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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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schnippte ihr mit voller Wucht einen Finger ans Ohr.
    Empört riss sie eine Hand hoch. »Aua … Oh.« Sie war verwirrt.
    »Tut überhaupt nicht weh, nicht wahr?«
    »Nein«, sagte sie.
    »Ich sage dir die Wahrheit«, begann ich ganz ernst. »Ich glaube, du wirst es ohne Probleme überstehen. Aber ich weiß es nicht mit Sicherheit. Ich weiß nicht, wie viel von dem Zeug du intus hast, das jetzt erst seine Wirkung entfaltet. In einer Stunde werde ich das besser einschätzen können, aber falls es irgendwelche Schwierigkeiten gibt, möchte ich Trebon lieber eine Stunde näher sein. Dann muss ich dich nicht ganz so weit tragen.« Ich sah ihr in die Augen. »Ich spiele nicht mit dem Leben von Menschen, die mir etwas bedeuten.«
    Sie hörte sich das mit ernster Miene an. Dann war ihr Grinsen wieder da. »Ich finde dein Draufgängertum hinreißend«, sagte sie. »Mehr davon.«

Kapitel 79
    Süße Worte

    F ür den Weg zurück auf den Grausteinhügel brauchten wir gut zwei Stunden. Wir wären schneller vorangekommen, doch Denna wurde immer manischer, und ihre überschüssige Energie war eher hinderlich als hilfreich. Sie ließ sich ganz leicht ablenken, und wenn sie etwas Interessantes erblickte, musste sie sofort hin und es sich ansehen.
    Wir kamen an den kleinen Bach, den wir schon vom Hinweg kannten, und obwohl er nicht einmal knietief war, bestand Denna darauf, darin zu baden. Ich wusch mich kurz und hielt dann diskret Abstand. Hinter mir hörte ich sie schlüpfrige Lieder trällern. Sie gab mir auch mit nicht allzu subtilen Andeutungen zu verstehen, dass ich mich zu ihr gesellen sollte.
    Ich tat natürlich nichts dergleichen. Es gibt entsprechende Ausdrücke für Männer, die es ausnutzen, wenn Frauen sich nicht mehr ganz unter Kontrolle haben, und keinen dieser Ausdrücke wird man jemals auf mich anwenden können.

    Auf dem Gipfel des Grausteinhügels angelangt, ließ ich Denna ihre überschüssige Energie dazu nutzen, Brennholz zu sammeln, während ich eine noch größere Feuerstelle errichtete als beim vorigen Mal. Je größer das Feuer wäre, desto schneller würde es den Draccus anlocken.
    Dann setzte ich mich mit dem Harzsack hin und schnürte ihn auf. Das Harz duftete erdig und ein wenig nach Mulch.
    Denna kam wieder und warf zwei Arme voll Brennholz neben die Feuerstelle. »Wie viel davon willst du verwenden?«, fragte sie.
    »Das muss ich mir erst noch überlegen«, erwiderte ich. »Es ist nicht ganz einfach.«
    »Gib ihm einfach alles«, sagte Denna. »Doppelt hält besser. Und dreifach erst recht.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das wäre Verschwendung. Aus dem Harz lässt sich ein sehr wirksames Schmerzmittel herstellen. Viele Menschen haben diese Arznei sehr nötig …«
    «Und du hast das Geld sehr nötig.«
    »Ja, das stimmt. Aber ehrlich gesagt, dachte ich eher an die Harfe, die wir dir kaufen wollen. Du hast bei dem Brand deine Leier verloren. Und ich weiß, wie es ist, wenn man kein Instrument hat.«
    »Kennst du die Geschichte von dem Jungen mit dem goldenen Pfeil?«, fragte Denna. »Das hat mich schon als Kind gestört. Man muss jemanden schon wirklich unbedingt töten wollen, um einen goldenen Pfeil nach ihm zu schießen. Aber warum behält man das Gold nicht einfach und geht nach Hause?«
    »Das wirft ein ganz neues Licht auf diese Geschichte«, sagte ich und sah auf den Sack. Ich schätzte, dass ich für diese Menge Dennerharz bei einer Apotheke mindestens fünfzig Talente bekommen würde. Vielleicht auch hundert, je nachdem, wie rein es war.
    Denna zuckte die Achseln und ging zurück in den Wald, weiteres Brennholz sammeln, und ich fing an darüber nachzudenken, wie viel Dennerharz man wohl brauchte, um eine fünf Tonnen schwere Echse zu vergiften.
    Es war eine verzwickte Angelegenheit, noch erschwert durch den Umstand, dass ich keine Möglichkeit hatte, genaue Messungen anzustellen. Ich begann mit einem Kügelchen, das so groß war wie das letzte Glied meines kleinen Fingers, da ich annahm, dass dies die Menge Harz war, die Denna tatsächlich verschluckt hatte. Weil ich Denna jedoch anschließend eine größere Dosis Kohle verabreicht hatte, halbierte ich die Menge noch einmal. So blieb ein schwarzes Kügelchen, das kaum größer war als eine Erbse.
    Doch das war nur die Menge, die ausreichte, um ein Menschenmädchen in Euphorie zu versetzen. Den Draccus aber wollte ichtöten. Ich verdreifachte die Menge, und verdreifachte sie dann, um sicher zu gehen, noch einmal. Nun hielt ich ein Kügelchen

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