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Der nasse Fisch

Der nasse Fisch

Titel: Der nasse Fisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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Hände und Füße. Das wird Berlin jetzt noch ein paar Tage unterhalten.
     Und wenn die Helden der Mordkommission den Täter präsentieren, dann steht die Polizei wieder da wie Persil am Himmel! Weiß
     und strahlend! Die Presse feiert sie, ganz Berlin feiert sie. Und kein Mensch denkt mehr an die blutigen Maitage.«
    Rath nickte, ganz in seine eigenen Gedanken versunken. Weinerts Theorie klang irgendwie einleuchtend. Nur dass noch abzuwarten
     wäre, wer in dieser Geschichte der Held sein würde.
    »Sag mir nicht, du würdest diese Geschichte nicht schreiben«, sagte er. »Wenn du exklusive Informationen über eine Mordermittlung
     hättest, eine Mordermittlung, die ganz Berlin interessiert, würdest du dann nichts schreiben, nur weil deine Geschichte dem
     Polizeipräsidenten nützt?«
    Weinert lächelte und ließ seine Zähne sehen. Er sah aus wie ein Haifisch mit Kaffeetasse.
    »Ich freue mich immer über exklusive Informationen«, sagte er.
    »Gut zu wissen.« Rath stellte seine leere Kaffeetasse auf den Tisch und stand auf. »Ach, übrigens, ich habe dir doch neulich
     einen Zehner geliehen …«
    »… bekommst du morgen zurück. Versprochen. Ich hatte in den vergangenen Tagen einfach keine Zeit, zur Bank zu gehen.«
    Weinert wirkte tatsächlich ein wenig verlegen. Offene Schulden waren manchmal eine gute Sache. Rath nutzte die Gelegenheit.
     »Vielleicht kannst du mir heute auch einen Gefallen tun …«, sagte er beiläufig.
    »Jederzeit.« Weinert klang erleichtert. Er hatte die Falle nicht bemerkt.
    »… ich könnte deinen Wagen für ein paar Stunden gebrauchen.«
    Weinert lachte laut auf. »Eins zu null«, sagte er und zwinkerte Rath zu. »Bis vier kannst du ihn haben, dann brauche ich ihn
     selbst.« Er wedelte mit dem Schlüssel. »Aber sei pünktlich. Ich bin verabredet. Ohne Auto komme ich mir da nackt vor.«
    Der sandfarbene Sportwagen des Journalisten stand direkt vor der Tür. Gebraucht, aber elegant. Ein amerikanisches Modell,
     ein zweisitziger Buick. Ein Wagen, mit dem man Frauen beeindrucken konnte. Rath wollte niemanden beeindrucken, er brauchte
     nur einen fahrbaren Untersatz. Für sein heutiges Tagesprogramm konnte er ein Auto gut gebrauchen. Und wenn Weinert dachte,
     er fahre mit einem Mädchen ins Grüne – umso besser.
    Der Delphi-Palast lag direkt neben dem Theater des Westens und wirkte wie ein Urwaldtempel, der sich nach Charlottenburg verirrt hatte. Im
     Vorgarten wuchsen tatsächlich Palmen. An der Fassade, dort wo sonst die Programmattraktionen beworben wurden, verkündete ein
     großes Transparent, dass der Delphi-Palast vorübergehend geschlossen sei. Rath hatte den Wagen in der Kantstraße geparkt, direkt vor dem Tor, und stieg langsam die
     Treppe zum Vorgarten empor. Er war ein wenig enttäuscht. Eigentlich hatte er erwartet, das aktuelle Programm irgendwo angeschlagen
     zu finden, um nachschauen zu können, wann Lana Nikoros ihren nächsten Auftritt hatte. Aber das Delphi wirkte wie ausgestorben. Die Pflanzen, die den Weg zum Hauptportal flankierten, machten einen jämmerlichen Eindruck. Ein
     paar exotisch anmutende Korbstühle, lieblos aufeinandergestapelt und vom Wetter gezeichnet, standen in der Gartenecke und
     schimmelten vor sich hin. Zum Eingang führten gleich zwei Freitreppen hinauf.
    »Wenn Sie einer von Schneids Leuten sind, verlassen Sie besser das Grundstück!« Eine scharfe Stimme zerschnitt die Luft. »Sie
     wollen doch nicht, dass ich die Polizei hole?«
    Rath blickte sich um. Von der Fasanenstraße her kam ein Mann auf ihn zugerannt.
    »Ich bin die Polizei.«
    Der Mann verlangsamte seinen Schritt. Er war so elegant gekleidet, als sei er zum Tanzen verabredet.
    »Tatsächlich?«, fragte er, als er herangekommen war. »Baupolizei Charlottenburg?«
    »Nein.« Rath zeigte ihm seine Blechmarke. »Kriminalpolizei Berlin.«
    »Wenn Herr Schneid Sie gerufen hat, können Sie sofort wieder gehen. Der Mann hat hier nichts mehr zu sagen. Es ist unser gutes
     Recht, ihm Wasser und Strom abzustellen.«
    »Ich kenne keinen Herrn Schneid. Aber vielleicht wären Sie so nett und teilen mir Ihren Namen mit.«
    »Entschuldigung.« Er streckte die Hand aus. »Felten. Ich bin der Sekretär von Herrn Sehring.«
    »Wer?«
    »Sie scheinen aber ziemlich wenig Leute zu kennen. Herr Sehring ist Architekt. Besitzer und Erbauer des Delphi-Palastes . Darf ich Sie fragen, was Sie zu uns führt?«
    Rath zog das Programmheft aus der Tasche.
    »Eine Sängerin. Lana Nikoros.«
    Felten nahm

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