatte, war erbärmlich und ließ mich vor Mitleid erschauern. Schon im Normalzustand sah er, wie ich bereits gesagt habe, recht entsetzlich aus. Nun aber glich Salvatore mehr denn je einem geschundenen Tier. Nicht daß Spuren von unmittelbarer Gewaltanwendung an ihm zu sehen waren, doch die ganze Art und Weise, wie sein Körper sich mühsam dahinschleppte, in schweren Eisenketten, die Glieder seltsam verrenkt, vorangezerrt von den Bogenschützen wie ein Affe am Strick, verriet sehr deutlich, wie grauenhaft sein Verhör gewesen sein mußte.
    »Bernard hat ihn gefoltert!« flüsterte ich entsetzt zu William.
    »Mitnichten«, antwortete mein Meister. »Der Inquisitor foltert nie. Um den Leib des Angeklagten kümmert sich stets nur der weltliche Arm.«
    »Aber das ist doch dasselbe!«
    »Oh nein, Adson. Nicht für den Inquisitor, der die Hände sauber behält, und nicht für den Angeklagten, der im Inquisitor, wenn dieser endlich hereinkommt, einen unverhofften Erlöser findet, einen

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