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Der nasse Fisch

Der nasse Fisch

Titel: Der nasse Fisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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Zörgiebel unverblümt gesagt.
    So hatte der Polizeipräsident die Veranstaltung allein mit Rath bestritten, nachdem sie sich darüber geeinigt hatten, welche
     Informationen sie überhaupt herausgeben wollten. Der Journaille schien es zu reichen. Die Reporter schrieben fleißig mit.
    Charly blieb noch an der Tür stehen, als die Konferenz vorüber war und die Reporter an ihr vorbei auf den Gang drängten. Eigentlich
     war Eile nicht mehr vonnöten, die Abendausgaben sämtlicher Blätter waren seit wenigen Minuten im Verkauf, und ein Extrablatt
     gab die Nachricht auch nicht her. Charly blieb stehen, bis die ganze Meute an ihr vorüber war und Rath mit Zörgiebel als Letzter
     den Saal verließ. Sie grüßte den Polizeipräsidenten höflich, ihn hingegen schaute sie feindselig an. Rath schob es auf ihre
     Vereinbarung, sich in der Burg nicht wie ein Liebespaar zu benehmen und sich tunlichst zu ignorieren.
    Dass sie ihn gar nicht ignorierte, merkte er erst, als sie zu ihm sprach.
    »Sie sind ja vielleicht ein Arschloch, Herr Rath«, zischte sie, so laut, dass auch der Polizeipräsident es hören konnte, und
     ließ ihn stehen wie einen dummen Schuljungen.

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    25
    N a dann: frohe Pfingsten!
    Charly ging nicht ans Telefon. Den ganzen Freitagabend hatte er es probiert. Einmal hatte er wenigstens ihre Freundin an die
     Strippe gekriegt. Greta hatte ihm in knappen Worten gesagt, Charly sei über Pfingsten verreist. Und dann hatte sie aufgelegt.
    Verreist! Das konnte er nicht glauben. Charly hatte erst Sonntag frei. Und da hatten sie eigentlich zusammen ins Grüne fahren
     wollen. Allein der Gedanke daran, wie sie zusammen im Excelsior Pläne für die Feiertage geschmiedet hatten, versetzte ihm einen Stich. Irgendwann hatte er es aufgegeben, ihre Nummer zu
     wählen. Es war spät, als er die Burg verließ und nach Friedenau fuhr. Bruno war schon auf dem Weg ins Bett, doch er setzte
     sich noch eine Weilezu ihm. Sie tranken. Das wurde langsam zur Gewohnheit. Doch die Gedanken an Charly konnte auch der Alkohol nicht vertreiben.
    Als er am Samstag in die Burg ging, obwohl er frei hatte, war von ihr nichts zu sehen. In der Inspektion A traf er nur einen
     überaus schlechtgelaunten Wilhelm Böhm, der kein Wort mit ihm sprach und ihn anschaute, als sei er ein ekliges Insekt. Er
     hätte es nicht für möglich gehalten, aber das war noch schlimmer, als von dem Mann angeschnauzt zu werden.
    Zörgiebel hatte mit seiner Warnung Recht gehabt. Eisige Stimmung in der ganzen Inspektion A. Rath war sich sicher, das wegstecken
     zu können.
    Nur das mit Charly, das traf ihn tief. Tiefer noch, als er sich das eingestehen mochte. Sie schien ihn wirklich zu verachten
     für das, was er getan hatte, für seine Heimlichkeiten, für die Demütigung, die er Böhm zugefügt hatte, am meisten aber wohl
     dafür, dass sie ihn, ohne zu wissen, was ihn heimlich umtrieb, mit Exklusiv-Informationen aus der Mordkommission Möckernbrücke gefüttert hatte. Ohne dass er ihr irgendetwas von seinen Plänen mitgeteilt hätte, geschweige denn von seinen Erkenntnissen. Er hatte sie ausgesaugt, ausgequetscht wie eine Zitrone.
    Aber was hätte er denn tun sollen? Als er Charly kennen lernte, steckte er doch schon mittendrin in dem ganzen Mist. Hätte
     er einfach aufhören sollen?
    Vielleicht.
    Aber er brauchte diesen Erfolg. Er, Gereon Rath, brauchte einen persönlichen Erfolg, einen Erfolg, den er nicht mit selbstgerechten Vorgesetzten
     à la Böhm teilen wollte, nicht teilen konnte.
    Seine Eltern hatten Freitagabend angerufen und gratuliert. Wahrscheinlich hatte Zörgiebel seinen alten Freund informiert.
     Auch über Gereons freie Tage. Ob er nicht über Pfingsten nach Köln kommen wolle, hatte Engelbert Rath gefragt. »Deine Mutter
     würde sich so freuen.«
    Eine richtige Ausrede hatte Gereon nicht zur Hand. Er wäre mit Freunden verabredet, hatte er gesagt, und außerdem müsse er
     sich um eine neue Wohnung kümmern. Dünne Ausreden. Der Vatervermutete natürlich eine neue Freundin dahinter und zog seinen Sohn damit auf. Sollte der Alte das ruhig glauben. Solange
     er es akzeptierte. Familie hätte Gereon jetzt nicht ertragen können. Ursula vielleicht, seine jüngere Schwester. Die vermisste
     er manchmal. Aber der Rest konnte ihm gestohlen bleiben. Das Schweigen über Severin. Und dann die Lobreden über Anno, die
     sein Vater immer so geschickt anzubringen wusste, dass Gereon sich wie ein Versager fühlte. An den heiligen Anno würde er
    

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