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Der Narr und der Tod

Der Narr und der Tod

Titel: Der Narr und der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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verschneite Auffahrt hinunter, die Kälte, während er wartete, wahrscheinlich lange wartete, bis jemand kam ... nur zu genau erinnerte ich mich daran, wie schlecht Martin ausgesehen hatte. Was mochte mit ihm los sein?
    Sein Herz. Nach einer Weile fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
    Martin hatte gezögert, als ich ihn wegen des jährlichen Gesundheits-Checks befragte. Damals – wie lange war das jetzt her? Höchstwahrscheinlich hatte Martin an diesem Tag erfahren, dass etwas mit ihm nicht stimmte. Aber angesichts der Sorgen um seine und dann um meine Familie hatte er beschlossen, diese Sache erst einmal hintanzustellen und sich später damit zu befassen. Das hätte ich in so einer Situation getan, und Martin, da war ich mir sicher, dachte ähnlich wie ich.
    „Glaubst du, Onkel Martin holt uns hier raus?“ Reginas Stimme klang ganz hohl von all den Tränen.
    Ich lag da und verabscheute sie. „Er sah nicht gut aus, als ich ihn das letzte Mal sah“, sagte ich. „Drüben auf dem Hof.“
    „Dann sind wir auf uns allein gestellt?“ Regina klang, als sei das unfassbar. Sie klang nackt, alle Kraftreserven waren aufgebraucht. Ich wusste, wie sie sich fühlte. „Habt ihr von meiner Mutter gehört?“
    „Kein Wort.“
    „Dann ist sie noch auf Kreuzfahrt.“ Eine Weile saß Regina schweigend da. Die Stille war mir recht. Als sie den Mund öffnete, war es nicht, um trostreiche Floskeln von sich zu geben. „Dann bringen sie uns um. Jetzt, wo sie das Kind haben“, sagte sie, und ich wisperte: „Ja.“ Sie hatte das Ganze korrekt zu Ende gedacht.
    Danach warteten wir schweigend.

Kapitel 11
    Später fiel mir ein, Regina zu fragen, ob Margaret und Luke Hunde hielten.
    „Nein.“ Sie verstand meine Frage nicht und fand mich augenscheinlich ziemlich verrückt.
    „Gut.“ Hunde auf dem Grundstück verkomplizierten jede Flucht.
    Einmal hörten wir Hayden oben weinen und zuckten beide, als wollten wir aufstehen und uns um ihn kümmern. Was in meinem Fall bedeutete, dass mein Arm sich bewegte ... früher oder später würde ich aufstehen und zur Toilette gehen müssen, davor graute mir bereits. Soweit ich mich noch dazu aufraffen konnte, mich vor etwas zu fürchten.
    Die Granberrys tauchten nicht auf, sie beschäftigten sich wahrscheinlich nur noch mit ihrem neuen Baby. Obwohl ich beiden einen langsamen, qualvollen Tod an den Hals wünschte; würden sie weiterleben, dann sollten sie mir gefälligst extra starkes Paracetamol bringen.
    Ich schlief ein wenig, was sich nicht wie gewöhnlicher Schlaf, sondern mehr wie eine Ohnmacht anfühlte. Regina stöhnte und weinte, woraus ich ihr keinen Vorwurf machen konnte, nur sorgte ihr Jammern bei mir für noch mehr Kopfschmerzen. Schließlich hielt meine Blase es nicht mehr aus, und ich überredete meine Nichte dazu, mir aufzuhelfen.
    Der Gang zur Kabine am Fuß der Treppe war ungefähr so vergnüglich, wie ich es mir gedacht hatte. Immerhin würde ein Gang erst einmal reichen, entleerte ich mich doch gleich ganz, indem ich mich auch übergab. Ich hatte eine Gehirnerschütterung, das wusste ich, aber daran starb man nicht, oder? In meinen Krimis verließen Helden mit Gehirnerschütterung immer gegen den ausdrücklichen Rat ihrer Ärzte die Klinik, um munter weiter zu ermitteln. Von wegen! Ich wusste, welche Bücher bei mir zukünftig quer durchs Zimmer fliegen würden – falls ich eine Zukunft haben sollte.
    Außerdem schienen die Detektive in meinen Büchern immer so viel Aspirin und Ähnliches zu schlucken, wie sie wollten, an die empfohlene Erwachsenenhöchstdosis hielt sich keiner. War ich der einzige Mensch, der seinen Tablettenkonsum mit der Uhr in der Hand kontrollierte? Momentan hätte ich allerdings alles geschluckt, was man mir vorsetzte, solange ich danach nichts mehr mitkriegte.
    Wie Sie sehen, war mein Denkvermögen nicht mehr das, was es einmal gewesen war – und das waren nur die guten Gedanken.
    Ich versuchte, mich mit Fluchtgedanken zu beschäftigen. Ich versuchte außerdem, so zu tun, als ginge es mir glänzend und ich wäre wild entschlossen und kreativ. Dabei ging es mir körperlich und seelisch erbärmlich, und ich war verzweifelt.
    Aus dem Keller führte eine Tür nach draußen, eine flache Klappe, die draußen fast mit dem Boden abschloss. Bisher kannte ich solche Türen nur aus Filmen: aus Stahl und von außen fest verbarrikadiert. Fenster gab es keine. Die Tür oben an der Treppe, durch die man ins Haus gelangte, war fest verschlossen, wie Regina mir

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