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Der Neid eines Fremden

Der Neid eines Fremden

Titel: Der Neid eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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vollkommen perplex war, befaßte sich intensiv mit den Hortensien. Doch das war ein Fehler. Kaum von den großen blauen Blüten verdeckt, hatte Mel Cazalis seine Hand jetzt in den Ausschnitt eines unerhört aufreizenden Mädchens gesteckt. Weit davon entfernt, ihn von sich zu stoßen, grinste sie vor Vergnügen, als habe sie zwischen der Seide und ihrer Haut ein seltenes Insekt gefangen. Als sie bemerkte, daß ihr Begleiter ihrem Blick gefolgt war, wandte sich Sonia hastig ab. Fenn sagte:
      »Ich kann das alles nicht ausstehen. Dope, Sex, Alk... sie sind jetzt schon vollkommen ausgebrannt. Was werden sie noch zu bieten haben, wenn ihnen das richtige Mädchen über den Weg läuft?« Er sah sie gequält an. »Tut mir leid. Das klingt wahrscheinlich schrecklich altmodisch.«
      »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Mir gefällt's, daß es noch Leute gibt, die so denken.«
      »Ich glaube, ich könnte mit einem Mädchen nur ins Bett gehen, wenn ich es absolut ernst meinen würde...« Aus den Augenwinkeln beobachtete er, wie Sonia an ihrem Ärmel zupfte, um den Hautausschlag zu verbergen. »Aber ich rede die ganze Zeit nur von mir. Erzählen Sie mir etwas von sich. Ich weiß nicht einmal Ihren Namen.«
      »Sonia. Sonia Marshall. Und da gibt's nicht viel zu erzählen. Ich bin bloß Sekretärin.« Verdammt! Warum hatte sie das gesagt? Es konnte auf keinen Fall stimmen. Sie war die persönliche Assistentin einer Menge interessanter Leute.
      »Ach, kommen Sie schon, Sonia. Man sieht Ihnen doch auf den ersten Blick an, daß Sie mehr als eine einfache Sekretärin sind.«
      »Nun ja.« Erfreut, weiter ausholen zu können, fügte sie hinzu: »Tatsächlich arbeite ich bei Rosas Karussell mit. Sammle Hintergrundinformationen. Erledige die Pressearbeit. Beschäftige mich mit den Agenten ... Sie wissen schon.«
      »Aber ich mag Rosas Karussell. Es ist eine meiner Lieblingssendungen. Sie müssen mir mehr darüber erzählen. Was für ein Mensch ist sie?«
      Das kam gar nicht gut an. Er spürte, daß Sonia einen leichten Rückzieher machte. Also konnte sie ihre Chefin nicht besonders gut leiden. Diese Information merkte er sich, um später darauf zurückzukommen. Das könnte sehr nützlich sein.
      Sie zuckte mit den Schultern. »Sie ist ganz in Ordnung. Wie viele berühmte Leute. Ziemlich durchschnittlich, wenn man sie kennenlernt.«
      »Und wie sind Sie zu Ihrem Job beim Radio gekommen?«
      Mehr war tatsächlich nicht nötig: eine beiläufige Frage und ein aufmunterndes Kopfnicken. Die nächsten zwanzig Minuten redete Sonia ununterbrochen. Als sie mit ihren Ausführungen am Ende war, waren fast alle anderen gegangen. Sofort begann sie sich Sorgen zu machen, daß sie zuviel geredet hatte; ihn gelangweilt hatte. Aber er wirkte genauso interessiert wie vorher.
      Er meinte: »Ich frage mich...« Dann unterbrach er sich und schaute weg. »Nein ... es spielt keine Rolle... Sie werden mich albern finden.«
      »Nein. Werd' ich nicht. Sagen Sie schon ...« Plötzlich fiel ihr ein, daß er sie zum Essen einladen könnte. Der Magen zog sich ihr zusammen. Was sollte sie bloß sagen? Wie sollte sie darauf reagieren? Seine nächsten Worte beruhigten und enttäuschten sie zugleich.
      »Ich komme mir wie ein dummer Fan vor... um was ich Sie bitten wollte ...« Wieder unterbrach er sich, und es gelang ihm, scheu, erwartungsvoll und aufgeregt zu wirken. Ich hatte gar nicht so unrecht, dachte er, als ich mich als Schauspieler vorgestellt habe. »Ich würde so gern sehen, wo Sie arbeiten. Wo das Karussell tatsächlich seinen Anfang nimmt.« Mit einem Blick auf ihren Gesichtsausdruck fügte er hinzu: »Ich wußte, Sie würden mich albern finden.«
      »Natürlich nicht.« Als sie sich erhob, sah sie sein Gesicht und seine seltsamen Augen aufleuchten. Ihn abzulehnen, wäre ihr vorgekommen, als würde sie einem Kind eine Bitte abschlagen.
      Er folgte ihr hinter die Vorhänge auf den Flur. Der Aufzug war klein. Fenn stand dicht neben ihr, und es gelang ihm, wortlos anzudeuten, daß er gern noch dichter gestanden hätte. Als sie den Aufzug verließen, bog sie nach links ab und ging gleich darauf wieder nach links. Leicht zu merken. An der Tür hing kein Namensschild.
      Als sie den Raum betraten, war er zutiefst enttäuscht. Was für ein unaufgeräumtes kleines Loch! Er hatte kostbare Teppiche, einen riesigen Schreibtisch und vielleicht noch einen bequemen Sessel erwartet. Statt dessen bestand die

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