Der Narr
Richtung Heimat anzutreten.
»Als Frau Loidl die Leiche frühmorgens am Tatort aufgefunden hatte, waren die Festbesucher, und somit auch Tatverdächtige, zum Teil schon abgereist«, gab Wimmer nun stramm stehend von sich. »Von den Personen, die zur Ankunftszeit der diensthabenden Beamten noch zugegen waren, haben wir die Personalien aufgenommen. Der Endbericht, Kollege Schremser kümmert sich darum, folgt um Punkt fünfzehnhundert. Die ersten Einvernahmen haben ergeben, dass die Tat nach ein Uhr nachts erfolgt sein muss. Die meisten Tatverdächtigen hatten zu diesem Zeitpunkt schon den ihnen zugedachten Schlafplatz aufgesucht. Mindestens drei Personen gaben an, das Opfer zu dieser Zeit noch lebend gesehen zu haben.«
»Lassen Sie lieber den Gerichtsmediziner den Todeszeitpunkt ermitteln! Ich will Ihnen nur eine weitere Peinlichkeit ersparen. Wo ist er überhaupt? Ich habe darum gebeten, dass der Gerichtsmediziner anwesend ist, wenn ich hier ankomme.«
»Nachdem wir den Anruf erhalten haben, dass die Leiche erst bei Ihrem Eintreffen verlegt werden darf, haben wir uns gedacht, wir rufen den besten Mann für diesen Job. Der Herr Primar Wendelin Pühringer wurde leider ein wenig aufgehalten. Er sollte aber jeden Moment hier sein.«
Hatten diese Idioten den Quacksalber mit politischen Beziehungen wirklich noch in ihren Diensten? Alkohol und Frauen! Man sollte von beiden die Finger lassen, wenn man nur eines davon nicht vertrug.
»Wir kommen extra aus Wien und der Gerichtsmediziner aus Linz ist noch nicht da? Columbo, wollen Sie mich etwa verarschen?«
Wimmer erinnerte ihn an so manchen älteren Schüler, der auf die Neulinge im Internat aufpasste, damit sie sich schnäuzten und kämmten. Fleißig und gehorsam auf Kosten von Kreativität und Charisma. Solange die Obrigkeit ihm genau auftrug, was er zu tun hatte, ging alles gut. Doch sobald man ihm nur ein wenig Spielraum ließ, eigene Entscheidungen zu treffen, kam nur Blödsinn dabei heraus. In freier Wildbahn wäre Wimmer in der Steinzeit von einem wilden Tier gefressen worden, weil ihm niemand den Befehl zum Weglaufen gegeben hätte.
»Wo ist das Mädel, das die Leiche gefunden hat?«
»Der Kollege Schremser hat die Befragung schon erledigt. Ich hole das Protokoll.«
»Wimmer, ich habe ausrichten lassen, dass ich mich persönlich des Falls annehme. Das gilt auch für die Befragung wichtiger Zeugen!«
Wieder wich Wimmer den Blicken aus und fuhr sich durch sein wirres Haar. Er nahm scheinbar allen Mumm zusammen, um schließlich stotternd zu entgegnen: »Der Schremser hatte gerade Zeit und ist rhetorisch sehr begabt. Wir dachten uns, es wäre gut, keine Zeit zu verlieren.«
»Überlassen Sie das Denken den Pferden, Columbo! Holen Sie mir sofort die Zeugin her!«
Als Wimmer rot anlief, wusste Remmel, dass ihm noch ein Wutausbruch bevorstand. Es dauerte einige Zeit, bis aus dem Stottern Wimmers ein zusammenhängender Satz wurde.
»Äh … nun ja. Wie soll ich sagen … der Krankenwagen ist bereits auf dem Weg nach Linz.«
»Dann soll er eben umdrehen, zum Teufel nochmal! Veranlassen Sie sofort, dass er zurückkommt, Columbo!«
Hanni blickte Remmel vielsagend an, während Wimmer dazu ansetzte, dem Chefinspektor zu widersprechen. Mitten in dem Versuch, stotternd zu protestieren, gab er schließlich auf und fing an, hektisch seinen Trenchcoat abzuklopfen. Es dauerte einige Zeit, bis er sein Diensthandy in einer Innentasche gefunden hatte.
Er murmelte irgendetwas zu sich selbst, als er mit den Fingern am Handy das Menü für die Anruflisten suchte.
»Jo, Wimmer do! Da Rettungswogn soi nu amoi zum Parkplotz kumman, bitte.«
Remmel sah am verzweifelten Gesichtsausdruck Wimmers, dass der Angerufene ihm offenbar etwas entgegnete und es seinem Kollegen schwerfiel, rhetorisch mitzuhalten. Der Polizeibeamte entfernte sich mit hängenden Schultern einige Schritte von ihnen, um das Telefonat abzuschließen. Es war ihm offenkundig peinlich, dass er unterwürfig darum bitten musste, damit seinem Wunsch Folge geleistet wurde. Es war nur allzu deutlich, dass es nicht gerade seine Stärke war, am Telefon zu verhandeln.
»Reiß dich bitte ein wenig zusammen«, zischte Hanni. »So geht man nicht mit Kollegen um!«
Remmel wollte gerade widersprechen, da trottete Wimmer wieder heran. »Der Rettungswagen ist auf dem Weg hierher.«
»Na wunderbar!«, antwortete Remmel. »Wenn Sie mit diesem Wunderding in Ihrer Hand auch noch den Gerichtsmediziner herbeamen können, Columbo,
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