Der Narr
kleines Studierzimmer mit Bett eingerichtet. Es steht dir die nächsten Tage zur Verfügung.«
Sam war zu müde, um noch etwas zu sagen. Schlaftrunken folgte er dem Professor in ein Zimmer mit einem Regal voller Bücher und einem Studiertisch. Er konnte gar nicht beschreiben, wie froh er war, wieder einmal in einem echten Bett schlafen zu dürfen.
Bevor der Professor den Raum verließ, richtete er sich noch einmal an Sam: »Solange du bereit bist zu lernen, ist dies dein Zimmer. Meine Schüler können bleiben, solange sie wollen. Alles weitere besprechen wir morgen!«
Kurz bevor er einschlief, fiel sein Blick auf ein Buch, das auf dem Tisch lag. Jemand hatte irgendetwas rot angestrichen: ›Liber LXXVII … There is no god but man … Man has the right to live by his own law. Man has the right to kill those who would thwart these rights. The slaves shall serve …‹
*
Heisenstein starrte an die Decke des Krankenhauszimmers. Was war geschehen? Er versuchte sich zu erinnern. Er hatte in seinem Spiegel vor dem Haus gestanden und begonnen, sich vor sich selbst zu ekeln.
Er hatte jede Menge Whiskey getrunken und dazu kaum etwas gegessen, das musste sich ja irgendwann einmal auf seinen Körper auswirken. Aber warum gleich so drastisch? Nun lag er da, wie ein besoffener Trottel, der nicht genug bekommen konnte.
Was würde die Presse bloß darüber schreiben? Es könnte genau das passiert sein, was Männer seines Kalibers am meisten fürchteten: Eine unüberlegte Handlung konnte all das zunichtemachen, wofür man jahrelang hart gearbeitet hatte.
Risikomanagement. Im Zweifelsfall nichts sagen, sich der Aussage enthalten und darauf warten, bis Verbündete die Lage klären.
Endlich betrat ein vertrautes Gesicht das Zimmer. Frau Mansdorf, seine treue Assistentin, sah ihn besorgt an. »Dr. Heisenstein, es tut mir so leid!«, seufzte sie. Nach all dem, was passiert war, zeigte sie Respekt. An ihrer Körperhaltung erkannte er, dass nichts gespielt war.
Er sammelte sich. »Die Presse?«, fragte er mit fester Stimme.
»Sie hatten einen Kollaps nach dem Tod Ihrer Tochter und Sie machen sich ernsthaft Sorgen um die Presse?«
»Ich mache mir immer Sorgen um die Presse«, gab Heisenstein zurück.
»Der Mayr hat angerufen«, seufzte sie. »Er hat gemeint, wenn sie ihm ein paar Hintergrundinfos geben, könnte man eine Story draus machen, bei der sie in einem günstigen Licht erscheinen.«
Der Mayr! Natürlich der Mayr. Wer sonst?
»Was bietet der Schreiberling an?«
»Er würde diesen traurigen Kollaps mit den außergewöhnlichen Umständen erklären. Sie wissen schon. Ein Bericht über Alice, über ihren Tod und …«, seine Assistentin stockte.
Heisenstein nickte. Er hatte sie verstanden. Das Image bei seinen Geschäftspartnern war angekratzt, da konnte er machen, was er wollte, doch Geld wurde immer noch mit dem Vertrauen der Masse gemacht und der Mob vertraute den Menschen mit Herz. Eine gefühlsvolle Story könnte ihm vielleicht auch den Weg in die Politik ebnen.
Er wusste immer noch nicht, was eigentlich geschehen war. Dunkel erinnerte er sich noch an den Sturz und an die zerbrochene Flasche Whiskey … und dann kam das Blut. Er musste sich versehentlich aufgeschnitten haben.
»Sie hatten Glück, dass Ihre Bekannte Sie gefunden hat«, fügte Mansdorf hinzu, während er seinen in Bandagen gelegten Arm begutachtete.
»Meine Bekannte?«
Die Tür ging auf. Estrella! Er hatte vergessen, ihr den Zutritt zum Haus zu verwehren. Ein Klick im Sicherheitssystem – und schon war eine personalisierte Zutrittskarte deaktiviert. Normalerweise eine Routinesache, noch nie zuvor hatte er das vergessen. Er hätte verbluten können. Nur durch seine Vergesslichkeit war er noch am Leben. Jemandem, dem niemals Fehler passierten, wurde durch einen Fehler das Leben gerettet!
Ihm blieb nichts anderes übrig, als Estrella in den Arm zu nehmen. Dabei entglitt ihm bei aller Vorsicht sogar ein Lächeln. Ob dem Mayr auch eine Story einfallen könnte, die ihren Hintergrund verschleierte? Und dann brauchte er noch seinen Anwalt. Falls sie diese Situation ausnutzen würde, um neben ihm in die Presse zu kommen, musste eines gleich einmal vertraglich festgehalten werden: Ihr perfekter Arsch musste so lange wie möglich so perfekt bleiben, wie er war. Dafür hätte sie zu sorgen.
Frau Mansdorf machte sich zum Gehen auf, nachdem Estrella Dr. Heisenstein den Kopf zu streicheln begann. Schließlich drehte sie sich noch einmal um.
»Da ist noch
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