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Der nasse Fisch

Der nasse Fisch

Titel: Der nasse Fisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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schmutzigrot.
    »Rapsöl?«, fragte Rath. »Besitzen Sie auch noch eine Margarinefabrik?«
    Marlow grinste. »Wenn Sie aus dieser Fracht hier Margarine machen wollten, wäre die schwer bekömmlich. Drei Kessel enthalten
     Salzsäure, einer Salpetersäure, rund 150 Hektoliter pro Waggon.«
    »Und wo ist das Gold?«
    »Genau das ist die Frage«, sagte Marlow. »Diese Waggons gehörten zu einem Güterzug, der vor vier Wochen Berlin ansteuerte. Mit diesem Zug wollte Kardakow das Gold aus der Sowjetunion
     schmuggeln.«
    »Aber die Waggons hier, die kommen aus Ostpreußen.«
    »Die Waggons, aber nicht die Ladung. Russische Güterzüge werden an der Grenze umgeladen. Die russische Eisenbahn hat eine
     andere Spurweite. Fast zehn Zentimeter breiter als unsere.«
    »Wieso hat Kardakow dann ausgerechnet einen Zug zum Schmuggeln genommen? Da können Sie ja nicht einmal die Wagen präparieren.
     Wie will er dann so viel Gold über die Grenze bringen?«
    »Genau diese Frage stellen wir uns auch seit vier Wochen. Kardakow und die Gräfin sind an jenem Abend nicht wie vereinbart
     hier am Bahnhof erschienen, als der Zug eintraf.«
    »Stattdessen kam Boris.«
    »Richtig. Er war der Zugbegleiter. Aber auch Kardakows Kontaktmann.«
    »Dann muss er Ihnen doch etwas erzählt haben.«
    »Schön wär’s. Der Mann sprach kein Wort Deutsch. Außerdem hat er dem Braten nicht getraut, als er keinen Landsmann antraf,
     sondern nur meine Leute. Wir haben versucht, ihn zu beruhigen, aber er hat plötzlich Panik bekommen und ist quer über die
     Gleise davongelaufen. Das Nächste, was ich von ihm gesehen habe, war sein Foto im Abendblatt .«
    Rath dachte kurz nach.
    »Vielleicht hat Kardakow Sie einfach hinters Licht geführt«, meinte er. »Stellt Ihnen einen Chemiezug hin und will selbst
     mit dem Gold durchbrennen.«
    »Das glaube ich nicht. Ohne mich hätte er mit dem Gold nicht viel anfangen können.«
    Er zündete sich eine Zigarre an und gab Fred einen Wink, seinen Posten wieder zu beziehen.
    »Wissen Sie übrigens«, fuhr er fort, während er die Zigarre anrauchte, »was man aus drei Teilen Salzsäure und einem Teil Salpetersäure
     herstellen kann?«
    »Ich bin kein Chemiker.«
    »Aqua regis.«
    »Nie gehört. Was soll das sein.«
    »Königswasser. Ein hochaggressives Gemisch. Eines, in dem sich sogar Gold auflöst.«
    »Was soll das heißen – ist das Gold also in der Säure?«
    »Eben nicht. Wir haben hier nur Salzsäure und Salpetersäure in den Waggons. Beide Säuren für sich können kein Gold lösen.
     Erst das Gemisch kann das. Das Gold muss irgendwo anders sein.«
    »Und in den Waggons ist es nicht?«
    »Nein, wir haben jeden Millimeter untersucht, der als Versteck in Frage käme. Obwohl eigentlich klar war, dass wir nichts
     finden würden.«
    »Wieso?«
    »Wie hätte das Gold beim Umladen in Ostpreußen unbemerkt sein Versteck wechseln sollen? Eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit.
     Es sei denn, Sie bestechen sämtliche Grenzbeamten und Bahnhofsmitarbeiter und präparieren nicht nur die russischen, sondern
     auch die deutschen Kesselwagen. Sie dürfen nicht vergessen, dass wir hier von einer riesigen Menge Gold sprechen, einige Tonnen Gold.«
    »Vielleicht kommt es erst mit einer zweiten Lieferung. Irgendeine unauffällige Fracht, irgendein Schrott, in dem das Gold
     versteckt ist. Und mit dem Königswasser können Sie es dann herauslösen.«
    »Genau das vermute ich inzwischen auch. Nur war von einer zweiten Lieferung nie die Rede. Ich habe mit Kardakow immer nur
     über diesen Transport gesprochen. Er hat den ganzen Papierkram vorbereitet, ich habe unterschrieben – er brauchte jemand Unverdächtigen,
     der die Lieferung bei diesem Chemie-Kombinat in Leningrad anfordert.«
    Marlow hatte also den seriösen Geschäftsmann gespielt, damit die Roten keinen Verdacht schöpften.
    »Und das hat funktioniert?«
    »Ich hatte einen Besucher aus der sowjetischen Botschaft hier– dieser Troschin, der jetzt vermisst wird –, und das war’s. Seitdem weiß ich, dass die Tscheka alarmiert ist. Ich hab dem
     Mann die Lieferung gezeigt und vorgeführt, was man mit Salzsäure und Salpetersäure alles wegätzen kann, und er ist wieder
     abgezogen.«
    »Wahrscheinlich war er froh, dass Ihre Männer ihm nichts weggeätzt haben.«
    »Vielleicht.«
    »Eines verstehe ich nicht, Herr Marlow«, meinte Rath nachdenklich. »Sie sollten das Gold für Kardakow in Bargeld verwandeln,
     wenn ich richtig informiert bin. Warum stochern Sie dann

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