Der Narr
die anderen schwitzen. Das hätte dann was, wenn du dich vor dem Pfarrer fürchtest und du schwitzend beichtest.«
Langsam begann Sam sich zu fragen, ob sich so ein ›Sam 2.0‹ nach einem Schwitzhüttenritual auch den Sarkasmus abgewöhnt haben könnte. Doch Nimue schien seinen sarkastischen Unterton nicht bemerkt haben.
»Ein interessanter Punkt«, bestätigte sie in ihrem ihm bereits bekannten Oberlehrerinnenton. »Tatsächlich dürfte niemand den neuen Sam mehr für die Taten seines Vorgängers belangen. Doch diese Rituale sind Gemeinschaftsangelegenheiten. Man würde dir erst die Gelegenheit geben, einen Schritt nach vorne zu tun, wenn du mit deiner Vergangenheit im Reinen bist.«
»Verstehe«, sagte er und hoffte, damit endlich einen Strich unter die Namensdiskussion gesetzt zu haben.
»Das ist Naturreligion. Jeder Ablauf ist ein Kreislauf von Tod und Wiedergeburt«, setzte sie nach.
Sam erinnerte sich an eine Begebenheit vom Vortag. Ceallach hatte mit einer Tierliebhaberin gestritten, nachdem er behauptet hatte, dass ein Tieropfer für das Tier nichts Schlimmes war. Sam wurde allmählich klar, was dieses Weltbild mit sich brachte, wenn man es wortwörtlich auslegte.
»Wenn der ewige Kreislauf von Tod und Wiedergeburt immer gilt, müsste jedes Lebewesen folglich auch wiedergeboren werden. Mord wäre somit ein Nehmen und Geben. Ich nehme der Person zwar das Leben, gebe ihr dabei aber auch ein Neues.«
»Ich sehe, du beginnst zu verstehen«, antwortete Nimue lächelnd. »Und viele Menschen müssten sogar dankbar für diesen Ruck sein, wenn du dich in der Welt umsiehst.«
*
Sehr geehrter Herr Präsident, geschätzte Kollegen,
die Untersuchungen am Tatort wurden erfolgreich abgeschlossen. Besonders lobend möchte ich die Zusammenarbeit mit Inspektor Gernot Schremser und Dr. Wendelin Pühringer hervorheben. Herr Schremser war als erster Beamter am Tatort und koordinierte mit unermüdlichem Einsatz das Geschehen bis zum Ende der Erstuntersuchungen. Ohne sein tatkräftiges Wirken wäre ein derartig effizienter Einsatz am Tatort nicht möglich gewesen. Herr Pühringer konnte sich wie immer durch seine fachliche Expertise auszeichnen. Wir wissen durch ihn bereits jetzt, dass es sich bei der Tatwaffe um eine Art Dolch mit einer gebogenen Klinge handeln muss. Die Tatwaffe wurde nicht am Tatort gefunden. Wir gehen mittlerweile davon aus, dass der Täter sie mitgenommen hat.
Es verdichten sich die Beweise, dass es sich bei dem Täter um einen Studenten der Fachhochschule handelt. Kollege Schremser konnte nach der Abreise von Herrn Remmel noch einen Augenzeugen ausfindig machen, der eine auffällige Person nach der mutmaßlichen Tatzeit gesehen hat. Der Augenzeuge konnte einen Mann identifizieren, der mit blutverschmiertem T-Shirt die Burg verlassen hat. Die Beschreibung passt zu unserem Hauptverdächtigen. Da der Gesuchte gestern auch mehrmals damit geprahlt hatte, einen Ausflug in die Brauerei Freistadt zu unternehmen, können wir eine Suche einleiten.
Leider ist es erst jetzt möglich, eine Fahndung einzuleiten, da unsere Ermittlungen am Tatort unnötig erschwert worden sind. Da wir jetzt erst den Tatort verlassen können, gibt es auch noch kein Fahndungsfoto. Aufgrund der deutlichen Indizien bezüglich des Hauptverdächtigen stelle ich hiermit den Antrag, alle möglichen Kräfte für eine Fahndung in Oberösterreich einzusetzen und diese Untersuchung auch von Oberösterreich aus zu leiten. Wir sind zuversichtlich, so unseren Hauptverdächtigen bald dingfest machen zu können.
Mit kollegialen Grüßen,
Wimmer
P.S. Wie von Herrn Remmel angefordert, die Informationen zum erweiterten Verdächtigenkreis: Alois Hirschbichler, in der Szene bekannt unter den Namen Ceallach O’Connor. Beruf der Eltern unbekannt. Gebürtig und wohnhaft in Wien. Keine höhere Schulausbildung bekannt, arbeitet in einer Videothek als Aushilfskraft. Zweite Person: Philip Aristos. Beruf der Eltern: Mediziner. Laut Herrn Pühringer auch hochangesehen. Die Fotos der Verdächtigen sind der Homepage der Túatha Dé Danaan entnommen und im Anhang zu finden. Foto des Hauptverdächtigen folgt, sobald verfügbar.
»Dieses E-Mail hat Schremser verfasst und Wimmer hat auf ›Senden‹ gedrückt«, grummelte Remmel. Er hatte wieder seinen allwissenden Blick. Seine Argumentation war aber auch für Hanni schlüssig, Wimmer drückte sich komplizierter aus und Schremser war redegewandter.
Es folgte der von Hanni erwartete Wutausbruch.
»Diese
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