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Der nasse Fisch

Der nasse Fisch

Titel: Der nasse Fisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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ja wissen, wer einem bei solch einer Aktion quer kommen kann. Und vor den Schwarzhundertern hatte Kardakow
     mehr Angst als vor Stalins Tschekisten.«
    »Vielleicht zu Recht, wenn man an seinen jetzigen Zustand denkt. Was ist denn das für eine Truppe?«
    »Zaristische Terroristen, wenn Sie so wollen. Ganz üble Schweinehunde. Sagen wir mal, so was Ähnliches wie die SA auf Russisch.
     Nur dass die SA dagegen wie ein Häuflein aufrechter Pfadfinder wirkt. Kardakow wusste, dass die auch hinter dem Gold her waren.«
    »Ich hatte eher vermutet, die beiden Russen arbeiten für die Nordpiraten .«
    »Hören Sie mir auf mit diesem Zuhälterclub. Die Piraten wissen von dem Gold rein gar nichts, diese Idioten!«
    »Aber sie liegen mit der Berolina im Krieg. Und Kardakows Leiche hatte nicht nur die vollständigen Papiere in der Tasche, sondern auch eine Berolina -Vereinsnadel. Sieht doch ganz so aus, als wolle da jemand die Berolina in Schwierigkeiten bringen.«
    »Scheint ja auch zu funktionieren. Ihre Leute steigen dem roten Hugo schon wieder aufs Dach. Der arme Kerl. Seine Nerven sind
     derzeit nicht die besten.« Marlow gab dem Chinesen einen Wink, und der schenkte Whisky nach. »Glauben Sie mir, Herr Kommissar:
     Wenn Fallin und Selenskij etwas mit Kardakows Tod zu tun haben, dann gehören sie zum Schwarzen Hundert . Die Art und Weise, wie Kardakow und das andere arme Schwein …«
    »Boris.«
    »… wie die beiden gefoltert wurden, so brutal und gleichzeitig so perfide, das ist ganz die Handschrift des Schwarzen Hundert .«
    Rath zog an seiner Zigarette und dachte kurz nach. Was Marlow da sagte, konnte durchaus einen Sinn ergeben. Ehemalige Geheimpolizisten,
     die es nicht lassen konnten. Und die immer noch wussten, wie man anderen Menschen wirkungsvoll wehtut.
    »Und weiter?« Marlow wurde ungeduldig. »Was wissen Sie noch?«
    »Wenig«, sagte Rath. »Selenskij lebt nicht mehr.«
    »Ermordet?«
    »Wahrscheinlich.«
    »Von wem?«
    »Gute Frage. Da gibt es mehrere Möglichkeiten: Entweder von einem Konkurrenten in Sachen Sorokin-Gold. Oder von seinem Komplizen,
     weil er Mist gebaut hat und zum Sicherheitsrisiko wurde. Vielleicht war es auch ganz einfach ein Racheakt.«
    »Dieses verfluchte Gold hat bislang viele Menschen tot und noch keinen einzigen reich gemacht«, meinte Marlow.
    Rath nickte. Offensichtlich wusste eine ganze Menge Leute von dem Gold. Marlow und seine Männer, Wolters Kriegskameraden und
     ihr Spitzel Wilczek, die Kommunisten, Schwarzhunderter, die Gräfin Sorokina und die führungslose Rote Festung – kein Wunder, dass die sich gegenseitig in die Quere kamen.
    »Und was ist mit Fallin?«, fragte Marlow.
    Rath zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Jedenfalls ist dessen Leiche noch nicht aufgetaucht.«
    »Wollen wir hoffen, dass er noch lebt. Wenn er Kardakow tatsächlich in die Mangel genommen hat, dann weiß er auch am ehesten,
     wo das Gold versteckt ist.«
    »Warum hat er es dann nicht längst geholt?«
    »Weil es gut bewacht ist.«
    »Von wem?«
    »Von meinen Leuten.«
    »Was soll denn das heißen? Sie erzählen mir, Sie wüssten nicht,wo das Gold ist, und lassen es dennoch bewachen? Das müssen Sie mir erst mal erklären!«
    »Am besten kommen Sie einfach mit! Dann zeig ich’s Ihnen.«
    Wenige Minuten später gingen die drei Männer über Gleisanlagen durch die Dunkelheit. Sie hatten Marlows Büro in der Rüdersdorfer
     Straße durchquert, die umgebaute Lagerhalle des Ostbahnhofs, und waren auf dem Güterbahnhof der Ostbahn gelandet, der, anders
     als der Personenbahnhof, immer noch in Betrieb war.
    An einem Güterschuppen machten sie halt. Marlow Importe GmbH konnte man im dünnen Licht der elektrischen Lampen an der Schuppenwand lesen. Als sie die Laderampe betraten, löste sich
     ein Schatten aus dem Schwarz des Schuppens. Der Mann trug offensichtlich eine Maschinenpistole unter seinem Mantel.
    »Alles klar, wir sind’s, Fred«, rief Marlow und hob seinen Arm.
    »’N Abend, Chef. Alles ruhig«, sagte Fred.
    Noch ein Mann kam aus dem Schuppen, zwei weitere kletterten von den Waggons, die auf dem Gleis an der Rampe abgestellt waren.
     Alle drei Männer trugen Waffen.
    »Schon gut«, sagte Fred, »geht zurück auf eure Posten.«
    Die Männer verschwanden wieder in der Dunkelheit, Rath schaute ihnen nach.
    Auf dem Abstellgleis standen vier Kesselwagen. Der Ruß vieler Lokomotiven hatte den weißen Lack auf den bauchigen Tanks grau
     gefärbt und den Schriftzug Vereinigte Ölmühlen Insterburg

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