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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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verwirrt. »Wovon redet Ihr?«
    »Von der Sache mit der Flasche. Dass er versucht hat, Sympathie einzusetzen.«
    »Dann wollte er das Ding also tatsächlich in Brand setzen? Warum hat es nicht funktioniert? Was –«
    Bast griff fester zu, und sein Daumen grub sich in die Mulde über dem Schlüsselbein des Chronisten, der erneut aufschrie. »Sprecht nicht darüber«, zischte Bast ihm ins Ohr. »Und stellt keine Fragen.« Er packte den Chronisten bei beiden Schultern und rüttelte ihn, wie ein verärgerter Vater ein störrisches Kleinkind.
    »Gütiger Gott, Bast, ich höre ihn ja bis hier schreien!«, rief Kvothe aus der Küche. Bast richtete sich auf und setzte auch den Chronisten aufrecht hin, als der Wirt wieder in der Küchentür erschien. »Bei Tehlu, er ist ja weiß wie eine Wand. Ist es sehr schlimm?«
    »Nur etwa wie eine Erfrierung«, sagte Bast abschätzig. »Es ist nicht meine Schuld, wenn er schreit wie ein kleines Mädchen.«
    »Sei behutsam mit ihm«, sagte Kvothe, stellte einen Tiegel Schmalz auf den Tisch und legte eine Handvoll Knoblauchzehen daneben. »Er braucht den Arm noch ein paar Tage.«
    Kvothe schälte die Knoblauchzehen und presste sie aus. Bast rührte die Salbe an, schmierte dem Chronisten das stinkende Gemisch auf die Schulter und wickelte schließlich einen Verband darum. Der Chronist saß die ganze Zeit vollkommen still da.
    »Fühlt Ihr Euch heute dem Schreiben noch gewachsen?«, fragte Kvothe, als der Chronist sein Hemd wieder angezogen hatte. »Von einem richtigen Ende sind wir noch einige Tage entfernt, aber ichkönnte noch ein paar Einzelheiten klären, bevor wir für heute Feierabend machen.«
    »Ich halte noch stundenlang durch.« Der Chronist packte schnell seine Mappe aus, ohne auch nur in Basts Richtung zu sehen.
    »Ich auch.« Bast wandte sich mit strahlender, eifriger Miene zu Kvothe um. »Ich will wissen, was du da unter der Universität gefunden hast.«
    Die Andeutung eines Lächelns huschte um Kvothes Lippen. »Das glaube ich gern, dass du das wissen willst, Bast.« Er kam an den Tisch und nahm Platz. »Unter der Universität fand ich das, was ich am dringendsten wollte, aber nicht das, was ich erwartet hatte.« Er forderte den Chronisten mit einer Geste auf, zur Feder zu greifen. »Wie es ja oft geschieht, wenn einem ein Herzenswunsch erfüllt wird.«

Kapitel 89
    Ein angenehmer Nachmittag

    A m nächsten Tag wurde ich auf dem großen, mit Kopfstein gepflasterten Hof, den man früher Quoyan Hayel genannt hatte, ausgepeitscht. Das Haus des Windes. Ein passender Ort, wie ich fand.
    Wie vorherzusehen war, hatte sich eine große Menschenmenge eingefunden. Hunderte Studenten füllten den Platz bis auf das letzte Fleckchen. Weitere schauten aus den Fenstern und den Eingängen der Gebäude. Einige waren sogar, der besseren Sicht wegen, auf die Dächer geklettert. Ich nahm es ihnen nicht übel, wirklich nicht. So eine Gratisvorstellung lässt man sich einfach nicht entgehen.
    Ich bekam sechs Peitschenhiebe auf den Rücken. Da ich niemanden enttäuschen wollte, lieferte ich ein wenig Gesprächsstoff und hielt es wie beim letzten Mal: Ich schrie nicht, blutete nicht und wurde auch nicht ohnmächtig. Und ich verließ den Hof auf eigenen Füßen und hoch erhobenen Hauptes.
    Nachdem Mola meinen Rücken mit siebenundfünfzig Stichen genäht hatte, tröstete ich mich mit einem Ausflug nach Imre. Dort kaufte ich von Ambroses Geld eine vorzügliche Laute, zwei schöne gebrauchte Kleidergarnituren für mich, ein Fläschchen mit meinem eigenen Blut und ein neues, warmes Kleid für Auri.
    Es war, alles in allem, ein sehr angenehmer Nachmittag.

Kapitel 90
    Halbfertige Häuser

    I n den nächsten Nächten erkundete ich mit Auri den Untergrund. Ich sah viele interessante Dinge, und auf manche davon werde ich sicherlich später noch zu sprechen kommen, doch vorläufig genügt es wohl, wenn ich sage, dass sie mir in diesen Nächten das ganze riesige und vielgestaltige Unterding zeigte. Sie führte mich in den Tiefgang, nach Hopse, in den Wald, nach Druntdrunt, Grillistan …
    Die Namen, die sie diesen Orten gegeben hatte und die zunächst unsinnig wirkten, erwiesen sich als sehr passend, als ich schließlich sah, was sie bezeichneten. Der Wald hatte nichts mit einem Wald zu tun. Es war vielmehr eine Reihe zerfallender Säle und Räume, deren Decken von schweren hölzernen Stützbalken gehalten wurden. In Grillistan lief ein Wasserrinnsal an einer Mauer hinab. Die Feuchtigkeit lockte Grillen

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