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Der nasse Fisch

Der nasse Fisch

Titel: Der nasse Fisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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also Vorsitzender eines Ringvereins«, sagte Rath.
    »Sprich den Namen nicht zu laut aus!« Sie schaute sich um. »Nein, Dr. M. gehört zu keinem Ringverein, dazu ist er viel zu
     schlau. Die Berolina wird immer noch vom roten Hugo geleitet. Nur dass der rote Hugo tut, was Dr. M. ihm sagt. So macht die Berolina bessere Geschäfte und Dr. M. sich nicht die Finger schmutzig.« Gloria nahm einen letzten Zug und drückte die Zigarette aus.
     »So«, sagte sie und stand auf, »die Arbeit ruft.«
    »Warte …«
    Sie beugte sich noch einmal zu ihm. Ihre Halsketten klimperten. Er steckte ihr einen Fünfmarkschein zu.
    »Eine Frage noch.« Er flüsterte fast. »Wie finde ich Dr. M.?«
    »Den findest du nicht. Der findet dich.« Sie steckte das Geld an ihr Strumpfband. »Aber wenn ich dir einen Tipp geben darf:
     Geh mal ins Varieté. Das Plaza am Küstriner Platz hat vor wenigen Wochen erst neu eröffnet. Die sollen ein tooolles Programm haben …« Sie drückte ihm einen
     Kuss auf die Wange. Als sie sich mit wogenden Hüften ihren Weg durch die Menge zurück zur Theke bahnte, schauten ihr die meisten
     Männer im Saal hinterher, auch einige Frauen, die wie Männer gekleidet waren. Rath sah ihr nach, bis sie die Theke erreicht
     hatte, dann kippte er den Rest seines Glases in einem Zug hinunter. Sie hatte wirklich eine gute Figur. Erst recht, wenn man
     bedachte, dass sie Gustav hieß.

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    11
    I ch verstehe gar nicht, was mit ihr los ist! In all den Jahren, die ich hier wohne, ist so was noch nie vorgekommen, und jetzt?
     Schon das zweite Mal innerhalb einer Woche!«
    Weinert hantierte umständlich mit Kaffeekanne und Porzellanfilter. Es dauerte einen Moment, bis er den Filter auf die Kanne
     gesetzt hatte. Keiner von ihnen hatte viel Übung mit so etwas. Normalerweise war ihre Zimmerwirtin dafür zuständig. Normalerweise
     zog der frische Kaffeeduft schon durch die Wohnung, wenn sie morgens aufstanden. Doch heute Morgen hatte nur Weinert in der
     Küche gesessen, als Rath seinen müden, verkaterten Kopf durch die Tür gesteckt hatte. Nun saß er am Küchentisch und kurbelte
     an der Kaffeemühle, während Weinert den Wasserkessel auf den Herd stellte.
    »Sie wird krank sein«, verteidigte Rath die Zimmerwirtin, obwohl er es besser wusste. Er hatte den Journalisten seit Tagen
     nicht gesehen. Während der Maiunruhen war er fast ständig unterwegs gewesen, doch ausgerechnet heute musste er wieder am Frühstückstisch
     sitzen.
    »Krank? Gesoffen hat sie, jede Wette. Hier riecht’s doch wie in einer Kneipe! Unsereiner soll leben wie ein Mönch, und die
     liebe Frau Behnke macht sich einen feuchtfröhlichen Abend!«
    Der Geruch schweren süßen Likörs stand tatsächlich noch in der Luft.
    »So was ist doch nur menschlich. Wir sollten uns nicht so aufregen«, sagte Rath. Er stand auf und kippte das Kaffeemehl in
     die Filtertüte. »Stell dir vor, unsere Zimmerwirtin wäre unfehlbar! Nicht auszudenken!«
    Eigentlich war er froh, dass sie nicht aus dem Bett kam. Als er gestern gegen drei in die Nürnberger Straße zurückgekehrt
     war, hatte Elisabeth Behnke auf ihn gewartet. Kaum hatte er die Wohnungstür geöffnet, hatte sie im Flur gestanden, diesmal
     keine Stola über das blaue Nachthemd geworfen. Sie musste sich am Türpfosten abstützen und schaute ihn vorwurfsvoll an. Was
     sie ihm sagen wollte, verstand er kaum, sie lallte nur noch. Obwohl er dem Whisky im Eldorado reichlich zugesprochen hatte, fühlte er sich fast nüchtern. Als er näher trat, fiel sie ihm in die Arme. Er wusste noch,
     dass er sie in ihr Bett gebracht hatte und sie ihn in so etwas Ähnliches wie einen Ringkampf verwickeln wollte. Irgendwie
     hatte er es geschafft, sich von ihr zu lösen. Kurz darauf war sie eingeschlafen. Er hatte sie zugedeckt und noch einen Moment
     angeschaut. Als er endlich in seinem eigenen Bett lag, hatte der Wecker halb fünf angezeigt. Er hatte es dem kleinen Zeiger
     angesehen, wie er darauf gierte, einzurasten und die Glocke auszulösen. Bis acht Uhr hatte er sich noch etwas Schlaf gegönnt.
     Zu wenig, um richtig fit zu werden. Genug, um sein heutiges Tagesprogramm durchziehen zu können.
    Der Wasserkessel ließ ein stetig lauter werdendes schrilles Pfeifen hören.
    »Klar hast du Verständnis.« Weinert grinste und nahm den Kessel vom Herd. »Hast es gestern wohl selbst ein wenig übertrieben.«
    Angenehme Düfte zogen durch die Küche, als das kochend heiße Wasser das Kaffeemehl im Filter erreichte. Allein der

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