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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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an, die den langgestreckten, niedrigen Raum mit ihrem Zirpen erfüllten. Hopse war ein schmaler Korridor, durch dessen Boden drei tiefe Querrisse verliefen. Ich verstand den Namen erst, als ich sah, wie Auri nacheinander über alle drei hinweghüpfte, um ans andere Ende zu gelangen.
    Einige Tage später führte mich Auri nach Schwaden , einem Labyrinth aus sich überkreuzenden Gängen. Obwohl wir uns hier mindestens dreißig Meter unter der Erde befanden, wehte ein steter Wind, der den Geruch von Staub und Leder mit sich trug.
    Dieser Wind war der Anhaltspunkt, nach dem ich gesucht hatte. Er verriet mir, dass ich meinem eigentlichen Ziel nun ganz nah war. Jetzt musste ich nur noch den Gang finden, der dorthin führte.
    Doch es war zum Mäuse melken. Die Gänge schlängelten sich oder führten in weitem Bogen in die Irre. In den wenigen Gängen, dienicht von ihrem Kurs abwichen, kam man irgendwann nicht mehr weiter. Etliche Gänge führten plötzlich senkrecht auf- oder abwärts, so dass ich ihnen nicht mehr folgen konnte. In einem Gang versperrte ein schweres, in den Fels eingelassenes Eisengitter den Weg. Ein anderer Gang wurde immer schmaler, bis er kaum noch eine Handspanne breit war. Ein dritter endete an einer Stelle, an der der Boden eingestürzt war.
    Nach tagelanger Suche fanden wir schließlich eine uralte, vermoderte Tür. Das klamme Holz zerfiel, als ich versuchte sie zu öffnen.
    Auri rümpfte die Nase und schüttelte den Kopf. »Ich würde mir die Knie aufscheuern.«
    Als ich mit meiner Sympathielampe hineinleuchtete, sah ich, was sie meinte. Die Decke des Gangs dahinter senkte sich bis auf die Höhe von etwa einem Meter ab.
    »Wartest du hier auf mich?«, fragte ich, zog meinen Umhang aus und krempelte mir die Ärmel hoch. »Ich weiß nicht, ob ich ohne dich wieder aus dem Unterding hinausfinden würde.«
    Auri nickte und blickte besorgt. »Rein ist immer einfacher als raus. Es gibt da enge Stellen. Du könntest stecken bleiben.«
    Ich gab mir Mühe, nicht daran zu denken. »Ich schau mich nur mal um. In spätestens einer halben Stunde bin ich wieder zurück.«
    Sie legte den Kopf auf die Seite. »Und was, wenn nicht?«
    Ich lächelte. »Dann musst du kommen und mich retten.«
    Sie nickte und sah mich dabei an wie ein ernstes Kind.
    Ich klemmte mir den Griff meiner Handlampe zwischen die Zähne und leuchtete mit dem rötlichen Licht in die Finsternis vor mir. Dann ging ich auf alle Viere und rutschte mit den Knien über den unebenen Steinboden.
    Einige Biegungen später wurde die Decke noch niedriger, zu niedrig, um auf allen Vieren weiter zu gehen. Ich überlegte eine ganze Weile, legte mich dann auf den Bauch und robbte weiter, die Lampe vor mir her schiebend. Jede Bewegung riss jetzt an den frischen Stichen auf meinem Rücken.
    Wenn ihr noch nie tief unter der Erde wart, könnt ihr vermutlich nicht nachempfinden, wie das ist. Die Dunkelheit ist vollkommenund beinahe mit Händen zu greifen. Sie lauert außerhalb des Lichtscheins, stets bereit, hereinzuströmen wie eine plötzliche Flut. Die Luft ist unbewegt und abgestanden. Es gibt keine anderen Geräusche außer denen, die man selber macht. Der eigene Atem klingt laut in den Ohren. Das Herz pocht. Und die ganze Zeit ist man sich nur allzu bewusst, wie Tausende Tonnen Erde und Stein über einem lasten.
    Dennoch schlängelte ich mich weiter, auch wenn ich jetzt nur noch sehr mühsam vorankam. Meine Hände waren dreckig, und Schweiß lief mir in die Augen. Der Durchgang wurde noch schmaler, und ungeschickterweise nahm ich eine Hand nach hinten und musste dann feststellen, dass ich sie nicht mehr nach vorne durchbekam. Kalter Schweiß brach mir aus, und ich geriet in Panik. Ich versuchte auf Biegen und Brechen, meine Hand wieder nach vorne zu bekommen …
    Und etliche schreckliche Minuten später gelang es mir auch. Nachdem ich einen Moment lang dort zitternd in der Dunkelheit gelegen hatte, schlängelte ich mich weiter.
    Und fand, was ich gesucht hatte …

    Nach dem Ausstieg aus dem Unterding begab ich mich zum Mews. Ich stieg durch ein Fenster ein und knackte eine abgeschlossene Tür im Frauenflügel. Dann klopfte ich ganz leise bei Fela an, damit ich auch ja niemanden versehentlich aufweckte. Männer durften den Frauenflügel des Gebäudes nur in weiblicher Begleitung betreten, und nach Einbruch der Dunkelheit war ihnen der Zutritt gänzlich verboten.
    Ich klopfte dreimal, und dann hörte ich, dass sich in Felas Zimmer etwas regte. Einen Moment

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