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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Sparsamkeit, zu langsam für die Dringlichkeit des Bedarfs. Alle hätten den Kirchenbrand löschen können, niemand wußte jetzt, wie. Außerdem war das Feuer von oben gekommen, durchs Dach, wohin man nicht leicht gelangte, um es mit Lappen und Sand zu ersticken. Und als die Flammen den Boden erreicht hatten, war es vergeblich, noch Erde und Tücher darauf zu werfen, denn nun brach das Deckengewölbe zusammen und riß nicht wenige mit ins Verderben.
    So mischten sich unter die Klagen über die vielen verlorenen Reichtümer bald auch die Schmerzensschreie über verbrannte Gesichter, zerquetschte Glieder, von niederstürzenden Balken begrabene Leiber.
    Der Wind war wieder stürmisch geworden und blies die Funken weit durch die Nacht. Gleich nach der Kirche fingen die Stallungen Feuer. Die angstgepeinigten Tiere rissen sich los, durchbrachen die Tore und rannten kreuz und quer über den Hof, laut wiehernd, muhend, blökend, grunzend in schauerlichem Konzert. Etliche Funken verfingen sich in den Mähnen der Pferde, und bald sah man höllische Wesen über das Hochplateau rasen, Flammenrösser, die alles niederrannten, was ihnen vor die Hufe kam in ihrem zielund rastlosen Lauf. Ich sah den uralten Alinardus, der, verloren umherirrend, ohne recht zu begreifen, was vorging, überrannt wurde von dem prächtigen Rappen Brunellus in einer Aureole aus Feuer, überrannt, in den Staub getreten und liegengelassen als dunkle, formlose Masse. Doch ich hatte weder Zeit noch Möglichkeit, ihm zu helfen oder sein Ende zu beklagen, denn Szenen ganz ähnlicher Art ereigneten sich allenthalben.
    Die brennenden Pferde trugen das Feuer noch dahin, wohin es der Wind nicht getragen hatte, und so brannten bald auch die Werkstatt und das Novizenhaus. Scharen verzweifelter Menschen liefen von einem Ende zum anderen durch die Abtei, ziellos oder mit illusorischen Zielen. Ich sah Nicolas von Morimond, der, eine blutende Wunde am Kopf, die Kleidung in Fetzen, auf dem Torweg kniend laut den Fluch Gottes verfluchte. Ich sah Pacificus von Tivoli, der, jeden Gedanken an eine mögliche Hilfeleistung fahrenlassend, sich ein vorübereilendes Maultier zu greifen versuchte; als er es hatte, schrie er mir zu, ich solle ein gleiches tun und fliehen, nur weg hier, weg von diesem Spottbild des Armageddon.
    Ich fragte mich bang, wo William sein mochte, und fürchtete schon, er liege womöglich verschüttet unter irgendeinem zusammengestürzten Gewölbe. Nach langer Suche fand ich ihn in der Nähe des Kreuzgangs. Er hielt seinen Reisesack in der Hand: Als das Feuer aufs Pilgerhaus überzugreifen begann, war er rasch hinaufgesprungen, um wenigstens seine kostbarsten Sachen zu retten. Er hatte auch meinen Sack mitgebracht, in dem ich etwas zum Anziehen fand. Wir standen zitternd nebeneinander und betrachteten das Geschehen.
    Die Abtei war verloren. Fast alle Gebäude brannten jetzt mehr oder minder lichterloh. Die noch unversehrt waren, würden es nicht lange mehr bleiben, denn alles, vom Wirken der Naturelemente bis zu den wirren Rettungsversuchen der Helfer, trug nur noch zur Ausbreitung der Feuersbrunst bei. Verschont blieben allein die unbebauten Flächen, der Kräutergarten, das kleine Grüngeviert vor dem Kreuzgang … Man konnte nichts mehr tun, um die Bauten zu retten, ja, es genügte schon, den Gedanken an ihre Rettung aufzugeben, um das Ganze gefahrlos aus sicherer Entfernung betrachten zu können.
    Wir schauten zur Kirche hinüber, die nun langsam abbrannte, wie es typisch ist für diese großen Gebäude, die sofort auflodern in ihren hölzernen Teilen, um danach stundenlang weiterzuschwelen, manchmal tagelang. Anders loderte immer noch das Aedificium. Dort gab es sehr viel mehr brennbares Material, das Feuer hatte sich durch das ganze Skriptorium gefressen und tobte nun in der Küche. Der Oberstock, der jahrhundertelang und bis vor wenigen Stunden das Labyrinth beherbergt hatte, war praktisch zerstört.
    »Es war die größte Bibliothek der Christenheit«, seufzte William. »Nun ist der Antichrist wirklich nahe, denn keine Weisheit hindert ihn mehr am Kommen. Übrigens haben wir heute nacht schon sein Antlitz gesehen.«
    »Was?« fuhr ich erschrocken auf.
    »Ich spreche von Jorge. In jenem entstellten, vom Haß auf die Philosophie verzerrten Antlitz sah ich zum ersten Mal die Züge des Antichrist, der nicht aus dem Stamme Juda kommt, wie seine sinistren Verkünder behaupten, und auch nicht aus einem fernen Land. Der Antichrist entspringt eher aus der

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