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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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von der Größe einer reifen Traube in der Hand.
    Ich schätzte das Gewicht des Draccus auf fünf Tonnen. Denna schätzte ich auf etwa einen Zentner. Das bedeutete, dass ich die hundertfache Menge des traubengroßen Klumpens brauchte, wenn ich den Draccus damit töten wollte. Ich formte zehn Kügelchen von Traubengröße und klumpte sie zusammen. Dabei erhielt ich eine Kugel von der Größe einer Aprikose. Dann formte ich neun weitere Kugeln in Aprikosengröße und legte sie in einen Holzeimer, den wir von der Dennerplantage mitgebracht hatten.
    Denna warf eine weitere Ladung Holz ab und spähte in den Eimer. »Ist das alles?«, fragte sie. »Das sieht aber nicht nach sehr viel aus.«
    Da hatte sie recht. Verglichen mit der riesenhaften Gestalt des Draccus wirkte es wie eine kleine Menge. Ich erklärte ihr, wie ich zu meiner Einschätzung gelangt war. Sie nickte. »Ja, das klingt plausibel. Aber vergiss nicht, dass er schon seit mehreren Spannen diese Bäume frisst. Er hat wahrscheinlich schon eine gewisse Immunität entwickelt.«
    Ich nickte und legte noch fünf weitere aprikosengroße Kugeln in den Eimer.
    »Und er ist möglicherweise zäher, als du denkst. Und das Harz wirkt bei Echsen vielleicht ganz anders.«
    Ich nickte wieder und legte noch einmal fünf Kugeln in den Eimer. Nach kurzem Zögern fügte ich noch eine weitere hinzu. »Jetzt sind wir bei einundzwanzig«, sagte ich. »Das ist eine gute Zahl. Drei mal sieben.«
    »Ja, damit dürften wir das Glück auf unserer Seite haben«, sagte Denna.
    »Andererseits wollen wir aber auch, dass er schnell stirbt«, sagte ich. »Ein schneller Tod wäre für den Draccus weniger grausam und für uns weniger gefährlich.«
    Denna sah mich an. »Also noch einmal verdoppeln?« Ich nickte. Sie ging zurück in den Wald, und ich formte noch einundzwanzig weitere Kugeln und warf sie in den Eimer. Als ich gerade bei der letzten Kugel war, kam sie mit zwei weiteren Armen voll Brennholz zurück.
    Ich drückte das Harz auf dem Boden des Eimers zusammen. »Das müsste jetzt wirklich mehr als genug sein«, sagte ich. »Mit so viel Ophalum könnte man ganz Trebon gleich zwei Mal umbringen.«
    Denna und ich schauten in den Eimer. Er enthielt nun etwa ein Drittel der gesamten Harzmenge, die wir gefunden hatten. Was in dem Sack noch übrig war, reichte, um Denna eine kleine Harfe zu kaufen und meine Schulden bei Devi zu begleichen, und von dem Rest würden wir dann immer noch monatelang gut leben können. Ich dachte daran, mir neue Kleider zu kaufen, neue Saiten für meine Laute, die eine oder andere Flasche Obstwein …
    Und dann dachte ich daran, wie der Draccus Bäume beiseite schob, als wären es Weizengarben, und sie im Vorbeigehen unter seinem Gewicht zersplittern ließ.
    »Wir sollten das noch einmal verdoppeln«, sagte Denna, als hätte sie meine Gedanken gelesen. »Nur um auf Nummer sicher zu gehen.«
    Ich formte weitere zweiundvierzig Harzkugeln, und Denna sammelte noch mehr Brennholz.
    Als es dann anfing zu regnen, brannte das Feuer schon hell und hoch. Zum Schluss zimmerte ich noch mit Hilfe des Beils und der Schnur, die ich gefunden hatte, eine Leiter. Sie war unansehnlich, erfüllte aber ihren Zweck, und ich stellte sie an die Seite des Torbogens aus Grausteinen. Diesmal würden Denna und ich weniger Schwierigkeiten haben, uns in Sicherheit zu bringen.

    Unser Abendessen war längst nicht so üppig wie das am Vortag. Wir mussten mit dem Rest des mittlerweile altbackenen Fladenbrots Vorlieb nehmen, mit etwas Trockenfleisch und den letzten Kartoffeln, die ich am Rande des Feuers garte.
    Während wir aßen, erzählte ich Denna ausführlich die Geschichte von dem Brand im Handwerkszentrum. Jung, wie ich war, wollte ich sie unbedingt beeindrucken, und ich wollte ihr klar machen, dass es nicht meine Schuld gewesen war, als ich unsere Verabredung zumMittagessen verpasst hatte. Sie war eine wunderbare Zuhörerin, sehr aufmerksam, und sie hielt an genau den richtigen Stellen den Atem an.
    Ich machte mir nun keine Sorgen mehr, dass sie womöglich eine Überdosis abbekommen hatte. Nachdem sie einen Riesenhaufen Brennholz gesammelt hatte, klang die manische Phase bei ihr ab und ging in die lethargische über. Doch es war weiterhin klar, dass die Nachwirkungen des Rauschgifts sie völlig erschöpft zurücklassen würden. Ich wollte, dass sie sich in einem anständigen Bett in Trebon davon erholen könnte.
    Nach dem Essen ging ich zu ihr. Sie saß mit dem Rücken an einen Graustein

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