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Der Narr

Der Narr

Titel: Der Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Papp
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Sam bezweifelte jedoch, dass er sich dort auch wirklich zurechtgefunden hätte. Vermutlich würde er in der Vergangenheit schon bald wieder von der Zukunft träumen.
    Einige der Túatha Dé Danann, des Keltenclans, erblickten Sam, wie er von seinem Hochstand herunterkletterte. Er konnte ihre Blicke nicht deuten. Sicher hätte niemand damit gerechnet, bei der Pyramide auf einen Narren zu treffen. Sam musste sich der Gefahr stellen. Er hatte schon genug Zeit vergeudet und erreichte nun den Boden.
    Nimue winkte ihn zu sich. Neben ihr stand immer noch der Mann, der sie so freundlich begrüßt hatte.
    »Sam, das ist Taranis, der Túatha Dé Danann.«
    Sam versuchte das Gesicht des stämmigen Mannes mit den Erinnerungen des Vortages abzugleichen. Ein paar graue Strähnen durchzogen bereits sein Haar und seinen Rauschebart. Die Sorgenfalten und verzwickten Gesichtszüge deuteten darauf hin, dass er frühmorgens nicht mit einem »Hurra« aufwachte, um frohlockend den Tag zu genießen. Sam konnte sich nicht erinnern, ihn am Burgfest gesehen zu haben. Doch das hatte nichts zu bedeuten.
    »Bist du immer als Narr unterwegs?«
    »Nur wenn ich mich zum Deppen gemacht habe, Taranis!«
    »Nenn mich bitte einfach Willi«, gab sein Gegenüber zurück.
    Nimue sah ihn verwirrt an. »Was ist so schlimm an deinem Kultnamen?«, fragte sie ihn vorwurfsvoll.
    »Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche«, seufzte Willi. »Deswegen geben Gisi und ich uns keine historischen Namen mehr, Rebecca.«
    »Rebecca, Reb, Rebbie oder Häschen«, grummelte sie, »so hat man mich gerufen, als ich noch ein Kind war. Heute bin ich Nimue.«
    Sam stöhnte innerlich. Wo war er nur gelandet? Er wollte weg.
    »Ich bin übrigens Commander Rayden Zergkiller«, rutschte ihm heraus. Es war wieder einmal passiert. Erneut hatte er bei einer stupiden Diskussion seinen sinnlosen Senf abgegeben. Er biss sich auf die Zunge. Nichts mehr sagen, kein Wort mehr!
    »Ein Name ist etwas Magisches. Seine Bedeutung prägt dein Wesen«, gab Nimue bissig zu verstehen. »Deswegen musst du dir einen Namen suchen, der zu deiner Tradition passt.«
    »Mach ich doch! Bei ›StarCraft‹ plätte ich gerne Zerg!«, gab er trotzig zurück. Schon wieder!
    »Ich erkläre es dir«, grummelte Nimue. Sam seufzte. Seit die Hexe ihm beim Tarot jede Regel erklärt hatte, wusste er, was es bedeutete, sie ausreden zu lassen.
    »Rebecca kommt aus dem Jüdischen und bedeutet ›die Verbindung Schaffende‹. Das passt nicht zu mir. Der Name wäre somit eine Quelle des Unglücks. Ich bin Nimue, die Herrin der See! Aber Rayden Zergkiller? Das ist doch kein Name!«
    »Commander Rayden Zergkiller!«, verbesserte Sam.
    Nimue fuhr damit fort, ihn aufzuklären: »Der Vorname ist übrigens nur ein Teil des Namens. Es gibt weitere numerologische Systeme, die einen Namenwert ermitteln. Du bist eine Summe aus vielen Teilen. Jedes System beleuchtet nur einen Aspekt, etwa das Geburtshoroskop: Das Sonnenzeichen alleine macht noch keinen Menschen. Die Astrologie kennt Planeten, Häuser, Aszendenten, Mondknoten und vieles mehr. Du musst das System als Ganzes verstehen, damit die Einzelteile einen Sinn ergeben.«
    Sam holte tief Luft. So konnte es nicht weitergehen. Er lief Gefahr, die ganze Nacht mit ihr über Namen zu sprechen, falls er ihr erneut widersprechen würde.
    »Einverstanden!«, seufzte er und hoffte einen Schlussstrich unter die Diskussion gesetzt zu haben.
    Nimue sah ihn triumphierend an. Ja, sie hatte gewonnen. Aber auch nur, weil es ihm scheißegal war, ob sie sich Rebecca, Chewbacca oder Nimue nannte. Sie würde so oder so dieselbe, verrückte Ziege bleiben.
    »In meiner Tradition bekommst du mit jeder Initiation einen neuen Namen, es ist nichts anderes als Tod und Wiedergeburt. Das alte ›Ich‹ existiert nach dem Ritual nicht mehr.«
    Sam versuchte, ihre Ausführungen in seinem Kopf auszublenden, indem er die ›Star Trek - The Old Series‹-Melodie in Gedanken auf- und abspielte, doch es wollte ihm nicht gelingen. Ausführlich erklärte sie ihm, wie man ein Schwitzhüttenritual abhielt. Sogar als er demonstrativ gähnte, fuhr sie weiter fort, ihm zu erklären, dass man dabei symbolisch sterben und die Person, die aus der Hütte zurückkehren würde, ein komplett neuer Mensch wäre und das alte ›Ich‹ nicht mehr existierte.
    »Das wäre praktisch, wenn ich wieder mal was verbockt habe. Ich, neuer Sam, war das nicht, das war der alte Sam, die Sau! Die einen beichten,

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