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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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allein wußte, daß er tot war oder in diesem Augenblick gerade starb, eingeschlossen in ein erstickend enges Gemäuer, das sich allmählich zu einem Feuerofen verwandelte, zu einem steinernen Phalaris-Stier …
    Nicolas drängte die Knechte zur einen Seite, doch andere drängten sie voller guter Absichten in die andere. Einige Brüder verloren sichtlich die Nerven, andere waren noch schlaftrunken. Ich versuchte die Sachlage zu erklären, denn meine Sprache hatte ich unterdessen wiedergefunden, doch man bedenke: Ich war fast nackt, mein Gewand hatte ich in die Flammen geworfen, und der Anblick des schmalbrüstigen Jünglings, der ich war, blutverschmiert, das Gesicht rußgeschwärzt, der Leib unschicklich hüllenlos und jetzt zitternd vor Kälte, war gewiß nicht gerade vertrauenerweckend.
    Schließlich gelang es Nicolas, einige Mönche und Knechte um sich zu scharen und in die Küche zu führen, die inzwischen einer geöffnet hatte. Ein anderer hatte vernünftigerweise Fackeln herbeigeholt. Wir fanden den weiten Raum in großer Unordnung vor, offenbar hatte William ihn mit verzweifelter Hast durchwühlt, um Wasser und geeignete Transportbehälter zu finden.
    Gleich darauf erschien William in der Refektoriumstür, das Gesicht rußig und angesengt, die Kutte rauchend, in der Hand einen riesigen Kessel, und Mitleid überkam mich angesichts dieser kläglichen Allegorie der Ohnmacht. Ich begriff, daß mein Meister, selbst wenn er es geschafft haben sollte, einen vollen Kessel unversehrt ins dritte Stockwerk hinaufzutragen, selbst wenn er es zweimal geschafft haben sollte, kaum viel erreicht haben konnte. Unwillkürlich mußte ich an die Geschichte vom heiligen Augustinus denken, der sah, wie ein Knabe mit einem Löffelchen das Meer auszuschöpfen versuchte: Der Knabe war ein Engel und tat so, um sich lustig zu machen über den Heiligen, der in die Geheimnisse des göttlichen Wesens einzudringen trachtete. Und wie der Engel sprach William zu mir, während er sich erschöpft an den Türrahmen lehnte: »Es ist unmöglich, das schaffen wir nie, auch nicht mit allen Mönchen des Klosters. Die Bibliothek ist verloren.« Anders als der Engel, weinte William.
    Ich drückte mich zitternd an ihn. Er griff nach einem leinenen Tuch und legte es mir um die Schultern. Wir standen eine Weile schweigend da und betrachteten das Geschehen in der Küche.
    Es war ein wildes Gerenne und Durcheinander, einige rannten mit bloßen Händen hinauf und stießen prompt auf der Wendeltreppe mit denen zusammen, die vorher bereits, von törichter Neugier getrieben, mit bloßen Händen hinaufgerannt waren und nun zurückkamen, um Wasser zu holen. Andere, Besonnenere, suchten sofort nach Krügen und Töpfen, um jedoch festzustellen, daß es in der Küche nicht genug Wasser gab. Auf einmal brach ein Trupp Maultiere herein, sie trugen große Bottiche rechts und links auf dem Rücken; ihre Treiber luden sie ab und machten Anstalten, die schweren Gefäße hinaufzutragen. Aber sie wußten nicht, wo es zum Skriptorium hinaufging, und es dauerte einige Zeit, bis einer der Mönche es ihnen zeigte, und als sie schließlich hinaufzusteigen begannen, stießen sie auf der Treppe mit denen zusammen, die voller Entsetzen heruntergelaufen kamen. Einige Bottiche stürzten um und ergossen ihr kostbares Wasser über die Stufen, andere wurden von hilfreichen Händen hinaufgereicht. Ich folgte einer Gruppe und fand mich im Skriptorium: Schwarze Rauchschwaden quollen aus dem Aufgang zur Bibliothek, die letzten Helfer, die sich hinaufgewagt hatten, kamen gerade hustend und mit geröteten Augen zurück und erklärten, es sei unmöglich, niemand könne mehr in jene Hölle.
    Dann sah ich auf einmal Benno, der keuchend, die Züge verzerrt, mit einem riesigen Wasserbehälter am oberen Ende der Wendeltreppe erschien. Er hörte, was die Herunterkommenden sagten, und fuhr sie wild an: »Die Hölle wird euch alle verschlingen, ihr Feiglinge!« Er blickte hilfesuchend umher, sah mich und schrie: »Adson! Die Bibliothek! Die Bibliothek!!« Er wartete nicht auf meine Antwort, lief zum Aufgang hinüber und stürzte sich tapfer in den Rauch. Es war das letzte Mal, daß ich ihn sah.
    Über mir begann es zu knistern. Aus dem Deckengewölbe des Skriptoriums lösten sich Steine und Mörtelbrocken. Ein prächtiger, als Blume geformter Schlußstein brach heraus und wäre mir fast auf den Kopf gefallen. Der Boden des Labyrinths begann nachzugeben.
    Ich floh hinunter ins Erdgeschoß und trat auf

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