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Der Neid eines Fremden

Der Neid eines Fremden

Titel: Der Neid eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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meiden. Bis alles vorüber war, würde er ohnehin keine Ruhe finden. Unter dem Bett tastete er nach der Polizeiuniform in der Plastiktüte. Er wußte, daß sie dort lag, konnte aber nicht umhin, sich immer wieder zu vergewissern. Bis jetzt war Sonia noch nicht gefunden worden, sonst hätte es in allen Zeitungen gestanden oder wäre vielleicht sogar in den Nachrichten gekommen. Ihre Vernichtung war spektakulär genug gewesen.
      Sobald sie die Tür geöffnet hatte, wußte er, warum sie gekommen war. Nur für einen Moment waren ihre üblichen Rollen verkehrt gewesen. Sie hatten einander angesehen: sie im vollen Genuß ihres Wissens, ihren winzigen Triumph wie eine Schlachtfahne vor sich hertragend; er aus dem Gleichgewicht geworfen, beunruhigt. Doch dann hatte sie gelächelt, die Tür weit geöffnet, und in dem Moment, in dem er sie hinter ihr schloß, hatte er sein Gleichgewicht wiedergefunden.
      Nicht, daß er sie das hätte wissen lassen. Nach ihren ziemlich blumigen Anschuldigungen, bei denen sie von einer Menge frömmlerischer Phrasen Gebrauch machte, hatte er bis zur Vollendung den geknickten Liebhaber gespielt. Ein wenig verschämt (eigentlich habe ich nicht gewollt, daß es soweit kommt), ausgesprochen loyal (ich hab' nicht mehr mit ansehen können, wie sie dich behandelt) und schließlich lustvoll. Er hatte gesagt:
      »Ich frage mich, Liebling, ob ich dich je ansehen kann (geschicktes Abstreifen der Bluse), ohne dich gleich in den Arm nehmen (Rock dito) und mit Küssen bedecken zu wollen.«
      Sie hatte nicht einmal versucht, subtil zu sein.
      »Das heißt einfach, wir müssen ein bißchen früher heiraten, als wir uns es vorgestellt haben. Eine Ehefrau kann vor Gericht nicht aussagen, weißt du ...«
      Mit einem neckischen Blick besiegelte sie ihr Schicksal.
      »Du kannst gar nicht ahnen, wie oft ich mir vorgestellt hab', daß du so hier liegst.« Er berührte ihre Oberschenkel und drückte sie leicht auseinander.
      »Dummer Junge.« Wie zärtlich er sie küßte. Noch nie zuvor hatte er sie so geküßt. »Du hättest mich nur einzuladen brauchen.«
      »Das konnte ich nicht, mein Engel. Es ist so schrecklich. Ich wollte, daß du denkst, ich wäre ...« Wehmütig ließ er seine Hoffnungen im Raum verklingen.
      Sonia blühte auf und öffnete sich ihm. Auf die zärtliche Umarmung folgte eine erste aufschlußreiche, verletzende Bemerkung: »Als ob mich das kümmern würde. Ich liebe dich einfach.«
      Ein langes, glückliches Schweigen. Fenn versuchte sich auf sie zu konzentrieren. Für ihn war es ein ungewohntes Gefühl, einem anderen Menschen Vergnügen zu bereiten. Dasselbe galt für Sonia. Diese Gleichzeitigkeit empfand er als köstlich. Je größer ihr Vergnügen war, desto größer würde schließlich ihre Angst sein, wenn die Welle der Erkenntnis über ihr zusammenbrach.
      Nun, genauso hatte er es sich immer vorgestellt. Und er kam gut voran. Er drang immer tiefer in sie ein, beschleunigte sein Tempo langsam, aber gleichmäßig. Er dachte an den letzten Stoß, den er ihr - mitten ins Herz - versetzen würde. Der Gedanke daran, und an die Kraft, die er dafür benötigen würde, war unglaublich erregend. Er nahm sich vor, in dem Augenblick zuzustechen, in dem sie kam.
      Hinterher, als alles schiefgelaufen war, hatte er an eine Phrase denken müssen, die er schon so oft in der Zeitung gelesen hatte: »Ich weiß nicht, was plötzlich über mich gekommen ist.« Diesen Spruch hatte er immer für eine ausgesprochene Lüge gehalten, oder, wenn er ernst gemeint war, als ein Zeichen widerlicher Schwäche beurteilt. Er hatte immer genau gewußt, was er tat, und konnte sich nichts anderes vorstellen. Er verachtete Menschen, die sich nicht völlig unter Kontrolle hatten. Und dann war ihm das passiert.
      Er hatte das Messer in bequemer Reichweite auf das wackelige Bambustischchen neben dem Bett gelegt; hatte es blitzschnell aus dem Hosenbund gezogen, als sich Sonia, ihm den Rücken zuwendend, den Slip abgestreift hatte. Es lag also in seinem Blickfeld. Jedesmal, wenn er sich zurückzog, erregte es seine Aufmerksamkeit, und in seiner Vorstellung drang er zusammen mit dem Messer in Sonia ein. Es kam ihm vor, als wären an dem Geschlechtsakt jetzt statt zwei gleich drei Komponenten beteiligt. Dann, kurz bevor er kam, hatte er, ohne es zu wollen, plötzlich sein ganzes Gewicht auf den rechten Arm verlagert, das Messer an sich gerissen und ihr die Nase aufgeschlitzt. Es war so schnell

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