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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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wird stärker und schwächer, und irgendwann wirst du dann einschlafen.«
    »Hoffentlich ist es für dich auch so schön wie für mich«, sagte sie und zog die Decke fester um sich zusammen. »Es ist wie ein süßer Traum, bloß nicht so warm.«
    Ich stieg die Leiter hinauf auf den höchsten Graustein, auf dem wir unsere Sachen untergebracht hatten, und nahm eine Hand voll Dennerharz aus dem Sack, stieg wieder hinab und warf es ins Feuer. Es verbrannte nur langsam und gab dabei einen beißenden Gestank ab, den der Wind nach Nordwesten trug. Ich hoffte, dass der Draccus es wittern würde und angelaufen käme.
    »Ich hatte eine Lungenentzündung, als ich noch ganz klein war«, sagte Denna mit tonloser Stimme. »Deshalb ist meine Lunge nicht die Beste. Es ist manchmal ganz schrecklich, nicht richtig atmen zu können.«
    Sie hatte die Augen nur halb geöffnet und sprach weiter, fast wie im Selbstgespräch: »Zwei Minuten lang setzte meine Atmung aus, und ich war tot. Manchmal frage ich mich, ob das alles nicht ein Versehen ist und ich eigentlich tot sein sollte. Aber wenn es kein Versehen ist, muss es doch irgend einen Grund dafür geben, dass ich hier bin. Aber wenn es diesen Grund gibt, kann ich ihn nicht erkennen.«
    Ihr war möglicherweise gar nicht bewusst, dass sie sprach, und wahrscheinlich schliefen wichtige Partien ihres Gehirns bereits, so dass sie sich am nächsten Morgen an nichts mehr erinnern würde. Da ich nicht wusste, was ich darauf sagen sollte, nickte ich einfach nur.
    »Das war das Erste, was du zu mir gesagt hast. Ich frage mich, was du hier machst . Meine sieben Worte. Und eben das frage ich mich selber auch schon seit langer Zeit.«
    Die Sonne, die schon hinter Wolken verborgen war, ging hinter den Gebirgszügen im Westen vollends unter. Als es nun dunkel wurde, kam mir die Kuppe dieses kleinen Hügels vor wie eine Insel im Ozean der Nacht.
    Denna nickte nun im Sitzen ein, der Kopf sank ihr langsam auf die Brust, bis sie ihn wieder hochriss. Ich trat neben sie und streckte ihr eine Hand entgegen. »Komm. Der Draccus wird bald hier sein. Wir sollten jetzt auf die Steine hinaufsteigen.«
    Sie nickte und erhob sich, immer noch in die Decke gehüllt. Ich folgte ihr zu der Leiter, und sie stieg mit langsamen, unsicheren Schritten zu dem Torbogen aus Grausteinen hinauf.
    Weit weg vom Feuer war es dort oben kühl. Der frische Wind machte es nicht besser. Ich breitete eine Decke aus, und sie ließ sich, in die andere gehüllt, darauf nieder. Von der Kälte wurde sie wieder ein wenig munterer, und sie sah sich gereizt um und bibberte ein wenig. »Du blödes Huhn. Komm dir endlich dein Futter holen. Mir ist kalt.«
    »Ich hatte gehofft, dir um diese Uhrzeit schon ein warmes Bett in Trebon bieten zu können«, sagte ich. »So viel zur Genialität meines Plans.«
    »Du weißt doch immer, was du machst«, murmelte sie benommen. »Du guckst mich mit deinen grünen Augen so ernst an, als wäre ich ganz wichtig. Es ist ja in Ordnung, dass du wichtigere Dinge zu erledigen hast. Es genügt mir, wenn ich dich ab und zu mal um mich habe. Nur ab und zu mal. Ich weiß, dass ich mich glücklich schätzen kann, dass ich dich überhaupt mal zu sehen bekomme.«
    Ich nickte freundlich und hielt weiter nach dem Draccus Ausschau. Wir saßen so noch eine ganze Weile dort und starrten in die Dunkelheit. Dann nickte Denna ein, setzte sich aber gleich wieder aufrecht hin und bibberte erneut. »Ich weiß, du denkst, ich bin …«, sagte sie und verstummte.
    Zu Menschen im Delirium sollte man nett sein, sonst können sie leicht gewalttätig werden. »Ich denke nur das Beste von dir, Denna.«
    »Sei nicht so gönnerhaft«, erwiderte sie verärgert, und in milderem Ton fuhr sie fort: »Ich weiß nicht, was du in mir siehst. Aber wie dem auch sei. Wenn dir auch kalt ist, darfst du gerne die Arme um mich legen. Nur ein bisschen.«
    Das Herz schlug mir bis zum Hals. Ich rutschte näher an sie heran, setzte mich hinter sie und legte die Arme um sie. »Das ist schön«, sagte sie und entspannte sich. »Mir ist, als wäre mir schon immer kalt gewesen.«
    So saßen wir da und schauten nach Norden. Sie lehnte sich an mich, und es war ein herrliches Gefühl, sie in den Armen zu halten. Ich atmete ganz flach, damit ich sie nicht störte.
    Denna regte sich ein wenig und murmelte: »Du bist so lieb. Du wirst nie aufdringlich …« Sie verstummte wieder und lehnte sich schwerer an meine Brust. Dann rüttelte sie sich wieder wach. »Dabei

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