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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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später öffnete sie die Tür, ihr langes Haar wild durcheinander. Mit verschlafenen Augen spähte sie in den Flur hinaus. Als sie mich erblickte, blinzelte sie ungläubig.
    Sie war nackt, das war nicht zu übersehen, und hatte sich nur schnell ein Laken umgeworfen. Ich gebe zu, dass der Anblick der halbnackten Fela, wie sie mit ihren prachtvollen Brüsten dort vormir stand, einer der bestürzendsten erotischen Momente meines jungen Lebens war.
    »Kvothe?«, sagte sie und wahrte bemerkenswert die Fassung. Sie versuchte sich weiter zu verhüllen, was sich aber als schwierig erwies, denn als sie das Laken bis an den Hals emporzog, entblößte sie dabei ihre langen, wohlgeformten Schenkel. »Wie spät ist es? Wie bist du hier reingekommen?«
    »Du hast gesagt, wenn ich einmal etwas bräuchte, könnte ich jederzeit zu dir kommen«, setzte ich an. »Hast du das ernst gemeint?«
    »Ja, natürlich«, erwiderte sie. »Wie siehst du denn aus? Was ist mit dir passiert?«
    Ich sah an mir hinab und bemerkte erst jetzt, in welchem Zustand ich mich befand. Ich war vollkommen verdreckt, zumal die Vorderseite meiner Kleidung, mit der ich über den Boden gekrochen war. An einem Knie hatte ich mir die Hose aufgerissen, und es sah aus, als blutete ich dort. Ich war so aufgeregt, dass ich es überhaupt nicht bemerkt hatte, und auch nicht daran gedacht hatte, mir meine neuen Kleider anzuziehen.
    Fela trat einen Schritt beiseite und hielt mir die Tür auf. Ein leichter Luftzug drückte das Laken an ihren Leib und ließ für einen Moment all ihre Kurven erkennen. »Magst du reinkommen?«
    »Ich kann nicht bleiben«, sagte ich, ohne darüber nachzudenken, und kämpfte mit dem Verlangen, sie anzugaffen. »Du musst dich morgen Nachmittag mit einem Freund von mir in der Bibliothek treffen. Um fünf Uhr. Vor der Tür mit den vier Kupferplatten. Geht das?«
    »Da habe ich ein Seminar«, sagte sie. »Aber wenn es wichtig ist, kann ich es schwänzen.«
    »Danke«, sagte ich leise und verschwand.
    Es besagt eine ganze Menge über das, was ich in den Gängen unter der Universität entdeckt hatte, dass mir erst auf halber Strecke zu meinem Zimmer im Anker’s klar wurde: dass ich soeben die Einladung der halbnackten Fela ausgeschlagen hatte, mit auf ihr Zimmer zu kommen.

    Am nächsten Tag schwänzte Fela ihr Seminar über Höhere Geometrie und machte sich stattdessen auf den Weg in die Bibliothek. Sie ging etliche Treppen hinab und dann durch ein Labyrinth aus Korridoren und Regalen, um schließlich zu der einzigen Steinwand im ganzen Gebäude zu gelangen, vor der kein Bücherregal stand. Dort befand sich, unbeweglich wie ein Berg, die Tür mit den vier Kupferplatten und der Aufschrift Valaritas .
    Fela sah sich nervös um und trat von einem Fuß auf den anderen.
    Nach einer Weile trat eine Gestalt aus der Dunkelheit in den rötlichen Lichtschein ihrer Handlampe. Die Gestalt trug einen Umhang mit Kapuze.
    Fela lächelte nervös. »Hallo«, sagte sie leise. »Ein Freund hat mich gebeten …« Sie hielt inne und versuchte das Gesicht unter dem Kapuzenschatten zu erkennen.
    Ihr ahnt schon, wen sie da sah.
    »Kvothe«, sagte sie ungläubig und blickte sich in plötzlicher Panik um. »Mein Gott, was machst du denn hier?«
    »Hausfriedensbruch«, erwiderte ich ein wenig unernst.
    Sie packte mich und zerrte mich durch ein Labyrinth aus Regalwänden in einen der kleinen Leseräume, die es in der ganzen Bibliothek gab. Sie stieß mich hinein, schloss die Tür hinter uns und lehnte sich dagegen. »Wie bist du hier reingekommen? Lorren kriegt einen Tobsuchtsanfall, wenn er das erfährt! Willst du, dass sie uns beide rausschmeißen?«
    »Dich würden sie nicht rausschmeißen«, erwiderte ich leichthin. »Du hast dich allenfalls der Verschleierung schuldig gemacht. Dafür kann man nicht rausgeschmissen werden. Du würdest wahrscheinlich mit einer Geldstrafe davonkommen, Frauen werden hier ja nicht ausgepeitscht.« Ich bewegte die Schultern ein wenig und spürte die Stiche auf meinem Rücken. »Was ich übrigens ein bisschen unfair finde.«
    »Wie bist du hier reingekommen?«, fragte sie noch einmal. »Hast du dich am Empfang vorbeigeschlichen?«
    »Es ist besser für dich, wenn du das nicht weißt«, sagte ich.
    Es war natürlich in Schwaden gewesen. Als ich den Geruch von altem Leder und Staub bemerkt hatte, den der Wind dort mit sichtrug, hatte ich gewusst, dass ich schon ganz nahe war. In dem Labyrinth der unterirdischen Gänge gab es eine Tür, durch die

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