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Der Nebelkönig (German Edition)

Der Nebelkönig (German Edition)

Titel: Der Nebelkönig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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mit einem Gläschen Likör in der Hand plaudernd darauf warteten, dass die
Kartentische aufgebaut wurden.
    Sallie saß neben ihrer Cousine
und fühlte sich mit jedem Augenblick unbehaglicher. Sie musterte den Grafen,
der sich mit dem beleibten Kammerherrn unterhielt, und fröstelte.
    »Ist dir kalt, Liebes?«, fragte
Kaltrina und ließ die Stola von ihren Schultern rutschen, um sie Sallie umzulegen.
    Abwehrend schüttelte Sallie
den Kopf. »Lass nur«, sagte sie. »Es ist so seltsam – Kammerherr Krikor ...«
    »Dein Vater, mein Onkel«,
ergänzte Kaltrina lachend.
    Sallie biss sich auf die
Lippe. »Nein, das ist er nicht«, entgegnete sie gedämpft, aber heftig. »Ich
erinnere mich an ihn. Er kneift immer die Serviermädchen in den Po.«
    Kaltrina lachte erschreckt auf
und schlug die Hand vor den Mund. »Sarah!«, mahnte sie. »Wie kannst du nur ...
Liebes, du hast sicher Fieber!«
    »Habe ich nicht«, entgegnete
Sallie müde. »Kaltrina, hier ist etwas ganz und gar nicht in Ordnung.« Sie
stand auf. »Ganz und gar nicht in Ordnung!«, wiederholte sie laut.
    Die Gespräche verstummten und
alle Gesichter wandten sich ihr zu – verwundert, fragend, mit hochgezogenen
Augenbrauen. Sallie erwiderte die Blicke unbehaglich. Keines der Augenpaare,
das auf sie gerichtet war, wandte sich ab und niemand lächelte ihr zu.
    »O bitte«, sagte Sallie
aufgebracht, »lassen Sie sich nicht stören. Es ist nichts.«
    Niemand regte sich. Kein Auge
blinzelte, kein Muskel zuckte. Erhobene Hände hielten kleine Likörgläser auf
halbem Weg zum Mund in die Luft. Von den Zigarren stieg kühlgrauer Rauch auf.
Niemand sprach oder atmete. Die Szenerie stand erstarrt wie ein lebendes
Gemälde.
    »Was ist los?«, hörte Sallie
sich selbst etwas zu laut fragen.
    Jemand lachte leise und
amüsiert. Sie fuhr herum und blickte in die goldgrauen Augen des jungen Grafen.
    »Vergebt mir, schöne Sarah«,
sagte er und ergriff ihre Hand, um einen galanten Kuss daraufzuhauchen. »Ich
wollte einen Augenblick mit Ihnen alleine sprechen. Sozusagen unter vier
Augen.« Wieder lachte er.
    Sallie entzog ihm ihre Hand
und stupste ihre Cousine an, die stocksteif auf dem Sofa saß, die Hand mit der
Stola in der Bewegung erstarrt. »Wie haben Sie das gemacht?«, fragte sie fasziniert.
    Er machte eine wegwerfende
Handbewegung. »Ich habe für ein paar Momente die Zeit angehalten. Das ist
kinderleicht, das können Sie auch.« In seinen Augen blitzte etwas auf, das wie
eiskalter Zorn aussah. Aber die Regung war sofort wieder verschwunden und
machte dem gewinnenden Lächeln Platz, das Sallie schon früher am Abend an ihm
bewundert hatte.
    »Warum wollen Sie so dringend
mit mir sprechen?«, fragte sie.
    Er antwortete nicht sofort,
sondern griff wieder nach ihrer Hand, und dieses Mal überließ Sallie sie ihm.
    »Können Sie sich das nicht
denken?«, sagte er dann.
    Sallie blickte in seine Augen
und nickte dann zögernd. »Meine Cousine vermutet, dass Sie um meine Hand
anhalten wollen.«
    »Und was würden Sie dazu
sagen?«
    »Mein Vater wäre sicherlich in
höchstem Maße angetan von Ihrem Antrag.«
    Er drückte ihre Hand. »Danach
habe ich nicht gefragt.«
    Sallie seufzte. »Als gehorsame
Tochter ...«
    Der Druck wurde fester. »Liebste
Sarah«, sagte der Graf, und seine Stimme klang ungehalten, »ich habe Sie nicht
gefragt, was Ihr Vater von mir hält. Das weiß ich. Ich möchte wissen, was SIE
denken!«
    Sallie wandte den Kopf ab.
»Das könnte ich auch, haben Sie gesagt?« Sie hob die Hand und winkte spielerisch.
»Ihr dürft euch wieder bewegen!«
    Cousine Kaltrina legte die
Stola um und bückte sich nach einer heruntergefallenen Haarnadel. Glas klirrte
gegen Glas und jemand lachte mit dröhnendem Bass.
    Der Graf verneigte sich
bedauernd. »Wie schade, mein Fräulein.« Er kehrte zurück zu den anderen Herren.
    »Was wollte er?«, fragte
Kaltrina neugierig. »Ich habe ihn gar nicht kommen sehen.«
    Sallie rieb sich über die
Augen. »Er hat mir so etwas wie einen Antrag gemacht.« Sie stand auf und
hinderte Kaltrina daran, sich ebenfalls zu erheben. »Mir ist ein wenig
schwindelig, ich möchte mich hinlegen. Nein, lass nur, ich gehe lieber alleine.
Du wirst beim Kartenspiel gebraucht.« Sie lächelte ihrer Cousine zu und verließ
ohne einen Blick zum Grafen den Salon.
    Gedankenverloren ging sie die
geschwungene Treppe hinauf und blieb an ihrem oberen Ende stehen. Auf dem
Handlauf saß ein großer schwarzer Vogel und fixierte sie mit lakritzschwarzen

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